Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
wir uns zu Tisch setzten, hat er sie zu meinen Gunsten fast komplett ignoriert.
Das Essen ist wie üblich superb und den gemeinsamen Anstrengungen von Gourmet David und Künstlerin Caro zu verdanken.
»Wie lange kennen Sie Caroline schon?«, fragt Gwillem und reicht mir das Brot.
»Seit wir Kinder waren.«
»Wirklich? Dann sind Sie alte Freunde. Es überrascht mich, dass wir uns nicht schon vorher begegnet sind.«
»Wir hatten uns aus den Augen verloren«, entgegne ich. »Wir haben uns erst wiedergefunden, als Caro letztes Jahr an der gleichen Schule wie ich anfing.«
»Welch glücklicher Zufall … Also sind Sie Lehrerin?«
Ich nicke ohne große Begeisterung. Lehrerin hört sich so langweilig an, so bieder. Ich wäre auch gerne so aufregend und unkonventionell wie die anderen hier. Gwillem ist, wie Sie bereits wissen, Maler. Eloise ist Schauspielerin. Der Mann hinter ihr, der entfernt an den gealterten Laurence Olivier erinnert, ist anscheinend ein ziemlich bekannter Dichter. Sein Name ist Blakesley Hardington – hört sich an wie ein neuer Vorort der Retortenstadt Milton Keynes. Sukey züchtet ihre Pferde, Bob kocht für die Reichen und Schönen, und Amber Dixon, die PR -Frau einer Plattenfirma ist, wird von einem Opernsänger umgarnt, von dem selbst ich, eine bekennende Banausin in Sachen Musik, schon gehört habe.
»Sie sehen gar nicht aus wie eine Lehrerin«, sinniert Gwillem und betrachtet mich prüfend aus zusammengezogenen Augen.
Bei solch einer scharfen Musterung fühle ich mich erneut unwohl, und Hilfe suchend sehe ich mich am Tisch um. Mir gegenüber sitzt Angus Macready. Er ist ein gut aussehender Mann mit dunklem Haar, das an den Schläfen distinguiert ergraut ist. Gesicht und Hände, die vom Leben im Freien gebräunt sind, werden durch das strahlend weiße Hemd noch betont.
»Ist Jake genauso am Boden zerstört wie Hannah, weil sie sich trennen mussten?«, frage ich ihn.
Angus lächelt und zeigt dabei unglaublich große, ebenmäßige Zähne, schüttelt jedoch den Kopf.
»Er mochte sie ganz gern, aber er ist ein kleiner Draufgänger. Schätze, dass die sich so was nicht so zu Herzen nehmen wie die Mädchen, hm? Er bricht bald zu neuen Ufern auf.«
Zu neuen Ufern? Körperlich oder emotional? Ein neuer Tag, eine neue Frau. Arschloch.
»Verstehe«, antworte ich und lächele verkniffen. Arme Hannah. Welchen Preis hat die Liebe?
»Wir sind nicht alle so wankelmütig.«
»Wie bitte?« Ich wende mich wieder zu Gwillem um, der sich, den Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt, zu mir herüberbeugt. Er hat das Kinn in die Hand gelegt und starrt mich durchdringend an.
»Männer. Nicht alle sind so wankelmütig, wenn es um Zuneigung geht.«
Ich lächele nervös und habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Er scheint die Scheinwerfer voll aufgeblendet zu haben und viel zu schnell auf mich zuzukommen.
»Kosten Sie mal, es schmeckt wundervoll.« Er hält mir seine Gabel hin.
Ich beschließe, dass ich ihn nicht lange genug kenne, um das Besteck mit ihm zu teilen. Ich kann daraus nur schließen, dass ich nicht wirklich auf ihn fliege.
Also behaupte ich einfach, ich sei so satt, dass ich keinen einzigen Bissen mehr hinunterbekommen könne. Das ist schade, da ich nun, um den Anschein zu wahren, auf den Nachtisch verzichten muss.
Zu meiner Überraschung fällt das ausgedehnte Kaffeetrinken am Ende des Essens jedoch flach. Das enttäuscht mich, da ich diesen Teil am liebsten mag. Nicht nur die Schokotäfelchen und den Weinbrand genieße ich, sondern die entspannte Atmosphäre, in der sich die Gespräche in ungeahnte Höhen aufschwingen können.
Doch alle springen auf und begeben sich ins Wohnzimmer. Hastig werden Stühle zurückgeschoben, und die Luft schwirrt vor Aufregung.
»Was kommt jetzt?«, frage ich Caro.
»Gesellschaftsspiele«, erwidert sie.
Ich sehe sie verwirrt an.
»Das ist so Sitte in Angels Court«, sagt Gwillem und lächelt mir zu.
»Ach ja?« Eine Sitte, an der ich noch nie teilgenommen habe, wenn ich mit Richard zu Besuch war. Vielleicht war er für so etwas nicht beliebt genug.
»Nur, wenn wir alle zusammen sind«, fügt er hinzu.
»Warum begleitest du Fliss nicht zu einem Verdauungsspaziergang durch den Garten, während wir hier drin alles vorbereiten?«, schlägt Caro vor, und ihre blauen Augen blitzen spitzbübisch.
Hannah hatte Recht, ich glaube wirklich, Caro will mich verkuppeln.
»Ich kenne den Garten bereits!«, widerspreche ich. Gwillem scheint sehr nett zu sein,
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