Eine Braut fuer Lord Sandiford
Motrum hatte sogar einige der Bankiers und Kaufleute davon unterrichtet, dass Oberst Sandiford – ganz gleich, ob er nun sein Schwiegersohn werden würde oder nicht – ein zuverlässiger Mann sei, der sich nichts zu Schulden kommen lassen würde. Mit einem solchen Leumund, meinte Mr. Manners, könne sich Sandiford von jeder Bank Geld geben lassen.
Auch wenn er dafür dankbar war, so verließ Sandiford Mr. Manners' Kanzlei doch mit einem Gefühl der Scham und tiefer Beunruhigung – eine Beunruhigung, die von seinem Gespräch mit Miss Motrum herrührte.
Wenn er ganz ehrlich war, so musste er zugeben, dass die junge Dame keine der hausfraulichen Fähigkeiten besaß, die er zu finden gehofft hatte. Auch während des zweiten Zusammentreffens mit den Motrums hatte er sich unfrei gefühlt. Vor allem die bestimmende Mrs. Cartwright, aber auch Mr. Wickham hatten ihm das Gefühl vermittelt, nicht dazuzugehören.
Und schließlich musste er sich eingestehen – auch wenn das letztendlich nicht von Bedeutung war –, dass er Miss Motrum langweilig fand.
Das Bild einer jungen Dame, die bestimmt alles andere als langweilig war, erstand vor seinem inneren Auge.
Doch diese Dame war genauso unberechenbar wie ein Feuerwerkskörper, der jederzeit explodieren und in eine unerwartete Richtung fliegen konnte.
Natürlich besaß Miss Beaumont durchaus Tugenden, die seine Bewunderung verdienten. Nachdem er eine Weile über die Geschichte mit Alexander nachgedacht hatte, musste er einsehen, dass sie dem jungen Leutnant wohl deshalb geholfen hatte, um sein gesellschaftliches Ansehen zu steigern. Sie mochte tollkühn und unvernünftig sein, aber sie war auch mutig, geistreich und großmütig. Es hatte ihn überrascht, dass sie Miss Motrum und ihre Begleiter ebenso höflich begrüßt hatte, wie sie das bei einem Mitglied des Adels getan hätte. Trotz allem ähnelte sie kaum der Ehefrau, die er sich vorstellte.
Was für ein absurder Gedanke! Welche Verrücktheit hatte inzwischen von ihm Besitz ergriffen? Wie kam er dazu, anzunehmen, dass eine Dame, der die reichsten und begehrtesten Junggesellen zu Füßen lagen, überhaupt einen alten Haudegen wie ihn, der kaum einen Penny besaß, als Ehemann in Erwägung zog?
Diese Überlegung hinterließ bei Sandiford ein Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit.
Entschlossen schob er das Bild der entzückenden Miss Beaumont beiseite und widmete sich wieder seinen augenblicklichen Problemen. Er brauchte eine Ehefrau, auf die er sich verlassen konnte. Dabei war er sich so sicher gewesen, dass ein Mädchen aus dem Bürgertum mit einer ansehnlichen Mitgift genau die Richtige für ihn sein würde.
Doch die zwei Treffen mit den Motrums hatten diese Überzeugung ins Wanken gebracht. Waren seine Überlegungen doch in die falsche Richtung gegangen?
Lag es daran, dass Männer und Frauen unterschiedlichen Standes außerhalb der Armee selten zusammenkamen, um sich besser kennen zu lernen? Hatten sich Mrs. Trapper und Mrs. Fitzwilliams vielleicht die Tugenden, die er so an ihnen schätzte, erst im Umfeld der Armee angeeignet?
Wurden die Töchter eines reichen Bankiers vielleicht genauso erzogen wie die Töchter der Aristokratie, um ihnen in allem außer dem Titel gleich zu sein?
Sandiford war stets stolz darauf gewesen, all die Dinge, mit denen er zu tun hatte, genau zu betrachten und erst dann eine Entscheidung zu treffen. Als Oberst hatte er sich in Kürze den Ruf erworben, die meisten Männer wohlbehalten durch eine Schlacht zu führen; denn er wusste, dass man die Taktik ändern musste, sobald man eine Schwachstelle in der Strategie entdeckt hatte.
Obgleich er sich noch nicht recht eingestehen wollte, dass er in diesem Fall möglicherweise einem Irrtum erlegen war, so war es vermutlich doch das Beste, sich auch nach anderen Kandidatinnen umzusehen, ehe die Angelegenheit mit Miss Motrum zu weit gediehen war.
Valiant hatte gerade seine zweite Runde durch den Park begonnen, als der Oberst einen auffallend schwarzen Hengst entdeckte, dessen Reiterin ihn gerade zum Galopp antrieb. Sandifords Puls begann schneller zu schlagen, und ohne zu zögern trieb auch er sein Pferd an, um Miss Beaumont zu folgen.
Zuerst glaubte er, dass sie ihn gar nicht bemerkt hatte. Doch als er sich ihr näherte, warf sie einen Blick über die Schulter und ließ daraufhin die Peitsche knallen. Der Oberst lächelte und gab seinem Pferd die Sporen.
Gütiger Himmel, sie konnte wahrhaftig reiten! Mit einer Kühnheit, die er ganz
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