Eine Braut für alle
«Was heißt das, ? Ich dachte, sie war bei uns so zufrieden?»
«Sie wird wohl noch zufriedener bei dem jungen amerikanischen Flieger sein, den sie zu heiraten gedenkt.»
«Aber verdammt noch mal! Wer nimmt sich jetzt des Haushalts an? Du hast doch hoffentlich eine andere aufgenommen?»
«Halte dir bitte vor Augen, mein Lieber, daß dies hier dein Haus und nicht dein Spital ist. Da kannst du nicht einfach in die
Hände klatschen, um jemanden in Marsch zu setzen, damit er die Wirtschaft wegräumt.»
«Also wirklich, Maud! Du hättest mich rechtzeitig informieren können -»
«Reg dich nicht auf, mein Lieber. Natürlich hab ich die Stellenvermittlung gebeten, ein anderes Mädel herzusenden. Wenn du bis dahin einen Sherry haben willst, so findest du ihn wie immer in der Speisezimmeranrichte.»
«Als diese Gerichtssache begann, wußte ich nicht, sollte ich darüber lachen oder sie mit Verachtung strafen», fuhr Sir Lancelot fort, als er mit einer Karaffe und Gläsern erschienen war. «Mein erster Instinkt war, das Ganze zu ignorieren, aber Ihr Cousin Miles lag mir die ganze Zeit in den Ohren, meinen Anwalt aufzusuchen. Seit seinem Eintritt in diese Unmoralitäts-Kommission ist er recht scheinheilig geworden. Er zeigt «Vielleicht kommt der Fall nie vor Gericht, Sir», bemerkte ich, um die beiden ein bißchen aufzuheitern. «Soviel ich weiß, gelangen eine Menge Fälle nie über das Wechseln von Kraftausdrücken hinaus.»
«So ungeheuerlich es scheinen mag, dieser Fall kommt vor Gericht. Ich hab mich zu früh dazu beglückwünscht, mir diese Brüderschaft der Rechtsverdreher vom Leib gehalten zu haben, seit diesem Handel mit dem vertrottelten Polizeirichter, der der Ansicht war, ich hätte auf der falschen Seite der Harley Street geparkt. Wie es freilich ein Richter auch nur mit halbem Verstand und halber Verschlafenheit versäumen kann, einen solchen Fall von vornherein zurückzuweisen, geht über meinen Verstand.»
Nun, ich stand dem etwas skeptisch gegenüber, eingedenk der zahllosen Widerwärtigkeiten, die ich dereinst über mich ergehen lassen mußte, als ein Botenjunge mit seinem Fahrrad unter meinem Bentley landete. Aber ich nahm zumindest an, man würde den alten Knaben nicht ins Kittchen stecken oder ihm gar das Ärztepatent entziehen.
Lady Spratt griff nach einer Zigarette. «Hast du irgend etwas Neues von der Rechtsberatungsstelle der Ärzteschaft erfahren, mein Lieber?»
Sir Lancelot knurrte. «Alles, was ich dieser Memmenbande entlockt habe, war die Order, mich außer Gericht zu vergleichen. Aber ich bestehe darauf, die Sache durchzukämpfen, und riskiere es, die Gerichtskosten aus eigener Tasche zu bezahlen. Ich werde selbstverständlich von meinem älteren Bruder vertreten, der mir in den Spesen etwas entgegenkommen wird.»
«Von Ihrem älteren Bruder?» fragte ich überrascht.
«Ja, er hat’s bei Gericht ganz schön weit gebracht.»
Oft hatte ich in den Zeitungen vom Königlichen Anwalt Mr. Alphonso Spratt gelesen, der stets in jenen komplizierten Fällen in Erscheinung trat, wo ein Finanzgewaltiger den andern in den Dreck zu ziehen versuchte. Ich vermutete, es war jener Bruder, den Sir Lancelot in seinen Aufzeichnungen kurz als der «garstige Alfie» bezeichnete.
«Sie werden so freundlich sein, Grimsdyke, Mittwoch nachmittag um drei einer Konferenz beizuwohnen, die in der Kanzlei meines Bruders im Temple stattfindet. Wir können uns knapp vorher bei meinem Anwalt treffen. Ich wünsche, daß Sie jedes Wort des Verfahrens gewissenhaftest zu Protokoll nehmen. Es wird selbstverständlich nicht nur meine totale Rechtfertigung ergeben, sondern könnte für den Ärztestand dieselbe Bedeutung haben, wie es der Fall John Hampden und die Schiffsgelder für die Nation hatte.» Er goß seinen Sherry hinunter. «Wo haben Sie Ihr Quartier aufgeschlagen? Leider ist es mir unmöglich, Sie im Hinblick auf unsere zerrütteten häuslichen Verhältnisse bei uns unterzubringen.»
«Ich wohne für ein Weilchen bei Miles, Sir.»
«Wir würden uns sehr freuen, Sie als unseren Gast zu sehen», erklärte Lady Spratt. «Aber leider ist ein Gast das Äußerste, das wir uns derzeit leisten können.»
Sir Lancelot blickte auf. «Ein Gast? Was für ein Gast?»
«Sagte ich’s dir nicht bereits? Mein Bruder trifft heute abend ein.
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