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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Badehandtuch eingewickelt antreten ließ.»

17

    Ich habe nie viel mit Anwälten zu tun gehabt, außer wenn ich im Wirtshaus «Zur Glocke und Flasche» hinter dem Gerichtsgebäude die Fußballmatches des St. Swithin gegen die Jünger des Rechts arrangieren half; dort konnte man sie zu Dutzenden in ihren schwarzen Röcken und gestreiften Hosen zwischen Biergläsern und belegten Brötchen herumwimmeln sehen. Es ist eine der angenehmsten Seiten Londons, daß man mit den Vertretern jeglichen Standes in vertrauten Kontakt kommen kann, wenn man nur das richtige Wirtshaus kennt: Ärzte trifft man im «Weißen Hirsch» gegenüber dem St.-Bartholomew-Spital, Börsenmakler tummeln sich im «St. Georg und der Geier» am Cornhill, Parlamentsmitglieder im «St. Stephan» in Westminster, Artisten in den «Gekreuzten Schlüsseln» in Chelsea, ja sogar beamtete Marxisten erzählen sich Witze im «Roßkopf» neben dem kommunistischen Hauptquartier in Covent Garden.
    Aus Sir Lancelots Bemerkungen im Lauf der Jahre hatte ich geschlossen, daß sein Anwalt in einer Art Dickensschem Mansardenstübchen droben zwischen den Kaminen von Cheapside hauste, und war daher recht überrascht, einen jener modernen Bauten vorzufinden, die nur aus Fenstern bestehen, und deren schlankbeinige Büromöbel und Sekretärinnen gut aufeinander abgestimmt sind. Der Anwalt selbst war ein noch junger Mann, der es an Smartheit mit jedem Autohändler in Picadilly aufnahm.
    «Bitte mein Zuspätkommen zu entschuldigen, Beckwith», knurrte Sir Lancelot, als er hereinhastete.
    Er war recht übler Laune, wohl weil er sich selbst sein Frühstücksei hatte kochen müssen und ihm der Bischof die Times vor der Nase weggeschnappt hatte.
    «Wollen wir jetzt in aller Kürze diese geradezu ungeheuerliche Situation aus der Welt schaffen», kam Sir Lancelot sogleich auf das Geschäftliche zu sprechen. «Es ist nicht nur eine Schande, sondern eine Beleidigung, wenn jemand unterstellt, ich hätte mir beruflich eine Fahrlässigkeit zuschulden kommen lassen. Ich kann Ihnen versichern, Beckwith, daß ich nie in meinem Leben fahrlässig war, außer in bezug auf die Feier meines verdammten Hochzeitstages. Möchte sogar behaupten, daß ich allen Grund hätte, diese Leute selbst wegen gröblicher Verleumdung zu verklagen.»
    «Heutzutage verklagen alle Leute ihre Ärzte», sagte Beckwith lächelnd und mit der heimelig beunruhigenden Miene eines braven Hausarztes. «Man kann geradezu von einer Epidemie sprechen.»
    «Eine Epidemie, die ich gründlich auszurotten gedenke. Ich zweifle nicht, daß mir das Ergebnis dieses Falles, wie immer es sein möge, eine ausgezeichnete Handhabe dazu liefert.»
    «Sie haben jedenfalls keinen Grund, sich Sorgen zu machen, Sir Lancelot. Von nun an können Sie alle Ihre Sorgen getrost uns überlassen.»
    «Seien Sie bitte überzeugt, daß ich mich nicht im mindesten sorge. Ich möchte lediglich meine präzise rechtliche Position von Ihnen erfahren, Beckwith.»
    Der Anwalt verzog die Lippen. «Das würde einen beträchtlichen Aufwand an juristischem Jargon erfordern, der Ihnen, wie ich fürchten muß, nichts sagt. Jetzt aber», fügte er im geschäftsmäßigen Ton eines braven Hausarztes hinzu, der den Patienten anweist, die Kleider abzulegen, «ist es, glaube ich, an der Zeit, uns in die Kanzlei Ihres Bruders zu verfügen.»
    Mr. Alphonso Spratts Büro bot eine etwas amtlichere Atmosphäre mit seinen Mahagonimöbeln, Lederbänden und festverschlossenen Fenstern; kümmerliche alte Männchen stöberten zwischen Stapeln von Papier herum, die mit rotem Bindfaden verschnürt waren.
    «Wo ist Alfie?» murrte Sir Lancelot, als wir eintraten.
    «Guten Tag, Mr. Beckwith. Ich fürchte, Mr. Spratt ist aufgehalten worden», sagte einer der Wichte, geschäftig kramend.
    «Ich bin sehr beschäftigt», erklärte ihm Sir Lancelot.
    «Mr. Spratt desgleichen», erwiderte der Wicht, uns in einen inneren Büroraum führend.
    «Alfie war immer schon ein schlampiger Hund», knurrte Sir Lancelot mit einem Blick auf weitere Stöße Papier, die uns umringten. «Sein Schlafzimmer war eine regelrechte Schande.»
    Als wir uns niedersetzten, fuhr er fort: «Gott sei Dank habe ich mit dieser schändlichen Seite der Welt seit den Tagen, da ich für Hoppings Zeugnis ablegen mußte, nichts mehr zu tun gehabt. Erinnern Sie sich an ihn, Beckwith? Er spezialisierte sich auf ältere Herren, die sich im Hyde Park eigenartig benahmen. Sobald man die Parkbeleuchtung verbesserte, verlor er seine

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