Eine Braut fuer Lord Sandiford
ihrer Augen nicht erkennen konnte. Gedankenverloren spielte sie mit den Karten auf dem Tisch. "Und, gibt es noch andere kritische Bemerkungen?"
Angewidert betrachtete er die Karten in ihrer Hand. "Ich habe eine Abneigung, was die Verschwendung von Geld bei Glücksspielen betrifft."
Sie sah auf, und ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. "Oh, Karten sind doch so unterhaltsam. Außerdem spielen wir Damen meist um winzige Summen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals mehr als vierzig oder fünfzig Pfund an einem Abend verloren zu haben. Aber Ihre Liste der Bedingungen interessiert mich. Was soll Ihre Braut noch mitbringen?"
Sandiford erinnerte sich an die Selbstzufriedenheit in ihrer Miene, als er sie bewundernd betrachtet hatte, und an die hochmütige Art, wie sie ihre Verehrer fortgeschickt hatte. "Schönheit ist eine sehr überschätzte Eigenschaft. Schließlich verdankt man sie nur einem Zufall. Viel wichtiger sind fehlende Eitelkeit und Selbstgefälligkeit. Ich suche eine Dame, die zufrieden ist, wenn sie einmal einen Abend zu Hause verbringt und die nicht ständig der Aufmerksamkeit anderer Männer bedarf. Sie sollte gebildet genug sein, um eine angenehme Unterhaltung führen zu können, und vielleicht ein Instrument spielen." Da er nun einmal angefangen hatte, fügte er noch hinzu: "Natürlich muss sie auch – bei meiner Lage – eine kluge Hausfrau sein, die stets fröhlich ist und es nicht unter ihrer Würde empfindet, auch zuzupacken."
"Großzügig, klug, bescheiden und sparsam", fasste Clarissa zusammen. "Und natürlich frei von all den Lastern des Adels."
Ihr auffallend sanfter Tonfall ließ ihn aufhorchen. Er sah sie eisig an. "Gewiss, diese Eigenschaften würden mir zusagen."
Sie mischte die Karten und sah ihn dann aus glitzernden grünen Augen an. "Mein lieber Oberst, Sie suchen eine Heilige und keine Frau."
Sie verspottete ihn! Diese atemberaubend schöne, reiche, gelangweilte junge Frau mit dem Körper einer Verführerin und der Arroganz einer Königin machte sich über seine schwierige Lage und seine Erwartungen lustig.
Diese Vorstellung ließ ihn nun endgültig in offenen Zorn ausbrechen. "Eine kluge und bescheidene Frau soll eine Heilige sein? Vielleicht. Sie ist auf jeden Fall etwas, das Sie oder andere Damen wie Sie niemals sein werden. Ich werde Sie nicht länger belästigen. Ihr Diener, Madam." Rasch stand er auf und verbeugte sich besonders tief.
Zum zweiten Mal seit ihrer Bekanntschaft blieb Clarissa mit offenem Mund zurück, während Oberst Lord Sandiford davoneilte, ohne sie noch eines Blickes zu würdigen.
Clarissa holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Sie nahm an, dass er nach ein paar Augenblicken verstehen würde, wie unhöflich er sich benommen hatte, und zurückkehren würde, um sich bei ihr zu entschuldigen.
Sie fühlte sich ein wenig schuldig, weil sie ihn mit dem Glücksspiel gereizt hatte, obwohl sie genau wusste, wie sein Familienbesitz zum größten Teil verloren gegangen war. Aber zum Teufel – sie hatte sich entschuldigt, weil sie ihn für einen Reitknecht gehalten hatte. Und er hatte nicht das geringste Verständnis für ihren nicht von ungefähr kommenden Irrtum gezeigt. Außerdem hatte sie ihm das großzügige Angebot gemacht, ihm bei seiner Suche nach einer Ehefrau behilflich zu sein. Sie – die Ballkönigin – hätte sich dafür hergegeben, mehr oder weniger als Kupplerin zu fungieren!
Und welchen Dank bekam sie nun für ihr Bemühen? Ihre Stimmung wurde immer gereizter, je mehr sie sich in Erinnerung rief, was für eine Beschreibung er von der Frau gegeben hatte, die sie – wie er annahm – nicht darstellte. Bescheiden. Großzügig. Maßvoll. Klug. Was sie betraf, so hatte er sie mehr oder weniger als unverantwortliche Spielerin und eitle, kokette Frau bezeichnet.
Was noch schlimmer war – sie spürte noch immer seinen musternden Blick auf ihrem Körper. Obgleich sie zweifelsohne wesentlich weniger in der Kunst der Liebe erfahren war als der Oberst, war sie doch keine blauäugige Unschuld mehr. Sie hatte bereits Küsse von ein paar ausgewählten Verehrern empfangen und war teilweise sogar ein bisschen weiter gegangen, wobei sie die Erregung des Verbotenen sehr genossen hatte. Doch heute Abend war es weit mehr als das gewesen.
Sein Blick hatte sie mit seinem unerwarteten Verlangen so in Brand gesetzt, dass sie versucht gewesen war, die Hände, die er so starr an den Seiten hielt, zu nehmen und zu ihren Brüsten zu führen. Am liebsten hätte
Weitere Kostenlose Bücher