Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
Glas, damit er mir nachschenkt.
Die Karaffe sieht ziemlich leer aus. Zuerst hat sie Mutter geholfen, sich vom Verlust der ersten Hochzeit zu erholen, ehe sie zweifelsohne Vater daran gehindert hat, bei Verkündigung der zweiten einen Herzanfall zu bekommen.
»Und wann soll die Hochzeit sein?« Geistig völlig erschöpft, sinke ich auf meinen Stuhl zurück.
Bei dieser Frage kann Sally meinem Blick erst recht nicht standhalten. Es bleibt Richard überlassen zu antworten, und er tut dies mit sichtlichem Genuss.
»Ende des Monats, am fünfundzwanzigsten.«
»Aber das war doch … das Datum unserer …«
Dad reicht mir einen weiteren Weinbrand.
»Es war bereits alles gebucht, da wäre es ja geradezu dumm, alles abzusagen und dann neu zu planen«, verkündet Mutter fröhlich.
Und ich schlafe doch und träume schlecht.
»Das Ganze war wunderbar bequem, wirklich«, fährt sie fort, »wir mussten nur dem Pfarrer Bescheid sagen, neue Einladungen verschicken und die Heiratsanzeige umschreiben. Ach, und natürlich das Kleid umarbeiten lassen. Sally ist schließlich ein bisschen schlanker als du, Liebes.«
»Sie trägt mein Kleid!«
»Schließlich hat Sally-Anne dir geholfen, es auszusuchen, nicht wahr? Ehrlich gesagt glaube ich sogar, dass es ihr besser steht, Felicity. Sie sieht darin einfach bezaubernd aus … Insgeheim habe ich immer gedacht, dass es für jemanden mit deiner Figur einen Hauch zu verspielt ist, und da du es ja schließlich nicht brauchst …«
Ich bin empört. Ich habe dieses Kleid gehasst, und wenn Mutter behauptet, Sally-Anne hätte mir beim Aussuchen geholfen, meint sie in Wahrheit, dass Sally-Anne ihr beim Aussuchen geholfen hat.
Ich hatte ein wunderbar schlichtes Kleid aus alter, elfenbeinfarbener Seide gefunden, und sie haben mich zu dieser Kitschkreation gezwungen. Doch es war immer noch mein Kleid, und es war für meine Hochzeit. Ich komme mir vor wie die Protagonistin eines Theaterstücks. Ich trete zurück, und die Zweitbesetzung tritt unter begeistertem Applaus in meine Fußstapfen.
»Du siehst nicht besonders glücklich aus, Felicity. Du wirst doch deiner eigenen Schwester nicht missgönnen …«, fährt Mutter fort.
Jetzt geht sie in die Vollen. Nichts könnte sie in diesem Augenblick glücklicher machen, als wenn ich Bedauern und Eifersucht zeigte. Dann könnte sie mit ihrem »Ich hab’s dir ja gesagt« kommen und es mir genüsslich unter die Nase reiben. Auch Richard würde das gefallen. Er hat jetzt die stärkere Position, und das weiß er. Ich hoffe nur, dass er das alles nicht bloß tut, um sich an mir zu rächen.
Ich ringe mir das strahlendste Lächeln ab, zu dem ich imstande bin, und hebe mein Glas.
»Wenn Sally glücklich ist, bin ich es auch. Meinen Glückwunsch.«
Caros Schauspielunterricht muss auf mich abgefärbt haben.
Caro … liebe Güte, das ist ein anderes Problem, mit dem ich mich werde auseinandersetzen müssen.
Dad wirft mir einen anerkennenden Blick zu.
»So ist’s richtig!«, flüstert er mir unbemerkt zu. »Lass dir bloß nichts anmerken.«
Richard sieht enttäuscht aus. Ich glaube, er hatte sich einen Anfall verzweifelter Leidenschaft meinerseits gewünscht.
Sollen etwa zwei Schwestern um seine Liebe kämpfen?
Ich wette, das hätte ihn richtig aufgegeilt.
Ich bin gezwungen, eine weitere Stunde auszuharren und mit ihnen Kaffee zu trinken. Was für ein schlechtes Timing. Hätte ich nicht nach dem Essen statt mittendrin aufkreuzen können? Entweder das oder gar nicht. Ich hätte einfach den Rest der Sommerferien unter meiner Bettdecke verbringen sollen. Vielleicht sogar den Rest meines Lebens. So wie die Dinge liegen, kann ich nicht einfach aufstehen und gehen. Das würde zu sehr nach beleidigter Leberwurst aussehen. Doch ich bin entschlossen, Richard zu zeigen, dass ich keinen Pfifferling darauf gebe, ob er mich heiratet oder nicht.
Tue ich auch nicht, wie Sie wissen. All das hat mir gezeigt, dass ich Richard nicht liebe und dass es absolut richtig war, unsere Hochzeit abzusagen. Ich bedaure es nicht im Geringsten, dass er plötzlich jemand anderem gehört. Ich bedaure nur, dass es so plötzlich kam und dass es sich dabei um meine Schwester handelt.
Mir bleibt nur ein Trost: Dieser Schock lenkt mich von dem vorangegangenen ab, an den ich im Moment lieber nicht denken will. Schließlich gelingt es mir, in die Küche zu fliehen, wo ich den Abwasch erledige.
Mutter hat sich mit diesem Essen große Mühe gegeben. Überall stehen schmutzige
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