Eine bezaubernde Braut
manchmal habe.«
»Ja«, stimmte sie ihm zu. »Meine Zofe Liese hat mich aufgeweckt, damit ich aufhöre zu schreien, und wie es ihre Gewohnheit war, hat sie mich auf ihren Schoß genommen und gewiegt.«
»Und dann hat sie dich beinahe fallen gelassen, weil du endlich mit ihr gesprochen hast.«
»Das ist richtig, Alec.«
»Und der böse Mann, der dir gesagt hat, du hättest deine Schwester umgebracht, hat gelogen, weil Liese dir erzählt hat, dass du sie gar nicht umgebracht hast. Er war gemein zu dir, aber weißt du was?«
»Nein, was denn?«
»Onkel Brodick wird dafür sorgen, dass es ihm Leid tut, dass er so gemein zu dir war.«
Verlegen, weil sie wusste, dass Brodick hörte, was das Kind sagte, fuhr Gillian hastig mit ihrer Geschichte fort.
»Ich habe mich sehr gefreut, als ich erfahren habe, dass Christen noch lebt, aber dann habe ich mir doch Sorgen gemacht, weil ich befürchtete, dass sie verloren sein könnte. Liese hat mir gesagt, ich solle mir deshalb keine Sorgen machen, denn sie war sicher, dass mein Onkel Morgan mir helfen würde, sie zu finden. Sie sagte, ich brauchte ihn nur darum zu bitten. Sie hatte damit gemeint, ich solle bis zum nächsten Morgen warten, doch ich habe sie überrascht, als ich von ihrem Schoß sprang und zum Zimmer meines Onkels lief.«
»Weil es mitten in der Nacht war, nicht wahr?«
»Richtig«, antwortete sie.
Alec begann zu kichern, weil er wusste, was jetzt kam, und er konnte sich kaum zurückhalten. Seine Schultern bebten vor Lachen, doch er legte die Hand vor den Mund und wartete mit blitzenden Augen darauf, dass sie die Geschichte zu Ende erzählte.
»Liese hat versucht, mich aufzuhalten, aber sie war nicht schnell genug, und sie konnte mir nicht in das Schlafzimmer meines Onkels nachlaufen. Ich lief zu seinem Bett, kletterte darauf und stieß ihn in die Rippen, damit er aufwachte. Er schlief so tief, dass er schnarchte, und ganz gleich, wie sehr ich ihn auch anstieß, ich konnte ihn nicht dazu bringen, seine Augen zu öffnen.«
Die Geschichte fesselte Brodicks Aufmerksamkeit, und er war nicht sicher, ob der Grund dafür die Art war, wie sie Alec die Geschichte erzählte, oder ob es Alecs Reaktion darauf war, die ihn so belustigte. Das Kind konnte nicht still sitzen bleiben.
»Und was hast du dann getan?«, wollte Alec wissen.
»Du weißt sehr gut, was ich dann getan habe. Ich habe dir diese Geschichte schon so oft erzählt, dass du sie beinahe besser kennst als ich.«
»Aber du musst sie mir weiter erzählen.«
»Ich habe den armen Mann angeschrien und habe ihn entsetzlich erschreckt.«
Alec brach in lautes Lachen aus. »Und dann hat er geschrien, nicht wahr?«
»O ja, er hat wirklich geschrien.«
»Und dann hast du auch geschrien, nicht wahr?«
Sie lachte. »Ja, das habe ich getan. Der arme Onkel war so erschrocken, dass er aufgesprungen ist und nach seinem Schwert gegriffen hat, aber seine Füße haben sich in der Bettdecke verfangen, und er ist aus dem Bett gefallen und auf den Boden geplumpst. Das ist das Ende der Geschichte.«
»Aber du musst noch erzählen, wie du ihm überallhin gefolgt bist und den ganzen Tag geredet und geredet und geredet hast.«
»Das hast du doch gerade schon erzählt«, meinte sie. »Der Onkel hat mir gesagt, dass er das ganze Jahr über, in dem ich nicht gesprochen habe, jede Nacht gebetet hat, dass ich einmal seinen Namen sagen würde …«
»Aber als du dann angefangen hast zu reden und gar nicht mehr aufhören wolltest, da hat er begonnen, um ein wenig Ruhe und Frieden zu beten?«
»Ja«, antwortete sie. »Weißt du, Alec, wenn du jetzt nach Hause kommst, dann wird es dort eine Menge Aufregung geben, und ich bezweifle, dass du heute Abend früh ins Bett kommen wirst. Warum schließt du nicht ein wenig deine Augen und ruhst dich aus?«
Er gähnte und schlang die Arme um ihre Taille. »Gillian?«, flüsterte er.
»Ja?«
»Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch, Honigbär.«
Der kleine Junge war offensichtlich erschöpft, und einige Augenblicke später war er eingeschlafen. Es war herrlich still, während sie ihren steilen Anstieg den Berg hinauf fortsetzten. Ab und zu wandte Brodick sich um und sah sie an, ein erstaunter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als würde er versuchen, in Gedanken etwas zu verarbeiten.
Der Wind wurde stärker, es war ein beißender kalter Wind, der sich anfühlte, als würde er durch ihren ganzen Körper fahren. Gillian fühlte, wie Alec zitterte, und sie legte die Decke um ihn. Das
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