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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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würde, was geschehen war.
    Die Tür zu öffnen, ahnungslos, und ihn nackt zu sehen, war nicht einmal das Schlimmste gewesen. Auch nicht, dann diese Frau zu entdecken, ebenfalls nackt natürlich. Das, was ihr durch Leib und Seele gefahren war wie blanker Stahl, war, zu sehen, wie er ihr zugewandt war. Wie er geredet hatte, sich bewegt, der Tonfall, die Gesten … All das war ihres , und er verschenkte es an irgendjemanden! Das, was sie für seine Liebe gehalten hatte, für das, was einzigartig war in ihrer Beziehung, war nur seine spezielle Masche gewesen, sein persönlicher Kniff, Frauen flachzulegen.
    Wie viel Geld hatte sie ausgegeben, wie viele Aufträge abgelehnt, um so oft wie möglich bei ihm in New York zu sein. Locker den Gegenwert eines guten gebrauchten Mittelklassewagens hatte sie an diese Beziehung hingegeben – und er tauschte sie einfach aus !
    Atmen. Einfach atmen. Ein. Aus. Und nichts denken. Spüren, wie der Sitz gegen den Körper drückt. Den kalten Hauch der Klimaanlage riechen. Dem Dröhnen der Triebwerke lauschen, der Unterhaltung der Sitznachbarn…
    »Hör mal, John ist ein einigermaßen gebildeter Amerikaner des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts.« Die Stimme einer Frau, unduldsam, scharf, hart. »Wie kann jemand wie er im Ernst an so etwas wie diese Prophezeiung glauben?«
    »Ich hatte nicht den Eindruck, dass er daran glaubt.« Die Stimme eines Mannes, unsicher, weich, unwillig. »Er hat sie eben zur Kenntnis genommen und fragt sich, ob es damit etwas auf sich hat.«
    »Nein, nein, mein Lieber. Er hat klipp und klar gesagt, er will das Geld zusammenhalten, weil er glaubt, dass er es in seiner Gesamtheit brauchen wird, um die Prophezeiung zu erfüllen.«
    »Hat er das so gesagt?«
    »Ja, hat er.«
    Da war immer noch diese Stimme in ihrem Inneren, die darauf beharrte, dass sie es doch geahnt habe. Wann hatte sie den Auftrag bekommen, einen großen Hintergrundbericht zum hundertsten Geburtstag des Automobils zu schreiben? Im Dezember. Schon damals war klar gewesen, dass die Recherchen sie nach Chicago und Detroit führen würden. Und wie oft hatten sie sich seither gesehen oder miteinander telefoniert? Kein einziges Wort hatte sie verraten. Von Chicago einfach nach New York zu fliegen, um ihn zu überraschen, war kein so spontaner Einfall gewesen, wie sie sich vorzumachen versuchte. Die Eifersucht hatte ihr diesen Plan schon vor Monaten eingeflüstert. Was er wohl macht, wenn ich nicht da bin?
    Nun wusste sie es. Er bumste junge Studentinnen.
    »Na ja, vielleicht hast du Recht.« Wieder der Mann. Wollte einfach nur seine Ruhe und keinen Streit. »Vielleicht glaubt er tatsächlich daran. Aber so schlimm kann ich das nicht finden.«
    »Mich regt es auf. Genauso, wie es mich aufregt, wenn Marjorie nicht aus dem Haus geht, weil ihr Tageshoroskop sie ängstigt.«
    Er war eine so stattliche Erscheinung gewesen, als sie ihm auf dem Presseball der Internationalen Historischen Gesellschaft begegnet war. Doktor Friedhelm Funk. Fünfzehn Jahre älter, die Mutter Amerikanerin, der Vater Deutscher, in Deutschland aufgewachsen, später glanzvolle wissenschaftliche Karriere in den USA, schließlich Dozent für Geschichtswissenschaften in New York, für die Vereinten Nationen beratend tätig. Von ihm stammte die Studie der historischen Hintergründe des Balkankonflikts, die der UN-Generalsekretär konsultierte, ehe er Entscheidungen im Bosnienkonflikt traf. Wie hätte sie sich durch sein Interesse nicht geschmeichelt fühlen sollen? Wie hätte sie seinem Lob ihrer Arbeiten widerstehen können?
    Dabei hatte er sie nur aufgenommen in den Harem, den er durch sein Schlafzimmer jonglierte.
    »Was ich verstehen kann, ist, dass dieser Giacomo Fontanelli an seine Vision geglaubt hat. Er lebte im fünfzehnten Jahrhundert. Damals war das normal. Aber heute? Ich bitte dich!«
    Wovon redete diese Frau da? Fontanelli – diesen Namen hatte sie schon einmal gehört, in einem anderen Leben, in einem Leben voller Träume und blind machender Verliebtheit. War das nicht dieser Junge, der eine Billion Dollar geerbt hatte? Sie hatte das damals zuerst für eine Ente gehalten, aber offenbar war es tatsächlich so. Zins und Zinseszins und fünfhundert Jahre Zeit – alle Magazine hatten es auf Heller und Pfennig vorgerechnet. Seither hatte sich in Deutschland die Zahl der Sparbücher, die für Neugeborene angelegt wurden, verdreifacht.
    Ursula Valen warf einen kurzen Blick zur Seite. Der Mann kam ihr bekannt vor. Genau – sie

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