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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dem Stuhl.«
    »Natürlich ist es heute nicht mehr derselbe Stuhl«, brummte Vater und schniefte, um sich die Rührung nicht anmerken zu lassen.
    »Wir hatten Cappuccino.«
    »War es nicht Kaffee con latte? «
    »Und wir waren in dem Kino an der Fünften gewesen, das mit den blauen Türmchen, das sie später abgerissen haben. In einem Cary-Grant-Film.«
    »Über den Dächern von Nizza. So hieß er.«
    »Ich weiß noch, ich war in Gedanken noch ganz in dem Film. Und da fragt er mich, ob ich ihn heiraten will! Stellt euch das vor!«
    »Ich hatte Angst, wenn ich jetzt nicht frage, frage ich nie.«
    »Er sah damals selber ein bisschen aus wie Cary Grant, euer Vater.«
    »Ach was…«
    »Und ich hab sofort Ja gesagt, ohne eine Sekunde nachzudenken.«
    Er nahm ihre Hand in die seine, die zerschunden war und erste Altersflecken aufwies. »Würdest du mich noch einmal heiraten, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?«
    Sie schlang die Arme um ihn. »Jederzeit.«
    Sie küssten sich, ließen sich wieder los, als gehörte sich das nicht, und lachten beide, als ihnen bewusst wurde, wie altmodisch ihre Reaktion war.
    Dann bestellten alle Cappuccino – nur Helen wollte einen Espresso – und Kuchen. John glaubte eine gewisse Anspannung in den Gesichtern seines Bruders und seiner Frau zu entdecken. Diese Szene mit anzusehen, die sich so ähnlich jedes Jahr wiederholte, schien sie nicht gerade in einen Zustand der Verliebtheit versetzt zu haben.
    Auf dem Rückweg verwickelte Cesare ihn erstaunlicherweise in ein Gespräch über Football, was Helen langweilig fand, sodass sie sich stattdessen zu ihren Schwiegereltern gesellte. John hatte den Eindruck, dass Cesare den Abstand zu den anderen absichtlich größer werden ließ.
    »Noch mal wegen der Sache mit dem Geld…«, wechselte Cesare plötzlich das Thema, stockte aber, als wisse er nicht, wie er es sagen sollte.
    »Ja?«, versuchte John ihn zu ermuntern.
    »Ich habe vor ein paar Monaten einen Aktientipp gekriegt. Es sah wirklich gut aus, wie eine sichere Sache. Deshalb hab ich gedacht, ich riskier es mal.« Cesare zögerte. »Helen weiß nichts davon. Natürlich ist es schief gegangen, und die Sache ist die, dass ich jetzt Probleme habe mit den Raten für das Haus, und…«
    »Alles klar. Du musst mir nur eine Kontonummer geben.«
    »Du weißt ja, als Finanzbeamter kann man so gut wie nichts dazuverdienen, darum dachte ich, wenn du – ich meine, du hast das Angebot gemacht…«
    »Cesare, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Helen wird nichts erfahren, ich verspreche es.«
    Sein Bruder sah sich um, und als er sich sicher war, dass seine bessere Hälfte nichts mitbekam, steckte er John einen Zettel zu, den er vorhin auf der Toilette des Caf­s geschrieben haben musste. »Und, John – keine zehn Millionen, bitte.«
    »Wieso nicht?«
    Cesares Kinnlinie zuckte eigenartig. »Ich habe ja gesagt, da würde Schenkungssteuer fällig, und das könnte ich vor Helen nicht geheim halten.«
    »Verstehe. Wie viel willst du?«
    »Der Freibetrag ist zehntausend Dollar pro Jahr. Wenn du mir zehntausend jetzt und nächstes Jahr noch mal…«
    »Zwanzigtausend? Mehr nicht? Ist das dein Ernst?«
    »Nur um den Verlust zu decken. Danach komm ich schon klar.«
    »Also gut. Mach ich. Kein Problem.«
    »Danke.« Cesare seufzte. »Ich würde nicht zurechtkommen mit zehn Millionen Dollar, ganz ehrlich. Ich weiß nicht, wie Dad damit fertigwerden will. Und du? Ich begreife nicht, dass du nicht durchdrehst!«
    John zuckte die Schultern. »Kann ja noch kommen.«
     
    Sie mussten die Abendmaschine zurück nach Chicago nehmen, weil Cesare nur den einen Tag frei bekommen hatte, verabschiedeten sich mit vielen Umarmungen und Küssen, in die nun auch John wieder einbezogen wurde, und nicht ohne mütterliche Tränen. Sie winkten dem Taxi vom Straßenrand aus nach, während die beiden Leibwächter wie Schatten dabeistanden, oben an der Haustür der eine, neben einem Laternenmast der andere.
    Dann gingen sie zurück ins Wohnzimmer, und Vater machte einen Chianti auf.
    »Weißt du, John«, erklärte er nach dem ersten Schluck, »ich bin ein glücklicher Mann. Na, ich sehe nicht immer so aus – man kann glücklich sein und manchmal doch vergessen, dass man es ist, und sich aufführen wie ein Hornochse, na ja. Aber wenn ich klar bei Verstand bin, weiß ich, dass ich ein glücklicher Mann bin. Nicht nur, weil ich deine Mutter geheiratet habe und wir eine glückliche Ehe führen, obwohl das natürlich sehr wichtig

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