Eine Braut von stuermischer Natur
Schritten zu der langen Tafel lief, an die Seite seiner Lordschaft. Er untersuchte die Nase, beharrte darauf, dass sie gebrochen sei, und riss eilig einen Streifen Stoff von seinem Wams, um den Blutfluss zu unterbinden. Er schickte einen unsicheren Blick in Muries Richtung, dann schüttelte er den Kopf und führte Malculinus zu den Schlosstüren. Offenkundig war Baxley nicht gewillt, von einer Frau Genugtuung zu fordern.
Murie folgte ihnen mit Anselm an ihrer Seite. Zwar wollte sie den Garnisonssoldaten nicht erneut in die Schranken weisen, wollte aber Gewissheit haben, dass ihre unwillkommenen Gäste auch tatsächlich aufbrachen. Von der obersten Stufe aus gönnte sie sich das erhebende Schauspiel, wie Baxley seinem Herrn aufs Pferd half und die Zügel an sich nahm, ehe er sich auf sein eigenes Ross schwang und seine Lordschaft nach Hause führte – wie ein kleines Kind und nicht wie einen Mann, der sich lediglich eine blutige Nase geholt hatte.
»Sei’s drum«, murmelte Anselm, während sie den beiden nachsahen. »Wenn Lord Aldous derjenige war , der hinter den Anschlägen auf Euren Gemahl steckte, weil er sich eine Vermählung mit Euch erhofft hat, dann werden sie höchst wahrscheinlich in Bälde enden.« Als Murie ihn verständnislos ansah, erklärte er: »Nun, kein Mann ist erpicht darauf, eine Frau zu ehelichen, die ihm an Körperkraft und Schnelligkeit überlegen ist.«
In ihre Mundwinkel stahl sich ein feines Lächeln, dann schwenkte sie kopfschüttelnd herum. »Ich bin im Garten, für den Fall, dass Ihr mich braucht.«
»Gewiss, Mylady«, sagte Anselm und setzte grinsend hinzu: »Und ich bin auf einem Rundgang durch das Schloss, um sämtliche Leute zur Arbeit anzuhalten – und um allen zu berichten, was Ihr soeben getan habt. Das wird ihnen gefallen, dessen bin ich mir gewiss. Auch seiner Lordschaft, wenn er es nach seiner Rückkehr erfährt.«
Murie ließ es dabei bewenden und lief die Stufen hinunter, um über den Schlosshof in den Garten zu gelangen. Dieses Mal blieb sie länger ungestört, ehe sie in ihrem Tun unterbrochen wurde. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es wurde Zeit für eine Vespermahlzeit, als sie eine laute Stimme vernahm.
»Mylady!«
Murie richtete sich halb auf und spähte den Weg entlang. Sie sah Godart, der mit freudig erregter Miene auf sie zustürmte.
»Seine Lordschaft ist eingetroffen«, japste er atemlos, als er Murie erreicht hatte.
»Sie reiten alle über die Zugbrücke, und die Wachsoldaten gaben Kunde, dass sie sechs Rinder, sechs Schweine und drei Wagen mit sich führen; soweit sie es erspähen konnten, sitzt in dem ersten wohl ein halbes Dutzend Dienstboten, in den beiden anderen sind Stoffballen und Federvieh.«
Murie straffte sich, ein Strahlen glitt über ihr Gesicht.
Balan war zurückgekehrt.
Zusätzliche Dienstboten und neues Vieh bedeuteten zwar fabelhafte Neuigkeiten, erheblich bedeutender war indes der Umstand, dass Balan wieder zu Hause war. Ich liebe dich , hatte ihr Gemahl vor seiner Abreise beteuert, und sie hatte ihm staunend nachgeblickt, vor lauter Überraschung stumm wie ein Fisch im Wasser. Jetzt war sie an der Reihe. Sie beschloss, zu ihm zu laufen, ihre Arme um seinen Nacken zu schlingen, ihn stürmisch zu küssen und ihm zu gestehen, dass sie ihn auch liebte.
Beseelt von ihrem Entschluss, eilte sie den Weg zurück, Godart an den Fersen, durch den Hintereingang in die Küche, durch die große Halle und auf die breite Freitreppe. In ihrer Aufregung hatte Murie nicht wahrgenommen, dass die Küche und der große Saal menschenleer waren, denn sämtliche Bewohner von Gaynor standen bereits wartend am Fuß der Stufen, als sie aus dem Portal trat.
Die Willkommensfreude zauberte ein Lächeln auf die Lippen der jungen Lady Gaynor. Leichtfüßig sprang sie die Stufen hinunter, um sich zu den Wartenden zu gesellen, als die Reisenden durchs Tor kamen. Alle verfolgten voller Ungeduld, wie der kleine Tross den Schlosshof überwand und vor ihnen zum Halten kam.
Mit einem Mal stürzten sich alle auf die Wagen.
Thibault begrüßte die neu eingestellten Diener ähnlich überschwänglich, wie er seinerzeit Murie empfangen hatte, und hieß das Gesinde auf Gaynor willkommen.
Clement und Habbie liefen schnurstracks zu dem Vieh, nahmen die Rinder in Augenschein und riefen den anderen zu, zwei davon seien Milchkühe. Dann widmeten sie ihr Augenmerk dem Federvieh und leckten sich genüsslich die Lippen.
Gatty eilte zu dem Wagen mit den Stoffballen, Juliana
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