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Eine Braut von stuermischer Natur

Eine Braut von stuermischer Natur

Titel: Eine Braut von stuermischer Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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recht.« Osgoode rümpfte die Nase über den Fisch auf seinem Teller und strebte einem der Tische entgegen. Unversehens blieb er stehen und fragte: »Nimmst du diesen Festtagsschmaus mit nach oben zu Murie?«
    »Ja. Möchtest du uns Gesellschaft leisten?«
    Osgoodes Miene erhellte sich zu einem Grinsen. »Ich wäre niemals so grausam, das zu tun. Genieße deine Gemahlin … ich meine, genieße das Mahl mit deiner Gemahlin«, verbesserte er sich augenzwinkernd.
    Balans Lippen verzogen sich zu einem Schmunzeln. Er schwenkte herum und marschierte mit den beiden Tellern die Treppen hinauf. Auf dem Söller waren die Privatgemächer seiner Eltern untergebracht, seit sie vor gut fünfundzwanzig Jahren den Wohnturm um ein zweites Geschoss aufgestockt hatten. Balan war damals noch zu jung gewesen und konnte sich nicht recht entsinnen, wie das Schloss vor dieser Zeit ausgesehen hatte. Nachdem er seinen Vater tot vorgefunden hatte und Gaynor nach der Pest im Chaos lag, war er nicht auf den Söller zurückgezogen. Er hatte einen Blick in die verwahrlosten, vom Verfall bedrohten Räumlichkeiten geworfen, sich umgedreht und schnurstracks den Weg in die Garnison eingeschlagen, um dort mit den Männern zu hausen, die mit ihm in die Schlacht gezogen und heimgekehrt waren. Er konnte sich nicht vorstellen, wie seine Frau es bewerkstelligen wollte, dieses Gelass in so kurzer Zeit wieder bewohnbar zu machen, und wurde angenehm überrascht, als er einen Blick durch die angelehnte Tür warf.
    Die schmutzigen Reiser, die den Boden bedeckt hatten, waren entfernt und die Dielen sauber gewischt worden, Felle lagen neben dem Bett und vor dem Kamin ausgebreitet, vermutlich um eine wohnliche Atmosphäre zu schaffen, bis neue Binsen geholt und ausgestreut waren. Auch vor den klappernden Fensterläden hingen Felle. Der übelriechende, mottenzerfressene Baldachin war fort, das Bett mit frischem Leinen bezogen und mit Fellen bedeckt.
    Ein Feuer prasselte im Kamin. Um diese Jahreszeit nicht unbedingt erforderlich, doch den Holzscheiten war irgendetwas süßlich Duftendes beigefügt worden, das die Luft im Raum mit einem lieblichen Aroma erfüllte und den unangenehmen Gestank übertünchte, an den Balan sich von seinem letzten Besuch noch erinnerte.
    Sein Blick schweifte durch den ansprechend gestalteten Raum zu den beiden Frauen. Murie und Juliana. Das Mädchen stand vor dem Kamin und trug ein pastellgelbes Gewand, das ihr ein wenig zu groß war.
    »Osgoode meinte, du hättest ungefähr die Größe von Lady Greyvilles Tochter, daher haben wir bei ihr Maß genommen«, erklärte Murie und machte sich an den Verschlussbändern zu schaffen. »Unzweifelhaft ist das Mädchen ein bisschen größer als du, aber du wirst bald hineinwachsen, bis dahin können wir es mit ein paar Stichen kürzen.«
    Juliana schien es die Sprache verschlagen zu haben. Ihre Augen weiteten sich vor Begeisterung, kaum dass ihre Finger über den feinen Stoff glitten.
    »Vielleicht können wir morgen auch etwas für deine Haare tun«, schlug Murie freundlich vor.
    »Ich habe sie selbst geschnitten«, bekannte Juliana. Mit einer selbstgefälligen Geste strich sie sich über die Haare.
    »Und du hast deine Sache gut gemacht«, versicherte Murie ihr rasch. »Aber es ist nicht einfach, die eigenen Haare zu schneiden, und gibt es einige Stellen, wo man nachbessern könnte.«
    Juliana nickte, ehe sie gestand: »Ich dachte, mein Vater hat mich vielleicht mehr lieb, wenn ich wie ein Junge aussehe.«
    Balans Herz verkrampfte sich bei diesen Worten. Insgeheim machte er seinem Vater große Vorwürfe, weil er sein eigenes Kind vernachlässigt und verstoßen hatte. Gefangen in seinem Schmerz, hatte es ihn kaum gekümmert, wie viel Kummer er seiner kleinen Tochter zufügte. Balan hatte versucht, ihn zur Vernunft zu bringen, aber – dickköpfig und uneinsichtig wie stets – hatte der alte Lord Gaynor lediglich abgewinkt und sich hartnäckig geweigert, über Juliana zu diskutieren.
    »Oh«, hauchte Murie, und Balan konnte ihre tiefe Zuneigung zu dem Kind nachfühlen. Sie senkte den Kopf über das Kleid und blieb einen Herzschlag lang stumm, dann straffte sie sich und fasste das Mädchen sanft bei den Schultern. »Ich bin mir sicher, dass er dich im Grunde seines Herzens sehr gemocht hat, Juliana, aber die Gentlemen haben bisweilen Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu erkennen zu geben.«
    »N…nein.« Das Kind schüttelte den Kopf. »Seine Verärgerung hat er ausnehmend gut gezeigt.«
    »Mmh, das

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