Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
legt eine Hand auf die Brust. »Meine Güte, ich hätte fast einen Herzschlag bekommen!«
»Drew! Drew!«, ruft meine Mutter von drinnen. »Was ist los?«
»Alles in Ordnung«, ruft er zurück. »Es ist nur Fliss! Himmel, Kind, was machst du denn hier draußen?«
»Dad, was ist los?«, imitiere ich meine Mutter und deute auf Richard, der immer noch am Tisch sitzt. Typisch, dass er meinen Vater allein mit dem Eindringling gelassen hat, auch wenn nur ich der Eindringling bin. Dad folgt meinem Blick, als ich das gute Porzellan, das Tafelsilber, die Kerzen und die zarten Rosen in Großmutter Blakeneys kostbaren Silbervasen anstarre.
»Ich denke, wir sollten uns kurz unter vier Augen unterhalten, Fliss«, sagt er und beißt sich auf die Lippen. Dad ergreift meinen Arm, um mich vom Haus wegzuziehen. Doch meine Mutter, die inzwischen die Fassung wiedererlangt hat, kommt ihm zuvor, rauscht aus dem Esszimmer und ergreift meinen anderen Arm.
»Wie schön, dich zu sehen, Felicity.«
Dad zieht mich in die eine Richtung, Mutter in die andere.
Ich stehe aufgrund der gestrigen Erlebnisse immer noch unter Schock und brauche eine Weile, bis diese Worte Wirkung zeigen.
»Ach ja?«, frage ich misstrauisch.
Mutter lächelt mir zu.
»Aber natürlich. Eben erst habe ich gesagt, dass nur noch Felicity fehlt, um den Abend perfekt zu machen, nicht wahr, Sally-Anne?«
Ich habe mit einem weiteren Wutanfall gerechnet; diese unerwartete Freundlichkeit ist höchst beunruhigend.
Ich sehe erneut zu Dad, der zu Boden blickt, und dann zu Sally-Anne, die meinem Blick ebenfalls ausweicht, als Mutter mich in das von Kerzen erleuchtete Zimmer führt. Richard lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und sieht für meinen Geschmack viel zu entspannt und glücklich aus.
»Hallo, Felicity.« Er lächelt mir zu, süß und lieb, und Welten trennen ihn von dem wutschnaubenden Mann, den ich vor fast einem Monat zuletzt gesehen habe.
»Was ist los?«, frage ich vorsichtig und keineswegs sicher, ob ich die Antwort überhaupt wissen will.
Mutter und Sally kehren auf ihre Plätze zurück. Dad zieht einen weiteren Stuhl heran und bedeutet mir, mich ebenfalls zu setzen.
»Wir feiern ein wenig.« Auch Mutter lächelt für meinen Geschmack viel zu viel.
»Feiern?«
»Ja.« Ihre Augen glänzen, und das liegt nicht nur an den Kerzen, die sich in ihren Kontaktlinsen spiegeln. »Wir feiern.«
Sie betont jede einzelne Silbe, und mir wird klar, dass sie angetrunken ist.
»Gerade wollten wir anstoßen. Drew, gib Felicity ein Glas Champagner.«
»Miriam, ich glaube kaum, dass das …«, widerspricht Dad, der sich höchst unwohl zu fühlen scheint.
»Champagner, Drew!«
Sie wartet, während Dad mir am Büffet ein Glas einschenkt. Dankbar und stumm sehe ich ihn an, als mir klar wird, dass er mir Weinbrand serviert hat. Ich habe das schreckliche Gefühl, dass ich ihn brauchen werde.
»Haben alle ein volles Glas? Schön. Ein Toast.« Schwankend erhebt Mutter sich. »Auf Richard und Sally-Anne …«
Die Pause ist lang, ausgedehnt, qualvoll für mich, aber ein Triumph für meine Mutter, wie ich erkenne.
»Auf Richard und Sally-Anne«, wiederholt sie unnötigerweise. »Und auf ihre wundervolle Verlobung. Glückwunsch!«
Ich habe das Glas schon halb geleert, bevor ich den Sinn dieser Worte erfasse.
»Das ist ein Scherz, oder? Ihr nehmt mich auf den Arm.«
Mit einem dumpfen Laut stelle ich mein Glas zurück auf den Tisch, und Weinbrand spritzt auf die schwere Leinentischdecke.
Sally und Richard?
Das kann nicht sein.
Mühsam widerstehe ich der Versuchung, mich zu kneifen, um herauszufinden, ob ich schlafe und einen Albtraum habe. Genau, das ist es. Ich liege immer noch im Bett, und das alles ist ein schrecklicher Freudscher Traum. Die Mars-Riegel sind schuld. Niemand kann ungestraft so viel Zucker essen, und schon gar nicht in meinem derzeitigen Gemütszustand.
Ich werde jetzt jede Minute aufwachen und über alles lachen können.
Roger, der mein Unbehagen spürt, steckt seine warme, feuchte, beruhigende Schnauze in meine Hand und leckt sie – ein hündischer Versuch, mich zu trösten.
Die Berührung ist ziemlich nass und sehr, sehr real.
Ich blicke in die Gesichter um mich herum.
Mutter lächelt orgasmusgleich.
Richard lächelt so selbstgefällig wie immer.
Sally sieht gequält drein und weicht meinem Blick aus.
Und Dad, dem das Mitgefühl und die Hilflosigkeit aus jeder Pore dringen, hält immer noch die Weinbrandkaraffe, um mir sofort nachschenken
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