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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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folgen, aber in sicherem Abstand. Das Haus war still und leise, die kupferne Flamme seines Armleuchters warf lange Schatten. An die Wände der Hallen und Gänge gemalte Heilige und Philosophen blickten finster auf sie herab, als missfiele auch ihnen die hinterhältige Art und Weise, wie sie sich in die Familie gedrängt hatte.
    Er ging in den Ostflügel. Dorthin war sie noch nicht vorgedrungen, denn sie wusste, ihr Eindringen hätte ihm missfallen. Aber manchmal musste man seine Befugnisse überschreiten. Ja, manchmal musste man den Geliebten umzingeln.
    Ob nun aus Feigheit oder zu lange unterdrückter Neugier, sie folgte ihm nicht direkt ins Arbeitszimmer, sondern öffnete stattdessen die Türen seines privaten Museums und fand die Lampen.
    Sie seufzte. Sie hatte dem Grund und Boden zu viel der Ehre erwiesen. Das hier war der schönste Teil des Hauses.
    Das Museum war fünfzehn Meter lang und neun breit. Glaskästen säumten alle Wände. Von der Decke hing das Skelett eines Haastadlers im Flug. Der Mittelpunkt der Ausstellung waren versteinerte Stoßzähne, ein gewaltiges Paar, das einem Mastodon gehört hatte, ein viel kleineres, wahrscheinlich von einem Zwergstegodon, und ein gerader Stoßzahn, fast doppelt so lang wie sie groß und einst der ganze Stolz eines männlichen Narwals.
    „Was tust du hier?“
    Sie schaute über die Schulter. Christian stand in der Tür. Sie hatte nur einen Morgenrock über ihr Nachthemd gezogen, er war formeller in Hemd und Hose gekleidet. Aber der Hemdkragen stand offen. Sie empfand einen fast unwiderstehlichen Drang, seinen Hals zu lecken.
    Er runzelte die Stirn. „Ich habe dich etwas gefragt.“
    „Es ist doch recht eindeutig, was ich hier tue: Ich bestaune deine Fossilien. Was tust du hier?“
    „Ich sah Licht und kam nachsehen. Aber jetzt weiß ich ja, dass es nur du bist.“
    Er machte Anstalten zu gehen.
    Sie drehte sich um und holte tief Luft. „Warte. Ich möchte gerne wissen, was genau dir Mr Townsend vor all den Jahren gesagt hat.“
    Er ließ seinen Blick über sie schweifen, nicht begehrlich, sondern hart und schwer zu deuten. „Er sagte: ‚Ihr Wunsch könnte sogar in Erfüllung gehen, Euer Gnaden. Aber überlegen Sie es sich besser noch einmal. Sonst ergeht es Ihnen am Ende womöglich noch wie mir.‘“
    Ihr Wunsch könnte sogar in Erfüllung gehen. „Hat er dich erkannt? Er sagte einmal etwas zu mir über einen Spieler aus Harrow, der mich begehrte.“
    Seine Kiefer mahlten. „Ja, er erkannte mich. Hat er Selbstmord begangen?“
    Nach all den Jahren krampfte sich bei dieser Frage immer noch ihr Magen zusammen. „Ja, mit einer Überdosis Chloral. Mir hat er gesagt, er werde einen Freund in Schottland zur Jagd besuchen, ging in Wahrheit aber nach London. Drei Tage später, als der Makler, der uns das Stadthaus für die Saison vermietet hatte, es sich ansehen wollte, fand er Mr Townsend im großen Schlafzimmer, makellos gekleidet und sehr tot.“
    „Woher wusste man, dass es Chloral war?“
    „Der Makler fand eine Phiole neben seiner Hand. Er versteckte sie vor der Polizei – er wollte nicht, dass jemand mitbekam, dass in dem Haus jemand Selbstmord begangen hatte –, gab sie mir aber später.“
    „Es gab keine Untersuchung?“
    „Fitz konnte es mit knapper Not verhindern. Er machte der Polizei klar, dass Mr Townsend an einer Hirnblutung gestorben und in der Verwirrung vor seinem Tod in ein Haus zurückgekehrt war, das er kannte, und sich hingelegt hatte.“
    Christians Gesicht war wie versteinert. Sie fragte sich, ob er in Gedanken bei ihren Gesprächen auf der Rhodesia über ihre glücklose Ehe mit Tony war. „Wie hast du es erfahren?“
    „Durch einen Besuch von Scotland Yard in unserem Haus in Kent. Während der Polizeiinspektor mit mir sprach, kamen die neuen Eigentümer unseres Hauses, um es in Besitz zu nehmen. Erst da erfuhr ich, dass Tony es verkauft hatte.“
    Der Schock, plötzlich ohne Dach über dem Kopf dazustehen, die drohende polizeiliche Untersuchung und vor allem die pure Rachsucht von Tonys Tat hatten sie gelähmt. Helena glaubte sogar, er habe bewusst auf diese Weise Selbstmord begangen, um das Interesse der Polizei zu wecken, um die Sache für Venetia so schrecklich wie möglich zu gestalten.
    „Warum hasste er dich so?“
    Sie hörte kein Mitleid in Christians Stimme – aber auch keine Ablehnung. „Weil er glaubte, ich hätte ihn von einem Jemand zu einem Niemand gemacht. Er hatte mich als hübsches Accessoire geheiratet, das mehr

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