Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
ihren Mann noch nicht eingeholt hat.
Über die Schulter wirft Alex einen Blick auf seine Frau, der schwer zu deuten ist, drückt sanft meine Hand und geht weiter.
Richards Rede ist blasiert und selbstgefällig, die von Dad hingegen sehr kurz. Er sieht bemerkenswert unglücklich in seinem Cutaway aus, und die Art, wie er ständig an seiner Krawatte zerrt, lässt den Eindruck entstehen, er sei davon überzeugt, sie wolle ihn erwürgen.
Es freut mich, sagen zu können, dass Sally zufrieden strahlt.
Auch Mutter grinst fratzenhaft. Ihr Lächeln ist so breit, dass sie glatt die gesamte, girlandenverzierte Brauttafel nebst der Gäste, die daran Platz genommen haben, verschlucken könnte.
Richard hat trotz der Tatsache, dass er von Natur aus ein Bastard ist, Eltern. Sie sind geschieden, haben seit acht Jahren kein Wort gewechselt und würden einander mit dem größten Vergnügen umbringen, wie unschwer daran zu erkennen ist, dass sie es gerade mittels Blicken und seltsamer Besteckbewegungen versuchen.
Eines meiner größten Probleme mit dem Sitzplan war, wie ich sie wenigstens auf Armeslänge voneinander entfernt halten konnte. Richard behauptet, sie hätten sich in Freundschaft getrennt. Zumindest waren sie beide froh über die Trennung. Angeblich haben sie sich darüber zerstritten, wer von ihnen das Familiensilber bekommen sollte. Ich glaube ja, dass sie sich in Wahrheit gegenseitig die Schuld dafür zuschieben, ein Kind wie Richard hervorgebracht zu haben.
Ich sitze am Tisch für greise und entfernte Verwandte. Die peinliche Fliss. Sie wussten tatsächlich nicht, wo sie mich unterbringen sollten. Trotzdem bin ich erleichtert, hier zu sitzen. So bin ich bei einer Gruppe von Menschen in Deckung, die nicht wissen, wer ich genau bin. Doch die Gerüchte zirkulieren wie erwartet, weshalb ich während des ganzen Essens mit australischem Akzent gesprochen habe, was sie noch zusätzlich verwirrt hat.
Nach den Reden wird die riesige, vierstöckige Torte unter weiteren Ahs und Ohs hereingerollt. Sie ist in der Tat ein Wunder moderner Tortentechnik. Sie ist noch üppiger mit Blumen geschmückt als die Kirche und sieht so zart und fragil aus, dass man glauben konnte, sie würde in dem Augenblick einstürzen, in dem Sally und Richard sie gemeinsam beim Anschneiden berühren.
Richard steht auf und ergreift Sallys Hand. Majestätisch und glücklich lächelnd kommen sie um den Tisch herum. Sallys Augen glänzen. Sie nehmen das lange, mit rosa Schleifen geschmückte Silbermesser, wobei Richards Hand schützend über Sally-Annes liegt.
Fotoapparate blitzen erneut auf, als die Klinge sich sauber in den weißen Zuckerguss gräbt. Bewundernd blickt Sally-Anne zu Richard auf, der mit hochgezogenen Brauen zu Kat Christian hinübersieht. Das hier ist für dich, scheint er insgeheim zu spotten.
Als das Büfett hinausgerollt und die Discoanlage aufgebaut ist und die Gäste beginnen, sich zu vermischen, ziehe ich mich auf einen Stuhl in einer schwach beleuchteten Ecke zurück. Ich fühle mich wie jemand, der für einen wohltätigen Zweck mit der Spendenbüchse klappert. Die Leute gehen mir offensichtlich bewusst aus dem Weg. In solchen Momenten findet man schnell heraus, wer die wirklichen Freunde sind. Die Mehrzahl meiner Freunde wurde von der Gästeliste gestrichen, wenigstens einen davon hätten sie mir als moralische Stütze lassen können. Ich muss an Caroline denken. Sie hätten meine Trauzeugin sein sollen.
Vielleicht sollte ich noch etwas trinken.
»Es muss ja total seltsam sein, so als Gast auf seiner eigenen Hochzeit.«
Überrascht sehe ich auf, als mir eine Wolke Poison in die Nase steigt. Neben mir steht Katherine Christian.
»Es tut mir Leid, aber …«
»Tut es das?«, entgegnet sie zweifelnd.
Sie zittert wie die gespannte Saite eines Bogens kurz vor dem Abschuss des Pfeils. Warum nur habe ich das Gefühl, ich sei ihre Zielscheibe? Sie schnappt sich ein Glas Champagner von einem vorbeikommenden Kellner und setzt sich unaufgefordert zu mir.
»Schönes Kleid«, sagt sie ohne Überzeugung und sieht zu Sally-Anne hinüber.
»Wenn man so was mag«, murmele ich ausweichend.
Sie dreht sich zu mir um. Ihre blauen Augen glitzern dreist.
»Ich muss schon sagen, es ist sehr tapfer von dir, hier zu sein. Es war sicher schrecklich für dich, als Richard dich fallen ließ. Du musst ein sehr versöhnlicher Mensch sein. Versteh das bitte nicht falsch, meine Liebe, aber ich war nicht überrascht, als ich hörte, dass er die ganze
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