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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Konten bei amerikanischen und japanischen Großbanken. Da die Banco Fontanelli als Privatbank nur einer eingeschränkten Offenlegungspflicht unterlag, wurde dieser Umstand nie allgemein publik; der »Mann auf der Straße« ging davon aus, dass Fontanellis Bank über eine Billion Dollar gebot.
    Einem so finanzstark eingeschätzten Bankinstitut brachte man automatisch Vertrauen entgegen, und da die Banco Fontanelli zur Eröffnung mit nicht uninteressanten Konditionen aufwarten konnte, beschlossen zahlreiche Großanleger zu wechseln. Bereits wenige Wochen später hatte die Banco Fontanelli di Firenze den Rang 130 inne, mit ungebrochenem Aufwärtstrend.
    »Wir werden die größte Bank der Welt«, prophezeite McCaine siegessicher, »und alles mit dem Geld anderer Leute.«
     
    »Wozu brauchen wir eine Bank?«, wollte John wissen.
    »Um Geld zu kontrollieren«, erwiderte McCaine, ohne den Blick von den Akten zu heben, die er studierte.
    Ihr Jet war auf dem Weg nach Florenz, flog über ein strahlend blaues Mittelmeer, über dem winzige, wie gezupft aussehende Wolken schwebten. Sie würden an der Vorstandssitzung teilnehmen und nachmittags wieder in London sein, gerade rechtzeitig, um Marco, der heute heiratete, alles Gute zu wünschen.
    »Aber wie kann eine Bank das Geld anderer Leute kontrollieren? Ich meine, der Inhaber eines Kontos kann es doch jederzeit abheben und damit machen, was er will?«
    Jetzt sah McCaine hoch. »Das ist bei den meisten Geldanlagen keineswegs so. Abgesehen davon heben niemals alle Leute ihr Geld gleichzeitig ab; das wäre der Ruin einer Bank. Nein, über das Geld, das die Einleger uns geben, können wir erst einmal verfügen.«
    »Aber wir müssen ihnen dafür Zinsen zahlen.«
    »Natürlich.«
    John nahm das Blatt mit den aktuellen Zinssätzen der Banco Fontanelli zur Hand. »Offen gestanden sieht das nicht wie ein besonders gutes Geschäft aus.«
    »Weil Sie die Zinssätze so betrachten, wie der Mann auf der Straße das tut. Drei Prozent für ein Sparguthaben, zehn Prozent für einen Kredit, also denkt man gemeinhin, die Bank verdient sieben Prozent. Was man akzeptabel findet. Aber so funktioniert das nicht.«
    »Sondern?«
    McCaine lächelte sein dünnes Lächeln. »Wenn man es das erste Mal hört, klingt es zu unglaublich, um wahr zu sein. Aber es ist wahr, Sie können es in jedem Buch über Bankwirtschaftslehre nachlesen. Das Geschäft einer Bank funktioniert so: Angenommen, wir haben 100 Millionen Dollar an verfügbaren Einlagen. Davon müssen wir eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve, sagen wir, zehn Prozent, einbehalten, den Rest, in dem Fall also 90 Millionen Dollar, können wir als Kredit vergeben. Nun muss derjenige, der einen Kredit bei uns aufnimmt, seinerseits ein Konto haben, womöglich sogar bei uns – was umso wahrscheinlicher ist, je größer wir als Bank sind, und abgesehen davon können wir, wenn wir wollen, das zur Bedingung machen – also landet das Geld, das wir ihm geben, wieder bei uns. Wir verfügen idealerweise nach der Kreditvergabe über weitere 90 Millionen Dollar Guthaben, von denen wir wieder, abzüglich Mindestreserve, 81 Millionen als Kredit vergeben können, der wieder in unseren Kassen landet, und so weiter. Auf diese Weise können aus 100 Millionen Einlage bis zu 900 Millionen Darlehen werden, auf die wir besagte zehn Prozent Zinsen erheben, summa summarum also ein Zinsertrag von 90 Millionen. Sieht das wie ein gutes Geschäft aus?«
    John wollte seinen Ohren kaum trauen. »Ist das ehrlich wahr?«
    »Ja. Klingt wie die Lizenz zum Gelddrucken, oder?«
    »Allerdings.«
    »Und wir haben die Kontrolle. Wir können uns aussuchen, wem wir Geld leihen und wem nicht. Wir können eine Firma ruinieren, indem wir von heute auf morgen die Kredite zurückfordern, die sie bei uns laufen hat. Wozu wir jedes Recht haben, übrigens; wir müssen nur behaupten, wir sähen die Sicherheit des Kredits gefährdet. Faszinierend, nicht wahr?«
    »Aber legal ist das nicht, oder?«
    »Völlig legal. Genau diese Spielregeln sind gesetzlich vorgegeben und werden staatlich beaufsichtigt. Bankiers sind die angesehensten, ehrenwertesten Leute, die es gibt. Und wir«, lächelte McCaine und widmete sich wieder seinen Unterlagen, »sind in diesem illustren Kreis nun ebenso angesehene und ehrenwerte Mitglieder. Man wird uns Geheimnisse anvertrauen, die niemand sonst erfährt. Wir werden Geschäfte machen, die Außenstehenden unmöglich wären. Ganz davon abgesehen, dass sich der Besitz

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