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Eine bezaubernde Erbin

Eine bezaubernde Erbin

Titel: Eine bezaubernde Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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sein.“
    „Dir fehlt dein altes Leben.“ Das war unbestreitbar, aber dennoch schmerzte es sie, daran erinnert zu werden.
    „Geht es uns nicht allen hin und wieder so?“ Er ließ die Glasglocke los und drehte sich zu ihr um. „In zehn Jahren werde ich dann diesen Teil meines Lebens vermissen, weil ich eben nicht noch einmal siebenundzwanzig sein kann. Es gibt an jedem Punkt im Leben etwas, was uns fehlen wird.“
    „Selbst in dem Jahr, als du geheiratet hast?“
    „Ja.“ Der Ausdruck auf seinem Gesicht war – sie bildete es sich sicherlich nur ein – nostalgisch. „Der Abriss des Nordflügels, zum Beispiel. Diese Gelegenheit werde ich nie wieder haben. Wie Mrs Clements dem Colonel befohlen hat, Ruhe zu geben. Unsere Unterhaltung über die Klosetts mit dem Portrait der Königin – noch immer eine der lustigsten Sachen, die ich je gehört habe.“
    Sie wusste nicht, warum, aber ihr stiegen Tränen in die Augen. Es war ein schreckliches Jahr gewesen, aber in seiner Stimme und seinen Worten lag große Zuneigung für diese so beschwerliche Zeit in ihrem gemeinsamen Leben. Als ob der Kummer und das Leid mit der Zeit weggespült worden wären und nur diese Edelsteine übrig geblieben – Augenblicke der Kameradschaft, glänzende Erinnerungen.
    „Natürlich“, sagte er lächelnd, „werde ich nie deine Panik vergessen, als du dachtest, ich wollte mich mit der Attrappe eines Gewehres umbringen.“
    Sie stockte. „Das wirst du mir noch ewig vorhalten, oder?“
    „Ja. Da fällt mir auf, wir haben dir nie den Umgang mit Schusswaffen beigebracht.“
    „Es kam uns immer etwas dazwischen.“
    „Wir holen es dieses Jahr nach – du wirst im Handumdrehen eine Meisterschützin sein.“
    „Ich bin mir sicher, die Moorhühner werden dir freudig widersprechen, wenn ich bei ihnen allen danebenschieße.“
    „Es gibt mehr als nur Moorhühner, worauf sich schießen lässt. Die Saison für Rebhühner und Fasane ist erst Anfang Februar vorbei. Und das ist mehr als genug Zei…“
    Seine Stimme verlor sich.
    Millie dämmerte nur allzu schnell, weshalb er nicht zu Ende sprach, wie ein tropischer Sonnenuntergang, der ganz plötzlich den Tag zur Nacht werden ließ. Es gab kein nächstes Jahr für sie. Im Januar würde er sie für Mrs Englewood verlassen.
    „Schon gut“, sagte sie tapfer. „Wir sind nicht alle zum Meisterschützen geboren.“
    Er betrachtete sie, als hätte er sie sehr lange nicht gesehen. Oder als würde er sie nie wieder sehen und müsse sich ihre Gesichtszüge genau einprägen.
    Schließlich sagte er: „Sie warten noch immer, dass wir, du und ich, zum Tee zu ihnen kommen. Wollen wir gehen?“

KAPITEL 9
    Die Partnerschaft
    1889
    Millies Vater starb drei Wochen nach Alice. Aber während Alice rechtzeitig genug angekündigt hatte, dass sie nicht mehr lange unter ihnen weilen würde, hatte Mr Graves’ Herz ganz unerwartet aufgehört zu schlagen. Er war zweiundvierzig.
    Millie war wie versteinert. Ihre Mutter konnte vor Schock keinen klaren Gedanken fassen. Zum Glück übernahm es Lord Fitzhugh, wie er es damals nach dem Tode von Mr Townsend getan hatte, alles Notwendige zu regeln.
    Mr Graves‘ Testament war sehr einfach. Er hatte für alte Bediensteten und Angestellten Pensionen ausgesetzt, verteilte diverse Geschenke in seiner weitverzweigten Familie, sorgte dafür, dass seine Frau gut versorgt war und hinterließ seiner Tochter Cresswell & Graves Enterprises.
    Nach der Beerdigung schlug Mrs Hanover, Millies Tante, vor, dass es der vor Trauer wie gelähmten Mrs Graves gut tun würde, einige Zeit in wärmerer, freundlicherer Umgebung zu verbringen. Millie und Mrs Hanover begleiteten Mrs Graves in die Toskana, dass sie in der sonnendurchfluteten Landschaft mit Zypressen und Weinbergen von ihrem Kummer genesen konnte.
    Sie wollten mindestens drei Monate dort bleiben. Aber einen Monat nach ihrem Aufbruch erreichte Millie ein Brief von ihrem Mann. Er schrieb ihr pflichtbewusst einmal in der Woche – kurze Nachrichten, die zwischen Begrüßung und Abschied nicht mehr als fünf Sätze zählten. Aber dieser Brief beinhaltete drei Blätter, die vorne und hinten dicht beschrieben waren.
    Er hatte die Firma gründlich überprüft, von ihrer Buchhaltung und ihren Unterlagen bis hin zu ihren Fabriken und anderen materiellen Gütern. Er hatte auch mit einer Vielzahl der Händler gesprochen, die Produkte von Cresswell & Graves verkauften.
    Mr Graves hatte in der Zeit seiner Führung der Firma stets äußerst

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