Eine Braut von stuermischer Natur
bestellt. Es lag kaum Tage zurück, dass sie gezwungenermaßen nackt zum Schloss zurückgelaufen war, ihren ohnmächtigen Gatten auf einer Trage hinter sich herziehend, die sie aus ihren Kleidern zusammengeknotet hatte. Jetzt stand sie nackt, wie der liebe Herrgott sie erschaffen hatte, im Gebüsch.
»Warte hier.«
Schon war Balan weg. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie er sich am Rande der Lichtung entlangschlich, sich hinter Bäume und Büsche duckte, um dann von einem Stamm zum nächsten zu hechten, bis er endlich den Baum erreichte, unter dem ihre Kleider lagen. Er versteckte sich hinter dem Stamm und spähte zu den Männern. Als er sich unbeobachtet wähnte, schnellte er geduckt hinter dem Baum hervor, schnappte sich das Bündel und verschwand abermals im Schutz des Geästs.
Ehe er zurückkehrte, kleidete er sich eilig an, gürtete sein Wams, knotete die Beinlinge und stieg in die Stiefel. Dann spähte er über die Lichtung zu Murie und legte die Stirn in Falten. Sofort blickte auch Murie zu den beiden Männern. Bestürzt nahm sie wahr, dass die beiden wie gebannt auf den Baum starrten, hinter dem Balan sich verbarg. Es war ihm unmöglich, unbemerkt zu entkommen.
Ihr Mut sank. Erneut sah sie zu ihrem Gemahl. In diesem Augenblick legte er ihre Kleider hinter den Baum, straffte sich, zeigte auf seine Brust und dann auf die zwei Männer auf der Lichtung. Anschließend deutete er auf Murie und auf das Bündel am Boden.
Murie hatte keine Ahnung, was er ihr mit seinen Gebärden sagen wollte, und ihr blieb auch keine Zeit, es zu ergründen. Balan trat bereits hinter den Bäumen hervor und auf die Lichtung.
»Mylord!«, rief Erol freudig, als er seinen Herrn bemerkte. »Ihr seid wohlauf!«
»Ganz recht.« Balan lächelte so unbekümmert, als hätte er das Glück für sich gepachtet. Just in diesem Augenblick fiel Murie auf, dass er seinen Rock hinten in seine Beinlinge gesteckt hatte. Innerlich stöhnend schloss sie die Augen.
»Meine Gemahlin wird auch gleich hier sein.«
Balan brüllte so laut, dass Murie ihre Augen schlagartig wieder aufriss. Sie sah, dass er hinter Erol und Godart getreten war, die ihre Pferde hatten wenden müssen, um ihren Dienstherrn anzusehen, wie es der Anstand gebot. Daher hielten sie den Rücken jenem Teil der Lichtung zugewandt, wo Murie wartete.
Ihr Blick glitt abermals zu Balan. Er bedeutete ihr mit einer verstohlenen Geste, aus ihrem Versteck zu kommen und sich anzukleiden. Vermutlich hatte er das bereits zuvor getan und das Wort Gemahlin nur deshlab laut und deutlich betont, um ihr Augenmerk auf ihn zu lenken.
Murie fasste sich ein Herz. In geduckter Haltung und mehr kriechend als laufend stahl sie sich am Saum der Lichtung entlang. Damit schien sie Balan zu verstimmen, denn er trieb sie mit ungeduldigem Winken zur Eile an. Er lenkte weiterhin die Männer ab, damit Murie unbemerkt zu ihren Kleidern gelangen konnte. Aber was war, wenn einer seiner Männer zufällig einen Blick über die Schulter warf?
»Ist etwas mit Eurer Hand, Mylord?«, wollte Godart wissen. »Ihr schlenkert damit ohne Unterlass hin und her.«
»Nein«, knurrte er und winkte abermals ungehalten in Muries Richtung.
Blitzschnell richtete sie sich aus ihrer geduckten Haltung auf und stürmte das letzte Stück zu den Kleidern. Sie hatte ihre Sachen beinahe erreicht, als neuerlicher Hufschlag die Luft erfüllte. Sie unterdrückte einen entsetzten Aufschrei, machte einen langen Satz zu ihren Kleidern und sprang hinter den Baum. Genau in diesem Moment ritt Anselm auf die Lichtung.
Während sie sich eilig ankleidete, lauschte Murie abwesend der Unterredung der Männer. Als sie Gewand und Tunika übergestreift hatte, glättete sie sich mit den Fingern rasch die Haare, setzte eine gebieterische Miene auf und löste sich aus dem Schatten der Bäume. Osgoode ritt soeben auf die Lichtung, er hielt die Zügel von Balans Pferd.
»Hab Dank, Cousin Osgoode«, raunte Balan dem Ritter zu. Er nahm die Zügel und band das Reittier an denselben Baum wie zuvor. Als er sich umdrehte, sah er Murie, die unsicher am Rande der Lichtung verharrte. Sogleich trat er zu ihr. Unterdes saß Osgoode ab.
»Oh, Mylady.« Anselms Züge erhellten sich zu einem breiten Grinsen. »Wir berichteten Eurer Lordschaft soeben, dass wir in großer Sorge waren, weil Ihr vor dem Unwetter nicht zurückgekehrt wart. Gleich nachdem es abgezogen war, machten wir uns auf die Suche nach Euch. Er erklärte uns, Ihr hättet Schutz unter einem Baum
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