Eine Billion Dollar
wiegte sich im Wind. Der Himmel war strahlend blau.
»Nun sollten wir«, meinte der Mann hinter dem Schreibtisch und schlug seinen in Wasserbüffelleder gebundenen Terminkalender auf, »einen Termin für die Übernahme Ihrer Jacht vereinbaren.«
Als sie zurückkamen, fühlte John sich großartig. Als flösse Champagner in seinen Adern statt Blut. Alles war großartig. Das Knirschen der Reifen auf dem Kies, als der Ferrari im Innenhof der Vacchi-Villa zum Stehen kam, klang großartig. Das Blau des Himmels, das blasse Rotbraun der Mauern, das vielfarbige Grün der Bäume war großartig. Die Farben der Welt schienen plötzlich farbiger zu sein als je zuvor.
Ich bin reich!, dachte John und nahm die Treppe aufwärts zwei Stufen auf einmal. Ich bin der König der Welt! Als er in sein Zimmer trat, war das Zimmermädchen, ein junges schwarzlockiges Ding, gerade dabei, das Bett frisch zu überziehen, und er klopfte ihr im Vorbeigehen frech auf den Hintern. Sie schrak zusammen, dann kicherte sie. »Signor Fontanelli!«
John sah auf die Uhr. Zeit, seine Mutter anzurufen. Seine Eltern begingen demnächst ihren Hochzeitstag, und den feierten sie jedes Jahr im Kreis ihrer Kinder und deren spärlichen Familien. Dieses Jahr würde es etwas Besonderes werden, ein unvergessliches Erlebnis für alle, dafür würde er sorgen. Er nahm den Hörer ab und wählte die endlose Nummer.
»Ciao, mamma!« rief er, als seine Mutter an den Apparat ging. »Ich bin’s, John!«
»Ciao, John.« Es klang nach aller Mühsal dieser Welt. »Weißt du es schon? Lino hat sich nach Alaska versetzen lassen. Gerade habe ich es erfahren. Und zum Hochzeitstag wird er auch nicht kommen.«
»Ach, der wird sich schon wieder einkriegen«, meinte John wegwerfend. »Weißt du, was ich mir überlegt habe? Wir könnten dieses Jahr aus eurem Hochzeitstag etwas ganz Besonderes machen. Ihr kommt alle herüber nach bella Italia, im Privatjet natürlich, und dann feiern wir auf meiner neuen Jacht – was hältst du davon? Ich habe mir heute eine Jacht gekauft, und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, um sie einzuweihen.«
Einen Moment war es so still am anderen Ende, dass John glaubte, die Leitung sei zusammengebrochen. Dann hörte er seine Mutter mit eisiger Stimme sagen: »Ich dulde nicht, dass sich einer meiner Söhne wie ein Angeber benimmt. Wir feiern hier, in diesem Haus, in dem ich euch alle zur Welt gebracht habe, es gibt Saltimbocca mit Brokkoli und Parmesan, wie immer, und nachmittags gehen wir zum Kaffeetrinken aus, wie jedes Jahr. Und entweder du kommst, oder du lässt es bleiben.«
Es war, als hätte sie ihn geohrfeigt, quer über den Atlantik. John fühlte sich plötzlich wie ein Ballon, aus dem die Luft entwich.
»Ja«, erwiderte er und spürte, wie das Blut in seine Ohren stieg. »Ich verstehe. Natürlich komme ich, mamma . Ich komme ganz bestimmt.«
Als er das Gespräch beendete, waren seine Knie so weich, dass er sich aufs Bett setzen musste.
Fuck! Er war dabei, zum Arschloch zu werden. Verdammt. Heute kaufte er eine Jacht, um alle Welt zu beeindrucken, und morgen? Würde er anfangen, Cadillacs zu verschenken wie einst Elvis Presley? Und irgendwann genauso enden, fett, verfressen, tablettensüchtig, umgeben von Ja sagenden Höflingen, die von seinem Reichtum schmarotzten?
Er fühlte sich, als sei er den ganzen Tag betrunken gewesen und gerade eben wieder nüchtern geworden. Als habe ihm jemand ein nasses Handtuch um die Ohren geklatscht. Betrunken? Nein, besoffen, regelrecht besoffen vom Geld und dem Gefühl, bedeutend und wichtig zu sein.
Geld verdirbt den Charakter. So hieß es doch, oder? Es war was dran an dem Spruch. Er musste aufpassen, höllisch aufpassen auf sich. Niemand anderer konnte das für ihn tun. Seine Mutter hatte ihn gerade noch mal heruntergeholt von einem Höhenflug, aber das würde ihr nicht immer gelingen, und sie würde auch nicht für immer da sein.
Und, fuck! , die Uhr! Er fasste sich ans Handgelenk, starrte seine neue Uhr an, eine Patek Philippe für fünfzigtausend Dollar, weil Eduardo ihm die Rolex, die er eigentlich hatte kaufen wollen, ausgeredet hatte. (Ordinär! Zuhälteruhr!) Unmöglich konnte er seinen Eltern unter die Augen treten ohne die Uhr, die sein Vater ihm geschenkt hatte. Die immer noch in New York beim Pfandleiher lag.
Jetzt musste ihm etwas einfallen.
11
»Kein Problem«, sagte Eduardo, ging hinaus und kehrte kurz darauf mit einer mehrseitigen Liste zurück, die er ihm in die Hand
Weitere Kostenlose Bücher