Eine Billion Dollar
dass er sie nie mehr anziehen würde. Es war geradezu magisch, diese Anzüge zu tragen. Er fühlte sich wie ein Halbgott darin, und es machte ihn ganz trunken. Es war zum Süchtigwerden schön.
So kauften sie und kauften, und am Schluss belief sich die Rechnung auf sechsundzwanzigtausend Dollar.
»Mein Gott, Mister Vacchi«, flüsterte John Eduardo zu und hatte das Gefühl, blass geworden zu sein. »Sechsundzwanzigtausend Dollar!«
Eduardo hob nur die Augenbrauen. »Ja, und?« »So viel Geld für ein paar Anzüge? « zischelte John und fühlte sich ganz elend.
»Wir haben fast zwei Stunden gebraucht, um diese Anzüge auszusuchen. Falls es Sie beruhigt – in dieser Zeit ist Ihr Vermögen um annähernd neun Millionen Dollar gewachsen.« John verschlug es den Atem. »Neun Millionen? In zwei Stunden?« »Ich rechne es Ihnen gern vor.« »Dann hätten wir ja den ganzen Laden kaufen können.« »Hätten wir.«
John sah wieder auf die Rechnung, und mit einem Mal kam ihm die Endsumme geradezu lächerlich vor. Er ging zurück damit an die Kasse und legte sie zusammen mit seiner neuen Kreditkarte vor, der grauhaarige Mann verschwand damit hinter einem Vorhang, und als er wieder zum Vorschein kam, schien ihm ein Buckel gewachsen zu sein, so diensteifrig war er mit einem Mal. John fragte sich, was er bei seinem Kontrollanruf erfahren haben mochte.
Er beschloss, einen der Anzüge gleich anzubehalten. Man werde seine alte Kleidung selbstverständlich gern entsorgen, erklärte der Grauhaarige. Er sagte tatsächlich ›entsorgen‹, als handele es sich bei dem, was John getragen hatte, als sie in den Laden gekommen waren, um eine Art Sondermüll. John konnte ihn sich direkt vorstellen, wie er, nachdem sie gegangen waren, die alte Jeans mit einer langen stählernen Greifzange vom Boden aufheben und mit angewidertem Gesicht hinab in den Keller tragen würde, um sie im Ofen zu verbrennen. Eduardo regelte die Lieferung der restlichen Garderobe an die Spedition, die auch Johns übrigen Besitz nach Florenz bringen würde, dann gingen sie.
Später, an den Kontrollen am John-F.-Kennedy-Flughafen, fiel John auf, wie anders er sich fühlte und wie anders er auch behandelt wurde – einfach weil er einen teuren Anzug trug. Die Wachbeamten sprachen ihn höflich, geradezu unterwürfig an. Die Zollbeamten glaubten ihm, dass er nichts zu verzollen habe. Die anderen Passagiere warfen respektvolle Blicke herüber und schienen sich zu fragen, wer er war.
»Kleider machen Leute«, sagte Eduardo, als John ihm seine Beobachtungen mitteilte.
»So einfach ist das?«, wunderte John sich.
»Ja.«
»Aber – jeder könnte das tun! Sich einen wirklich guten Anzug kaufen. Okay, tausend Dollar ist eine Menge Geld, aber wenn man bedenkt, was Leute für Autos ausgeben…«
Eduardo hatte nur gelächelt.
Auf dem Parkplatz vor dem Flughafen, direkt vor dem Ausgang, wartete ein silberfarbener Rolls-Royce auf sie, lang gestreckt und makellos glänzend, und jeder, der durch die automatisch auffahrenden Glastüren ins Freie trat, starrte den Wagen an wie hypnotisiert.
Vor dem Wagen stand ein weißhaariger, leicht gebeugt stehender Chauffeur, der ihnen mit aristokratisch unbewegter Miene entgegensah. Seine Uniform ließ an alte Filme denken, und er trug sie mit sichtlichem Stolz. Als die vier Anwälte zusammen mit John herauskamen, ihre Kofferwagen vor sich her schiebend, nahm er die Uniformmütze ab, klemmte sie unter den linken Arm und öffnete mit der Rechten den Wagenschlag.
John wunderte sich schon gar nicht mehr. Ein Rolls-Royce. Na klar. Was denn sonst? Und dass er sich schon nicht mehr wunderte, wunderte ihn wiederum.
»So«, meinte Eduardo dann leichthin, »jetzt werden die Leute gleich was zu staunen haben.«
»Wieso?«, wollte John irritiert wissen.
»Weil wir unsere Koffer selber einladen müssen. Benito hat ziemliche Probleme mit seinem Rücken – die Bandscheiben und noch ein paar lateinische Dinge, die in so einem Rücken kaputt sein können –, und er darf nichts mehr heben, das schwerer ist als ein Autoschlüssel.«
Und so wuchteten John und die drei jüngeren Vacchis die schweren Hartschalenkoffer in den überraschend geräumigen Kofferraum des Rolls-Royce, während der Padrone und der Chauffeur zusammenstanden und sich in einem derart schnellen und dialektgefärbten Italienisch unterhielten, dass John so gut wie nichts verstand. Und tatsächlich, die Leute ringsumher staunten, und ein paar machten entsprechende
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