Eine Billion Dollar
erwartet.«
»Weil Sie mein Buch gelesen haben, klar. Aber das habe ich vor zwanzig Jahren geschrieben. Und danach habe ich nicht aufgehört, über diese Probleme nachzudenken. Und wenn man lang und anhaltend nachdenkt, lässt es sich fast nicht vermeiden, dass einem ab und zu etwas Neues einfällt.« Rawburne breitete die Hände aus. »Wobei ich zugebe, dass die Abschaffung der Einkommenssteuer in erster Linie ein Mittel sein soll, Akzeptanz für meine Reform zu finden. Wenn man beobachtet, was Leute alles zu tun bereit sind, nur um Steuern zu sparen, sollten sie auf diese Weise für einen vernünftigen Ansatz zur Veränderung zu gewinnen sein. Davon abgesehen«, fügte er schmunzelnd hinzu, »liebe ich dieses Statement, weil es so intensive Reaktionen hervorruft.«
John verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. »Das tut es allerdings.«
Rawburne verfiel in einen dozierenden Ton, so, als hätte er diesen Vortrag schon öfter gehalten oder zumindest geübt. »Es ist interessant, die Geschichte der Steuern zu studieren. Abgaben von der allgemeinen Bevölkerung werden erhoben, seit es städtische Zivilisationen gibt. Das war der Weg, wie die herrschende Klasse ihren Lebensunterhalt, ihre militärischen Abenteuer und andere Projekte finanziert hat. Viele der Steuern, die in der Antike erfunden wurden, werden übrigens heute immer noch erhoben, wenngleich in veränderter Form, und das, obwohl sie lediglich einen winzigen Bruchteil der Staatseinnahmen ausmachen und es in manchen Fällen mehr kostet, sie zu erheben, als sie einbringen. Das hat auch damit zu tun, dass die Steuerlast heute insgesamt höher ist als früher. Jahrhunderte hindurch wurde bereits der ›Zehnte‹, also eine zehnprozentige Abgabe, als nahezu unzumutbar empfunden.« Er hob die Brauen zu einem aristokratisch-spöttischen Lächeln. »Wir würden auf die Knie sinken vor Dankbarkeit, wenn die Steuern jemals wieder annähernd auf dieses Niveau sänken – was sie, anbei bemerkt, niemals tun werden. Denn seit der industriellen Revolution und den damit verbundenen Umwälzungen, wie höheren Kosten für Waffen und Kriegsführung, Anstieg der Sozialausgaben und der Erfindung der Subventionen für bestimmte Wirtschaftsbereiche und so weiter, sind die Staatsausgaben wesentlich schneller gewachsen als die Volkswirtschaft, so hoch in der Tat, dass heute praktisch alle Staaten verschuldet sind und man sich nur fragen kann, wie die damit durchkommen.«
»Ganz einfach«, warf John halblaut ein. »Sie leihen sich Geld bei mir.«
Darauf ging Rawburne nicht ein. »Großbritannien führte die Einkommenssteuer 1799 ein, um die napoleonischen Kriege zu finanzieren, und schaffte sie 1815 wieder ab. Aber da war man schon auf den Geschmack gekommen. Im Jahr 1842 wurde sie wieder eingeführt, angeblich nur als vorübergehende Maßnahme, aber wie wir alle wissen, ist es dabei geblieben. Und so ähnlich lief es in allen westlichen Nationen, in denen heute Steuern auf Umsätze, Gewinne, Löhne und Einkommen den größten Teil der Staatseinnahmen ausmachen.« Er hob den Zeigefinger. »Was ich damit sagen will, ist, dass die Einkommenssteuer weder gottgegeben noch unantastbar ist. Man hat sie eingeführt, man kann sie auch wieder abschaffen. Man muss es nur tun.«
»Aber warum sollte man?«, wandte John ein. »Ich meine, niemand liebt es, Steuern zu zahlen, aber ich kann nicht sehen, dass die Einkommenssteuer so verheerend wäre, dass sie abgeschafft werden müsste.«
»Natürlich muss man etwas anderes an ihre Stelle setzen«, räumte Rawburne ein. »Ein moderner Staat kann schließlich nicht allein von der Salzsteuer leben.«
»Ihre Steuer auf Umweltbelastung.«
»Sie sind schon nah dran. Aber das war der Stand, wie gesagt, vor zwanzig Jahren. Meine Überlegungen sind inzwischen etwas weiter gediehen.« Rawburne machte eine unbestimmte Geste mit der Hand. »Man muss sich zunächst vor Augen halten, dass Steuern eine lenkende Funktion ausüben. Sie dämpfen das, worauf sie erhoben werden. Steuern auf wertschöpfende Aktivitäten wie Arbeit, Investitionen oder Handel beeinträchtigen genau diese, denn dadurch, dass sie prozentual berechnet sind und das in der Regel auch noch progressiv, sind sie ein Faktor, den man niemals vernachlässigen kann, egal wie viel man verdient. In den USA werden etwa 500 Milliarden Dollar Lohnsteuer eingezogen, aber dadurch steigen natürlich die Lohnkosten, was zur Folge hat, dass weniger neue Arbeitsplätze geschaffen
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