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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ich mich auch gefragt. Ich habe deswegen nach den übrigen Unterlagen Giacomo Fontanellis gefahndet – mit der Hilfe von Alberto Vacchi übrigens, der hier zu Lande alle und jeden zu kennen scheint«, sagte sie, hob den Deckel von einem alt aussehenden Metallkasten und holte einige ebenso alt aussehende Papiere heraus. »Und schließlich habe ich das hier gefunden.«
    Es waren mehrere Blätter voller Zahlenkolonnen. John starrte darauf, versuchte zu verstehen, was er sah. Die Zahlen sahen fremdartig aus, die Zwei etwa ähnelte eher einer liegenden Wellenlinie… »Sind das Jahreszahlen?«, stutzte er plötzlich. »Hier, 1525, 1526…« Er blätterte zum Schluss. »Es endet mit 1995.«
    »Bingo!«, sagte Ursula. »Es ist die Durchrechnung, wie sich ein Vermögen mit Zins und Zinseszins über fünfhundert Jahre hinweg entwickelt. Und beachten Sie die Handschrift – sie ist streng, präzise, gleichförmig. Wer immer das geschrieben hat, Giacomo Fontanelli war es jedenfalls nicht. Was Sie sehen, ist ein Brief, den er um das Jahr 1523 erhalten haben muss.«
    John starrte die Zahlenreihen an und hatte das Gefühl, dass seine Augäpfel anfangen wollten zu brennen. »Das heißt…?«
    »Es war nicht sein Geld, und es war nicht seine Idee«, sprach sie das Ungeheuerliche aus. »Jemand anders hat den ganzen Plan entwickelt und das Geld dafür zur Verfügung gestellt.«
    Ihm war, als schwanke der Boden. »Derjenige, der den Brief geschrieben hat?« Er blätterte um, suchte den Schluss. »Dieser… was heißt das? Jacopo?«
    »Jacopo«, bestätigte Ursula Valen, »ist die italienische Form des deutschen Namens ›Jakob‹. Man weiß, dass Jakob Fugger zeitlebens die Angewohnheit hatte, Briefe nach Italien so zu unterzeichnen. Sagt Ihnen der Name Jakob Fugger etwas?«
    »Jakob Fugger der Reiche«, hörte John sich sagen. McCaine hatte diesen Namen erwähnt, er erinnerte sich. Der mächtigste Mann, der jemals auf diesem Planeten gelebt hat. »Sie denken, ich verdanke ihm mein Vermögen?«
    Ihre Augen waren große, rätselhafte Edelsteine. »Mehr als das«, sagte sie. »Ich glaube, dass Sie sein Nachfahre sind.«
     
    Wie er da saß und sie ansah, wirkte er so offen und schutzlos, dass sie ihn am liebsten in die Arme genommen hätte. Da war nichts mehr von der Arroganz, die sie das erste Mal bei ihm zu sehen geglaubt hatte, nur die Anziehung war noch da, so stark in der Tat, dass alle ihre Alarmanlagen schrillten, sie an New York denken ließen, an Friedhelm, nackt, mit dieser fremden Frau Verrat übend, an ihre wahnwitzige Wut. Nach all der Zeit spürte sie die Narben immer noch, die das in ihrer Seele geschlagen hatte. Spürte sie angesichts dieses Mannes, zu dem sie eine unerklärliche Wärme fühlte, so, als sei er jemand, auf den sie lange gewartet hatte, jemand, der lange fortgewesen und endlich zurückgekehrt war.
    Aber natürlich durfte das nicht sein. Konnte nicht sein. War nicht so. Nein, sie war einfach aufgewühlt nach dem plötzlichen Zusammenbruch des alten Vacchi vor drei Wochen. Es hatte sie mitgenommen, ihn von Tag zu Tag verfallen zu sehen. Die Nähe des Todes hatte eine Ausnahmesituation geschaffen, die alle Gefühle, alle Empfindungen intensiver werden ließ, die einen Hunger weckte nach Leben… Es hieß aufpassen. Sich zu nichts hinreißen zu lassen.
    Die Sphäre der Fakten und historischen Theorien war eine sichere Burg. Sie griff nach dem Geschichtslexikon wie nach einem Rettungsanker. »Es passt alles zusammen. Jakob Fugger wurde 1459 geboren, als jüngster von sieben Söhnen, und eigentlich war für ihn eine Laufbahn als Geistlicher vorgesehen. Nachdem aber vier seiner Brüder gestorben waren, an Infektionskrankheiten, wie man glaubt, wurde Jakob im September 1478 aus dem Kloster zurück nach Augsburg in die Firma geholt. Als Erstes reiste er nach Italien, um in den dortigen Niederlassungen der Fugger das Geschäft von Grund auf kennen zu lernen. Er ging zuerst nach Rom und kurz darauf nach Venedig, wo er ungefähr ein Jahr lang blieb. Danach kehrte er nach Augsburg zurück, um der zu werden, den man ›den Reichen‹ nennen sollte.« Sie legte das Buch beiseite, sah ihn an. »Laut offizieller Geschichtsschreibung blieb Jakob Fugger kinderlos, aus Gründen, die man nicht kennt. Man unterstellt ihm oft, er sei impotent gewesen, aber das ist wenig plausibel. Unfruchtbarkeit aufgrund einer früheren Erkrankung wäre ein anderer denkbarer Grund. Aber wie auch immer – damals, 1479, war er jung, gerade

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