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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zurück in die Visaya-See und wieder nach Westen. Einmal kam ein Sportflugzeug und drehte Kreise über ihnen, aber es war schwer zu sagen, ob Reporter darin saßen oder nur reiche Touristen, die ungewöhnliche Bilder machen wollten. Der Anlass und Zweck ihrer Reise geriet ohnehin mehr und mehr in Vergessenheit; das ruhige Gleichmaß ihrer Tage, deren wichtigste Ereignisse köstliche Mahlzeiten waren und verdöste Stunden unter dem Sonnensegel, die einen einlullten mit sanften Schiffsbewegungen und dem Rauschen des Wassers, das der Kiel durchpflügte, vertrieb alle Gedanken an die Welt, die jenseits dieses Paradieses existierte. John war, als fiele nach und nach die Anspannung zweier Jahre von ihm ab, die ein endloser Marathonlauf gewesen waren, ohne Punkt und Komma, ohne Atempause. In manchen Momenten fragte er sich, ob, wenn er bis zur völligen Entspannung gelangen sollte, noch etwas von ihm übrig sein würde.
    Boracay. Sie schwebten durch die türkisschillernden Gewässer weit geschwungener Buchten, in denen sich kleine Auslegerboote mit bunten Segeln tummelten, bestaunten die milchpulverhellen Sandstrände, die von Kokospalmen gesäumt waren wie im Bilderbuch. Der größte Strand, White Beach, erwies sich als touristisch übel verbaut, aber sie fanden unter Benignos Anleitung einen kleineren Strand im Süden.
    »Es gibt hier wunderbare Korallenriffe. Wenn Sie wollen, können Sie bei einem tauchen«, regte Benigno an.
    John war wenig begeistert. »Ich kann nicht tauchen.«
    »Ich bestelle einen Tauchlehrer her, der es Ihnen beibringt, kein Problem. Mitsamt Ausrüstung und allem.«
    Patricia fand das eine hervorragende Idee. Sie bestand darauf, dass Benigno mit ihr zusammen tauchen solle, worin dieser mit sichtlich gemischten Gefühlen einwilligte. Am nächsten Tag kam der Tauchlehrer, ein älterer Filipino mit ergrauendem Haar, der abgesehen von den fürs Tauchen nötigen Fachausdrücken nur gebrochen Englisch sprach und Apparate für ein halbes Bataillon aus seinem Boot auslud.
    John verlegte seine Mußestunden auf das Vorderdeck, ließ die anderen hinten das Schnorcheln und Gerätetauchen üben und genoss die Ruhe.
     
    »Offiziell komme ich, um Ihnen die neuen Codezahlen für die Schlösser zu sagen«, erklärte Cristoforo Vacchi, der neuerdings auf einen Stock gestützt ging, und lächelte feinsinnig. »Aber natürlich war mir der Anlass gerade recht, nach Ihnen zu sehen. Wir reden jedes Mal beim Essen von Ihnen. Dass wir uns Sorgen machen, wäre zu viel gesagt, aber wir machen uns eben so unsere Gedanken. Wir haben ja sonst nicht mehr viel zu tun.«
    Ursula musterte den Padrone blinzelnd, überrascht, dass er so unvermittelt aufgetaucht war, und irritiert über die Anwesenheit eines anderen Menschen in diesen Räumen. »Ist wirklich schon Ende August?«, fragte sie.
    »Der Einunddreißigste.«
    »Unglaublich.« Sie hatte alles Zeitgefühl verloren, wie immer, wenn sie in Archiven wühlte und dabei in Ruhe gelassen wurde. Es kam ihr vor, als sei sie erst gestern angekommen, und zugleich hätte sie geglaubt, dass draußen Jahre vergangen waren, falls man ihr das erzählt hätte. Sie legte den Stift beiseite und stand auf, fühlte sich benommen von der Notwendigkeit zu reden. »Ich habe etwas gefunden, das mir merkwürdig vorkommt. Das sollten Sie sich einmal ansehen.«
    »Gern.«
    Sie öffnete die klimatisierte Vitrine, in der die Bücher Giacomo Fontanellis lagerten, ging die teils grob, teils kunstfertig gebundenen Bände durch, aus denen ungleichmäßig geschnittene, hastig bekritzelte Streifen Notizpapiers ragten, Lesezeichen, die sie mit dem Finger durchblätterte. »Hier.« Sie nahm einen schmalen Band heraus, einen der letzten, und schlug die Stelle auf, zeigte sie ihm. »Hier. Diese Notiz. Wie würden Sie das übersetzen?«
    Der Padrone rückte die Brille zurecht und studierte die blasse, krakelige Schrift. »Hmm. Nicht leicht.«
    »Fontanelli hat sich im Lauf der Zeit angewöhnt, Randnotizen in seine Bücher zu machen, fast wie eine Art Tagebuch. Mit wem er gesprochen hat, wo er ein Geschäft gewittert hat, solche Dinge. Das ist die einzige Notiz, die privater Natur ist.«
    Cristoforo Vacchi setzte sich an ihren Arbeitstisch, zog die Lampe näher heran, las die Zeilen lautlos. »Merkwürdig, in der Tat«, sagte er dann und übersetzte: »Heute mit Vater gesprochen. Vielleicht ein Ausweg. Was mag er damit gemeint haben?«
    »Ich dachte bis jetzt, er sei ein uneheliches Kind gewesen und sein Vater

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