Eine Billion Dollar
schäumende Brühe ungehindert in Flüsse lief, waren durch öligen Schlamm und über verwahrloste Deponien gestiefelt, immer begleitet von Vorständen oder Direktoren, die auf eine Finanzhilfe angewiesen waren.
»Die Syrer haben verlangt, dass wir auf unsere Investition in Israel verzichten«, erzählte er John bei einem ihrer frugalen Mittagessen, die am Besprechungstisch nebenbei einzunehmen sie sich angewöhnt hatten. »Und die israelische Regierung wollte, dass wir nicht in Syrien investieren. Ich habe beiden gesagt, hört zu, wenn ihr mir so kommt, dann investiere ich weder bei euch noch bei den anderen. Und plötzlich waren sie ganz kleinlaut.«
»Eine gute Vorübung«, meinte John, immer wieder erstaunt über die Macht, die in seine Hände gelegt war.
»Übrigens bekommen wir für den Bau der Mikrochip-Fabrik in Bulgarien einen staatlichen Zuschuss von dreihundert Millionen Dollar. Außerdem trägt der Staat die ersten fünf Jahre neunzig Prozent aller eventuell entstehenden Verluste. Die wir natürlich auch machen werden.«
John stutzte. »Haben wir etwa kein Geld mehr?«
»Machen Sie nicht so ein erschrockenes Gesicht, John. Wir haben mehr Geld als je zuvor. Sie können ja mal runter zu unseren Devisenhändlern gehen und zusehen, wie die immer mehr draus machen.«
»Und wozu brauchen wir dann Zuschüsse vom Staat?«
McCaine legte die Salatgabel beiseite. »Wie ich Ihnen schon bei unserem ersten Treffen gesagt habe: Eine Billion Dollar reichen nicht aus, um die Welt zu kaufen. Deswegen müssen wir, wenn es gelingen soll, so viel fremdes Geld kontrollieren wie möglich. Und auf diese Weise tun wir das. Jeden Dollar, den die bulgarische Regierung uns gibt, kann sie nicht für etwas anderes ausgeben. Sie wird schwächer, wir werden stärker. Und weil wir stärker werden, werden wir bei dem nächsten derartigen Geschäft noch mehr heraushandeln können – und so weiter. Eine Schraube ohne Ende.«
»Verstehe.« Von dieser Art Tricks und Manövern zu erfahren verursachte John immer noch ein schales Gefühl, auch wenn er inzwischen zu akzeptieren versuchte, dass die Spielregeln der Macht eben so funktionierten. »Aber was hat eine Regierung davon, dass wir in ihrem Land investieren, wenn sie in Wirklichkeit fast alles selber zahlt?«
»Was ich ihnen eingeredet habe – abgesehen davon, dass ihnen klar war, dass wir die Chip-Fabrik genauso gut in Rumänien oder Ungarn hätten bauen können –«, sagte McCaine, »war, dass sie auf diese Weise internationales Ansehen bei anderen Investoren gewinnen. Nach dem Motto, wo Fontanelli Enterprises investiert, können es auch andere wagen.« Er schüttelte den Kopf und lachte spöttisch auf. »Wissen Sie, ich liebe diese Situation, wenn diese Regierungschefs in ihren alten Palästen, mit ihren Titeln und ihrem ganzen Pomp wie Wachs in meinen Händen sind. Wenn sie mich anschauen und ich sehe, dass sie plötzlich begreifen, wer wirklich das Sagen hat. Dass ihre ganze Macht nur ein Karnevalsumzug für das Volk ist. Es gibt keine Regierungen, John, es gibt nur Leute in Ämtern. Manche von ihnen sind so strohdoof, dass man ihnen alles erzählen kann. Die Übrigen wollen vor allem wiedergewählt werden, und dafür sind neue Arbeitsplätze wichtiger als ein ausgeglichener Staatshaushalt.«
»Es wird Zeit, dass Sie das Geheimnis der wundersamen Geldvermehrung kennen lernen«, meinte McCaine einige Zeit später und fügte spöttisch hinzu: »Weil Sie sich neulich so sorgten, dass uns das Geld ausgehen könnte.«
John musste an Marvin denken, der in den alten Zeiten gern obskuren Geldvermehrungsideen gefolgt war und ihn immer wieder zu Kettenbriefen und ähnlichen Spielchen hatte überreden wollen. Er versicherte, er sei ganz Ohr, erwartete aber nichts Besonderes.
»Zunächst«, erklärte McCaine, »gründen wir eine neue Kapitalgesellschaft. Wir nennen sie, sagen wir, Fontanelli Power. Geschäftszweck ist der Handel mit elektrischer Energie. In Europa wird in spätestens vier Jahren der Strommarkt liberalisiert werden, es handelt sich also um eine aussichtsreiche Branche. Als Kapital bringen wir unsere verschiedenen Kraftwerke ein. Die gehören also künftig der Fontanelli Power, deren Aktien wiederum gehören Fontanelli Enterprises, an den Besitzverhältnissen ändert sich also de facto zunächst nichts.«
Die Gründung der Fontanelli Power Limited war eine simple Angelegenheit und in wenigen Tagen erledigt. Im Prinzip geschah nichts weiter, als dass ein kleiner
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