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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sehr wohl, Miss deBeers.« Er stob davon.
    John betrachtete sie verblüfft über den Rand seiner Tasse hinweg, während sie sich setzte. Wie sie gestern gesagt hatte, sie war ein Profi. Sie hatte sich in einen duftigen Morgenmantel gehüllt, ihre Haare waren ungekämmt, und doch sah sie hinreißend aus – ein Beobachter konnte zu keinem anderen Schluss kommen, als dass sie eine wunderbare Liebesnacht hinter sich hatte. Von ihrem schroffen Ton war an Land ja nichts zu hören.
    »Und? Was machen wir heute?«, fragte sie mit frostiger Stimme, aber bezauberndem Lächeln, und griff nach einem Croissant.
    John setzte seine Kaffeetasse ab. Ein bisschen zumindest sollte er sich vielleicht doch anstrengen, den Gesamteindruck nicht zu verderben. »Ich weiß es nicht. Nachher kommt ein Gesandter der Regierung, der uns führen soll.«
    »Oh. Wie exklusiv.«
    »Nicht wahr?« Würden sie sich jetzt wochenlang so angiften? Das konnte heiter werden.
    »Ich habe heute Nacht«, begann sie, machte eine Pause, kaute, lächelte, ließ das Wort nachklingen, »einen Reiseführer über die Philippinen gelesen. Aus der Bordbibliothek, stellen Sie sich vor. Unglaublich, was es hier an Attraktionen gibt. Auf der Insel Palawan kann man mit dem Ruderboot durch den Underground River fahren, eine riesige Tropfsteinhöhle, die noch gar nicht ganz erforscht ist. Klingt das nicht aufregend?«
    »Mmh«, machte John. »Klingt gut.« Sich einen Reiseführer anzuschauen, daran hatte er noch nicht einmal gedacht. Manchmal hatte er das Gefühl, trotz seines irrwitzigen Reichtums das eigentliche Leben zu versäumen. Jetzt gerade zum Beispiel.
    »Oder diese Schwefelquellen am Fuß eines erloschenen Vulkans, Mount Makiling oder so ähnlich. Das ist gar nicht weit von hier, vielleicht fünfzig Meilen. Sagen Sie ehrlich« – sie senkte ihre Stimme zu einem verheißungsvollen Gurren –, »hätten Sie nicht Lust, mit mir zusammen in heißen Schwefelquellen zu… baden?«
    John starrte sie an. Er hatte nach einem Croissant greifen wollen, aber seine Hand hatte unterwegs ihre Absicht wieder vergessen. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
    Sie machte einen Schmollmund und zog ihre Füße zu sich hoch auf die Sitzfläche des Stuhls. Was interessante Verwerfungen ihres Morgenmantels hervorrief. »Gönnen Sie mir doch auch meinen Spaß«, maulte sie zweideutig. Dann drehte sie den Kopf in Richtung des Aufgangs und schrie: »Wo bleibt meine Tasse, verdammt noch mal?«
     
    Der Weg hoch in den vierten Stock der Kanzlei brachte sie beide außer Atem – Ursula, weil sie ihre Reisetasche umhatte, und Alberto Vacchi, weil er nicht mehr der Jüngste war. Seine Hand zitterte unübersehbar, als er die Tür aufschloss.
    »So«, meinte er, immer noch keuchend, »das ist die Wohnung.«
    Ursula ging an ihm vorbei durch die Tür, sah sich um. Schön. Die Decke war niedrig, die Wände weiß getüncht, das Mobiliar stammte aus dem vorigen Jahrhundert, ergänzt um Kühlschrank und Herd und farbenfrohe Bettdecken. Es roch nach abgestandener Luft.
    »Es ist schon lange niemand mehr hier gewesen«, sagte der Anwalt entschuldigend. Er ging und riss eines der Fenster auf. Der Lärm der Stadt schwappte herein, schwemmte das Gefühl von Zeitlosigkeit fort, das sie beim Hereinkommen gehabt hatte. »Sind Sie sicher, dass Sie hier bleiben wollen? Es wäre kein Problem. Der Fahrer könnte Sie abends immer abholen und –«
    »Machen Sie ruhig wieder zu«, erwiderte Ursula und legte ihre Tasche auf die Sitzbank der Kochnische. »Nein, jeden Tag die Strecke, das wäre Verschwendung. Ich komme schon zurecht.«
    Alberto Vacchi schloss das Fenster gehorsam wieder, ging dann klappernd die Schrankfächer durch. »Geschirr, jede Menge. Hier, Dosenvorräte.« Er nahm eine in die Hand, streckte die Nase hoch, um mithilfe des untersten Randes seiner Bifokalbrille die Beschriftung zu entziffern. »Ist sogar noch haltbar, so was.«
    Ursula machte den Kühlschrank auf. Er war eingeschaltet, auf niedrigster Stufe, doch alles, was darin stand, war eine Flasche Wasser.
    »Ich kann Ihnen ein paar Restaurants empfehlen, ganz in der Nähe, wo Sie –«
    Ursula schüttelte den Kopf. »Ich werde mich schon versorgen.«
    Der alte Anwalt fuhr sich mit der Hand durch die Lockenmähne. »Wir hätten daran denken können, Lebensmittel zu besorgen. Soll ich Ihnen welche bringen lassen?«
    »Ich werde einkaufen. Ich brauche nicht viel. Ein paar pani , etwas latte , ein bisschen verdura… e salame… vino

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