Eine Braut fuer Lord Sandiford
freudlos auf. Welch eine Ehre es für die geliebte Tochter eines Finanzmagnaten bedeuten musste, einen armen Aristokraten heiraten zu dürfen, der ihr nicht einmal Gefühle entgegenbringen konnte!
Doch es gab natürlich immer noch die Möglichkeit, dass ihn Miss Motrum ebenfalls zurückwies. In Sandiford flammte für einen Augenblick so etwas wie Hoffnung auf.
Er seufzte. Ein guter Offizier entschied sich rasch, um sich die Chance der Stunde zu Nutze zu machen. Er musste – daran hatte ihn Miss Beaumont so boshaft erinnert – tatsächlich an seine Zukunft denken. Und nicht nur an die seine, sondern auch an die seiner Mutter und der nachfolgenden Generation. Sandiford wollte sich alles noch einmal genau durch den Kopf gehen lassen; wenn ihm jedoch keine bessere Lösung einfallen würde, wollte er gegen Ende der Woche Miss Motrum aufsuchen.
Clarissa hob den Kopf. Natürlich konnte sie weiter schluchzend auf dem Boden sitzen bleiben und so lange warten, bis eines der Hausmädchen sie finden würde. Dann würde man im Haus nicht nur darüber klatschen, dass die junge Dame mit geröteten Wangen und zerzaust aus dem Garten gekommen war; sondern man würde sich auch noch den Mund darüber zerreißen, dass der Gentleman, um den es wohl ging, sie in völliger Verzweiflung zurückgelassen hatte und aus dem Haus gestürmt war.
Nein, so etwas durfte Clarissa Beaumont nicht passieren. Es war bereits schlimm genug, dass ihre kalkweiße Haut und die roten Augen vieles verrieten. Fände sie einer der Bediensteten, würde sich die Nachricht bestimmt in Windeseile verbreiten. Sie musste auf jeden Fall vermeiden, dass man sich schon bald in der Gesellschaft erzählte, dass die Ballkönigin an gebrochenem Herzen litt. Vor allem deshalb, weil es stimmte.
Sie erhob sich vom Boden, wollte aber nicht in ihre Räume zurückkehren, da sie zu aufgewühlt war, um dort ruhig zu verweilen. Was sie brauchte, war eine sinnvolle Beschäftigung, um ihre aussichtslose Lage zumindest für den Moment zu vergessen.
Vielleicht konnte sie heute Abend den Polizeidetektiv aufsuchen, um herauszufinden, was er bisher in Erfahrung hatte bringen können. Und auch wenn sie augenblicklich nichts mehr von Liebe wissen wollte, so musste sie sich doch noch um Leutnant Standishs Angelegenheiten kümmern.
Den ersten, wichtigen Schritt hatte sie bereits getan. Vielleicht war es nun an der Zeit, Lady Barbara einen Besuch abzustatten. Möglicherweise würde es Clarissa sogar Befriedigung verschaffen, wenn sie ihrem Zorn und ihrer Verzweiflung etwas Luft machte, indem sie der hochnäsigen Mutter des Mädchens die Meinung sagte.
Sie spürte, wie ihr Kampfgeist wieder erwachte. Sie schaffte es zwar nicht, einen gewissen Oberst zu verzaubern, aber dafür würde wenigstens die Countess of Wetherford erfahren, dass Miss Beaumont gewöhnlich das erreichte, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
Sie kühlte ihre Augen mit Lavendelwasser und wählte ihr neuestes Kleid aus, um für den Kampf gerüstet zu sein. Eine Stunde später befand sie sich bereits im Stadthaus der Countess of Wetherford. Der Salon war voller Besucher; junge Damen und Herren umringten Lady Barbara, während die verheirateten Frauen sich um ihre Mutter versammelt hatten. Clarissa sah sich gezwungen, einige Minuten höflich zu plaudern, ehe sie es schaffte, bis zu Lady Barbara vorzudringen.
Die Countess folgte ihr aufmerksam mit den Augen. Zweifelsohne glaubte der alte Drache, dass Clarissa Beaumont mit ihren skandalösen Kleidern und ihrem extravaganten Benehmen nicht der richtige Umgang für ihre zart besaitete Tochter war.
Mein Gott, ist sie mustergültig, dachte Clarissa und lächelte die Dame betont liebenswürdig an.
Dann richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf Lady Barbara. "Möchten Sie nicht ein paar Schritte mit mir durch den Garten gehen? Er ist gerade besonders hübsch."
Ohne eine Antwort abzuwarten, drängte sie die junge Frau dazu, ihr zur Terrassentür zu folgen.
Die Countess eilte ihnen sofort hinterher. "Vielleicht ein andermal, Miss Beaumont. Es wäre nicht höflich von Barbara, ihre Gäste allein zu lassen."
Die viel geeigneter als Gesellschaft für meine Tochter sind als Sie, fügte Clarissa in Gedanken hinzu. "Countess, die Tulpen blühen doch nur für ein paar Tage. Ich habe so viel Lob über Ihren schön angelegten Garten gehört, dass ich sehr enttäuscht wäre, wenn ich ihn nicht zu sehen bekäme."
Die Dame zuckte leicht mit den Lippen; ihr fiel anscheinend
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