Eine betoerende Schoenheit
Fossilien geheiratet?
„Haben Sie meinen Dinosaurier im Naturkundemuseum gesehen, Madam? Ein einzigartiges Exemplar. Ich warte seit über einem Jahrzehnt auf die Gelegenheit, ein weiteres zu entdecken. Durch die Heirat mit Lexington werde ich ihn auf Expeditionen begleiten können, etwas, was ich mir schon mein ganzes Leben lang wünsche.“
Die Dowager Duchess vergrub die Finger tief in ihrem Kleid.
„Was ist mir Ihrem Gatten? Liegt Ihnen überhaupt etwas an ihm?“
Venetia legte die größtmögliche liebreizende Oberflächlichkeit an den Tag. „Wie könnte ich einen Mann nicht lieben, der mich mit auf die Suche nach Fossilien nimmt?“
Die Dowager Duchess erhob sich und ging zum japanischen Wandschirm in einer Ecke des Salons. Eine Dame in einem wallenden Kimono saß darauf neben einem voll erblühten Kirschbaum. Ihr Kopf ruhte auf ihren Händen, und ihre Melancholie schien so schwer wie die Äste, die sich unter den Blüten fast bis zum Boden bogen.
Tee wurde gebracht. Venetia goss ihn ein. „Ich glaube, als Nächstes geht es nach Afrika. Das Karoo-Becken ist eine wahre Fundgrube, wenn man nach Überresten von Reptilien sucht, jedenfalls habe ich das gehört. Milch und Zucker, Madam?“
Die Dowager Duchess wandte sich um. „Macht es Ihnen nichts aus, dass er sich erst vor sehr kurzer Zeit schrecklich abwertend über Sie geäußert hat?“
„Es war jedenfalls herzerwärmend, dass er seine Meinung so schnell geändert hat.“
„Obwohl er eine andere liebt?“
Venetia stellte die Teetasse ab und streckte die Hand nach dem Sahnekännchen aus. All die Jahre, die sie eben nicht damit verbracht hatte, nach Fossilien zu graben, hatten ihre Finger schmal und schön bleiben lassen. Sie sorgte dafür, sie von ihrer besten Seite zu zeigen. „Wenn Sie von der Dame auf der Rhodesia sprechen, so glaube ich, dass sie ihn sehr enttäuscht hat.“
„Sie sind damit zufrieden, sein Trostpreis zu sein?“
Wenn sie doch nur irgendeinen Preis für ihn dargestellt hätte. „Das ist meine Entscheidung, Madam, und ich habe sie bereits getroffen.“
Schließlich nahm die Dowager Duchess wieder Platz. Die überraschte Verwandte war jedoch verschwunden. Die Frau, die Venetia gegenübersaß, war eine Löwin. „Er ist viel mehr als ein bloßer Fossiliensammler. Er ist einer der besten Männer, die ich je getroffen habe, und sein Glück liegt mir ausgesprochen am Herzen. Wenn Sie ihn nur wollten, weil er Sie zu den Karoo-Becken mitnehmen kann, nun, die meiste Zeit im Jahr wird er nicht an einem exotischen oder aufregenden Ort verbringen. Er wird sich wie jeder andere pflichtgetreue Gutsherr um sein Land und seine Leute kümmern, und das wird er auch von Ihnen erwarten. Erfüllen Sie die notwendigen Voraussetzungen, ihm eine gute Gattin zu sein?“
Venetia spürte, wie sich die große Anspannung in ihr löste. Hier war jemand, der ihn so sehr liebte wie sie. Jemand, vor dem sie nicht die Große Schönheit spielen musste.
„Es tut mir leid, dass ich so furchtbar frivol erschienen bin“, sagte sie ruhig. „In Wirklichkeit bricht es mir das Herz.“
Sie konnte ihr Bild im großen Spiegel über dem Kaminsims sehen. Sie sah der Frau im Kimono auf dem japanischen Wandschirm sehr ähnlich, tief bekümmert und trostlos.
Die Dowager Duchess faltete die Hände im Schoß.
„Tut es das?“
„Er denkt noch genauso über mich … aber ich habe mich in ihn verliebt.“
„Ich verstehe“, sagte die Dowager Duchess in höflich-ungläubigem Tonfall.
„Ja, es ist ganz schrecklich. Ganz zu schweigen davon, dass er die Dame vom Ozeandampfer vorgezogen hätte.“ Venetia sah der Dowager Duchess in die Augen. „Ich kann nicht versprechen, dass ich ihn glücklich machen werde. Aber ich kann Ihnen vorbehaltlos versichern, dass mein erster Gedanke immer seinem Wohlergehen gelten wird.“
Die Dowager Duchess sah sie nunmehr nachdenklich an. „Diese Ansichten, die er in Harvard geäußert hat …“
„In Bezug auf meine verstorbenen Ehegatten? Er ist falsch informiert. Aber ich fürchte, er hat sich seine Meinung bereits gebildet.“
Die ältere Frau gab keine Antwort. Schweigend tranken sie ihren Tee. Anderswo im Haus wurden Venetias Koffer die Treppen heruntergeschleppt. Der geschlossene Einspänner wartete bereits am Straßenrand. Durch das offene Fenster drang die Stimme ihrer Zofe, die die Diener ermahnte, mit dem Gepäck ihrer Herrin vorsichtig umzugehen.
„Ich möchte Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen“, sagte
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