Eine Braut von stuermischer Natur
hatte, nicht mit dem neu angeworbenen Gesinde oder dem gekauften Hab und Gut das Weite suchen würden. Balan konnte es kaum erwarten, seine Gemahlin wiederzusehen.
»Ich täusche mich gewiss nicht, Cousin. Sie trug Burgunder und Schwarz, das Gewand, das sie so ungemein schätzt«, antwortete Osgoode und meinte nachdenklich: »Dennoch frage ich mich, weshalb sie im Dorf ist. Sie kann doch kaum glauben, wir brächten das neue Gesinde hier in den leeren, vom Verfall bedrohten Hütten unter, was meinst du?«
Balans Stirn umwölkte sich. Ein solcher Gedanke konnte ihr nicht gekommen sein. In der Tat wäre es ihm nie eingefallen, die neue Dienerschaft im Dorf unterzubringen – auch wenn dies ein fabelhafter Einfall war. Die kleine Ortschaft Gaynor lag nahe genug, sodass die Diener nach einem kurzen Fußmarsch morgens ihren Dienst in seinem Schloss würden antreten können und abends nach der Arbeit rasch zu Hause wären. Und sie hätten ihr eigenes Heim, ein eigenes Stück Garten, um es im kommenden Frühling zu bewirtschaften. Letztendlich wäre es sogar ein Anreiz zum Bleiben, anstatt sich abermals von den feinen Versprechungen anderer Lords weglocken zu lassen.
Und es barg den zusätzlichen Vorteil, dass das Dorf nicht gänzlich dem Verfall anheimfiel.
Auf Balans Gesicht erschein ein stolzes Grinsen, er schüttelte den Kopf. Was war seine Gemahlin doch für eine kluge und umsichtige Frau, dass sie derlei Dinge bedachte!
»Vielleicht hat sie einen besonderen Willkommensgruß vorbereitet«, meinte Osgoode in scherzhaftem Ton. »Einen kleinen Schmaus vor einem wärmenden Feuer, nur für euch beide.«
»Oh gewiss.« Balan lachte auf. »Fischpastete und schales Bier in einer schmutzigen, verlassenen Hütte und dabei vor einem Feuer schwitzen, das an einem derart schönen Tag vollkommen unnötig ist.«
»Du hast recht, Cousin«, erwiderte Osgoode, seine Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. »Heute ist es entschieden zu warm, um sich der Mühen zu unterziehen, ein Feuer anzufachen. Was mag sie hier im Dorf gewollt haben?«
Balan wiegte grübelnd den Kopf. Warum sollte sie in einer der Hütten Feuer machen?
»Vielleicht verbrennt sie ein paar von ihren Kräutern, um einen schlechten Geruch zu vertreiben«, erwog er und verstummte für den Augenblick eines Herzschlags, ehe er belustigt einräumte: »Oder vielleicht ist es einmal mehr auf ihren törichten Aberglauben zurückzuführen.«
Kaum hatte er dies gesagt, grub sich ein verdrießlicher Zug in Balans Mundwinkel. Seine Gemahlin schien in allem und jedem eine drohende Gefahr zu wittern, sie war einfach zu abergläubisch. Das galt es zu beheben. Zumal es seine Langmut auf eine harte Probe stellte, dass Murie sich jedes Mal, wenn ein Kuckuck rief, auf der Erde wälzte, oder dass sie sich beim Ruf des Brachvogels darum sorgte, es könnte etwas Schlimmes geschehen.
»Ich hoffe, sie ist über jene törichte Vorstellung hinweg, dass ich dich töten will«, sagte Osgoode unversehens und riss Balan aus seinen Gedanken.
Er maß seinen Cousin mit einem Blick, der Wissbegier, aber auch Betroffenheit spiegelte. »Und, hast du dich jemals mit dieser Absicht getragen?«
»Womit? Dich zu töten?«, forschte Osgoode betroffen ob eines solchen Verdachts.
Balan hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. »Ist der Gedanke so abwegig? Nach meinem Tod würdest du mein Erbe antreten.«
Osgoode brach in lautes Gelächter aus. »Oh wahrhaftig. Ich würde ein Schloss erben mit Feldern voll verfaulten Getreides, ohne einen Heller, um es instand setzen zu können, und kaum Gesinde, um Haus und Hof zu bestellen. Und all das Grübeln und die Sorgen, die damit einhergingen, Schloss Gaynor so weit wieder herzurichten, dass es wenigstens einen Hauch von Ähnlichkeit mit seinem ehedem prunkvollen Erscheinungsbild hätte. Fabelhaft! Lass mich geschwind meinen Dolch finden, Balan, und ich werde dich hier an Ort und Stelle meucheln.«
Balan versagte sich ein Grinsen. »So schlimm, wie du tust, ist es nun auch wieder nicht. Ein, zwei Jahre harte Arbeit und Entbehrungen, danach erstrahlt das Schloss wieder in seinem einstigen Glanz.«
»Du hast leicht reden, denn du hast Murie und ihre Mitgift. Beides ist gleichermaßen kostbar, nicht wahr?«
»Du irrst«, wiegelte Balan ab. »Die Mitgift ist gewiss dienlich, damit Gaynor sich rasch von Not und Entsagungen erholen kann, aber Murie ist weit kostbarer für mich.«
Er spürte, dass Osgoode ihn anstarrte, als wären ihm plötzlich zwei
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