Eine Billion Dollar
Dämmerlicht, schien damit zu verschmelzen. Doch an der Tür blieb er noch einmal stehen. »Dieser Vorfall… Wenn die Medien davon Wind bekommen hätten, wäre das unangenehm für Mister Fontanelli gewesen, richtig?«
McCaine sah ihn düster an. »Richtig.«
»So gesehen war der Tod der Prinzessin ziemliches Glück für uns.«
»Ja«, sagte McCaine nur.
Sie schipperten weiter südwärts, geradewegs hinein ins Reich der tausend Inseln, vorbei an kleinen und kleinsten Erhebungen, Felsufern, sandigen Böschungen, tief hängenden Palmen, wo immer das Grundradar eine Fahrtrinne fand. Patricia und Benigno tauchten, sobald die PROPHECY vor Anker ging, und erzählten begeistert von farbenprächtigen Korallen, Seeanemonen und Fischschwärmen, wenn John sie bei Tisch traf. Dabei glaubte er in ihrem Umgang miteinander eine Vertrautheit zu beobachten, die ihn überlegen ließ, ob Patricia womöglich eine Affäre mit dem jungen, gut aussehenden Regierungsgesandten angefangen hatte. Andererseits ging ihn das nichts an; sollten sie.
Auf die Dauer wurde es ihm dann doch langweilig, die ganzen Tage zu verdösen, und er ließ sich überreden, es auch mal mit Tauchen zu probieren. Er schnorchelte eine Weile unter der Aufsicht des Tauchlehrers, sah die anderen beiden einträchtig nebeneinander in geheimnisvollen azurblauen Tiefen verschwinden, besah sich den Rumpf der PROPHECY und langweilte sich. Während die Jacht weiter über die kristallklare See glitt, übte John das Atmen aus dem Atemgerät, lernte die wichtigsten Handzeichen und das Anlegen des Neoprenanzugs. Endlich ankerten sie wieder, in Sichtweite einer etwas größeren, offenbar bewohnten Insel, vor einer Felsspitze, hinter der eine wie gescheckt schimmernde Korallenbucht begann, deren schmaler Sandstrand von Treibholz übersät war.
»Die Insel da – wissen Sie, wie sie heißt?«, wandte John sich an den Gesandten.
Der war mit seinem Taucheranzug beschäftigt. »Panglawan«, sagte er nach einem flüchtigen Blick und mit einem flüchtigen, etwas verkrampft wirkenden Lächeln. John hatte diese Art Antwort inzwischen zu interpretieren gelernt; das hieß, Benigno wusste es nicht oder zumindest nicht genau.
Im Grunde war es ja auch egal. Nach letzten Ermahnungen des Lehrers setzte John wie die anderen die Maske auf, schob das Atemgerät zurecht, und hinab ging es in das türkisfarbene Meer und zu den Wundern der unberührten Natur.
Zuerst war da nur ein wildes Chaos tanzender Luftbläschen um ihn herum, die Sauerstoffflasche schien sich selbstständig machen zu wollen, und er brauchte eine Weile, bis er sich zurechtgefunden hatte. Und als er endlich so weit war, sich umzusehen, sah er nur Wüste.
Alles hier war tot. Eine Hand voll kleiner bunter Tropenfische flitzten über den grauen Meeresboden, als wollten sie nichts als weg hier. Als John näher kam, versteckten sie sich hastig in dunkel klaffenden Löchern des abgestorbenen Korallenriffs. John fasste an etwas, das wie Gestein aussah, und es zerbröselte ihm unter den Fingern. Er sah auf. Patricia kam heran, mit ihrem langen, wehenden Haar wie eine Meerjungfrau aussehend, und in ihren Augen las er dieselbe Beklemmung, die er fühlte.
Sie schwammen weiter, Benigno ein gutes Stück voraus, doch wohin sie auch kamen, sie fanden nur eine graue, leblose Unterwasserwüste. Jeder Supermarktparkplatz wies mehr Leben auf als diese Korallenbucht. Endlich hielt Benigno inne, drehte sich zu ihnen um und bedeutete ihnen, näher zu kommen.
In diesem Augenblick hörte John ein dumpfes »Wumm!« und gleich darauf ein zweites, und er brauchte endlose Sekunden, bis er begriff, dass das, was er hörte, Explosionen waren.
32
Alberto Vacchi wartete auf der Freiterasse vor dem Hotel auf sie, als sie aus dem Staatsarchiv zurückkam, wie die vergangenen Tage auch. Sie wusste nicht, was er den ganzen Tag tat; wie es aussah, nichts weiter, als hier zu sitzen und Cappuccino zu trinken und auf sie zu warten.
Sie ließ sich auf den freien Stuhl ihm gegenüber sinken, ihre Tasche mit den Notizblöcken und Fotokopien auf dem Schoß, und sah ihn nur müde an.
»Sie sind heute früh dran«, sagte der alte Anwalt, nachdem er ihrem Blick eine Weile mit mitleidvoll hochgezogenen Augenbrauen standgehalten hatte. »Wollen Sie etwas trinken? Ihre Kehle ist bestimmt staubig.«
»Nicht bloß meine Kehle«, nickte Ursula Valen und schob ihre Tasche auf den dritten Stuhl hinüber. »Ein Wasser, ja, bitte. Oder einen Whisky. Einen doppelten,
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