Eine Braut fuer Lord Sandiford
Oberst vertraulich zu.
Mrs. Cartwright geleitete die Besucherin, die sich kaum von Sandifords Anblick loszureißen vermochte, eilig hinaus. Sie schien ihn wie einen Wertgegenstand oder eine kostbare Schiffsladung abschätzen zu wollen.
Das fing ja gut an. Wenn er Miss Motrum nach ihrer Hochzeit nicht verbieten wollte, die Gesellschaften ihres Vaters aufzusuchen, dann musste er auch in Zukunft die aufdringlichen Blicke dieser Frau ertragen. Wahrscheinlich war sie auch daran interessiert, zu wissen, ob seine Dienste im Schlafzimmer den Preis wert waren, den Mr. Motrum für einen aristokratischen Schwiegersohn bezahlte.
Er schob diese geschmacklose Überlegung beiseite und schaute in Miss Motrums gelassenes Gesicht.
Sie musste doch den Grund seines heutigen Besuchs kennen.
Mrs. Cartwright jedenfalls schien ihn zu erahnen. Nachdem sie Mrs. Wintergreen hinausgeleitet hatte, blieb sie an der Salontür stehen und meinte: "Ich glaube, ich habe meine Handarbeit in der Bibliothek liegen lassen, meine Liebe. Wenn Sie mich beide für einen Augenblick entschuldigen würden?"
Als die Tür leise ins Schloss fiel, hallte das Geräusch unnatürlich laut in Sandifords Ohren wider. Miss Motrum saß mit bescheiden gesenktem Blick neben ihm und schwieg.
Jetzt war der Moment gekommen. Musste er sich nun niederknien? Oder tat man das erst, wenn man den Antrag vorbrachte?
Sandiford brach plötzlich der Schweiß aus. Verzweifelt durchforstete er sein Gedächtnis nach dem ersten Satz, den er sich überlegt hatte. "Miss Motrum, es mag Ihnen aufgefallen sein, dass meine Bewunderung für Sie während unserer Bekanntschaft stetig gewachsen ist."
Verdammt und zugenäht! So ähnlich hatte er auch den ersten Heiratsantrag begonnen. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass er etwas über wachsende Zuneigung sagen wollte. Frauen erwarteten so etwas schließlich.
"Ich fühle mich geehrt, Mylord", erwiderte Miss Motrum und riss Sandiford damit aus seinen Überlegungen.
Er räusperte sich. "Was ich damit sagen möchte … Ich bewundere Ihren Charakter und glaube, dass meine Achtung für Sie zu einer echten Zuneigung werden könnte. Die wir vielleicht beide füreinander empfinden könnten."
Das klang zwar nicht so, wie er sich das vorgenommen hatte; aber wenigstens hatte er es jetzt ausgesprochen. Nun musste er sich nur noch hinknien und um ihre Hand anhalten.
Er warf Miss Motrum einen raschen Blick zu. Sie saß mit gefalteten Händen im Schoß da und wartete.
Seine Beine fühlten sich plötzlich bleischwer an, und sein Mund war völlig ausgetrocknet.
Er brachte es einfach nicht über sich.
Sandiford spürte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg, während er verzweifelt versuchte, zumindest den Mund zu öffnen. Jetzt wagte er es nicht einmal mehr, Miss Motrum anzuschauen.
In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und der junge Mr. Wickham stürzte in den Salon. Die Rettung, dachte Sandiford erleichtert. Da kam die Rettung!
"Jeremy!" rief Miss Motrum überrascht aus; eine zarte Röte überzog ihre Wangen, während sie unsicher zu Mr. Wickham sah. "Welch … unerwartetes Vergnügen!"
"Miss Motrum, Lord Sandiford", keuchte Mr. Wickham. Er holte tief Luft und verbeugte sich höflich. Das Lächeln, das er der Dame schenkte, wandelte sich zu einem grimmigen Gesichtsausdruck, als er den Oberst ansah. "Als ich Ihren Vater fragte, ob Sie wohl heute Nachmittag im Park spazieren gehen, erklärte er mir, dass Sie Besuch haben. Deshalb bin ich hierher geeilt, um … um Ihnen meine Aufwartung zu machen."
Miss Motrum lächelte verunsichert. "Jeremy, wir haben uns doch gerade erst gestern Abend gesehen."
"Das ist schon lange her. Und außerdem gehört es sich, dass ich Sie aufsuche, um Ihnen für die Einladung zu danken."
"Wenn Sie mich für einen Moment entschuldigen möchten", warf Sandiford ein. "Ich will Mrs. Cartwright nur eine Frage stellen. Wahrscheinlich befindet sie sich noch in der Bibliothek."
Miss Motrum sah so aus, als wüsste sie nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Die seltsame Ankündigung des Obersts gab ihr die Gelegenheit, mit Mr. Wickham allein zu sein, doch sie wollte nicht unhöflich erscheinen. Deshalb stotterte sie: "Soll … soll ich sie holen lassen?"
"Nein, danke. Das ist nicht nötig. Ich möchte nicht, dass Sie Ihre Pflichten als Gastgeberin vernachlässigen." Sandiford warf einen Blick zu Mr. Wickham, der ihn misstrauisch beobachtete. Das ist deine Chance – nutze sie! Er hoffte, dass der junge Mann
Weitere Kostenlose Bücher