Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
ätherisch. Während ich in diesem Kleid einer viel zu süßen Torte geglichen habe, sieht sie wie eine Märchenprinzessin aus.
Richard dreht sich um, um sie in Empfang zu nehmen. Ich verrenke mir den Hals, um sein Gesicht zu sehen. Ist er stolz? Das sollte er. Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel, er möge sie wirklich und wahrhaftig lieben.
Dad übergibt seine jüngere Tochter an ihren zukünftigen Ehemann.
»Liebe Gemeinde …«, setzt Pfarrer Parsifal an. In seiner weiten, schwarzen Soutane mit dem weißen Kragen sieht er wie eine Elster aus, als er langsam und klar zu sprechen beginnt und seine Stimme im Kirchenraum widerhallt.
Sallys Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, sodass ich die Ohren spitzen muss, um sie zu hören.
»Vor den hier Versammelten erkläre ich, dass ich, Sally-Anne Louise Blakeney, dich, Richard Edward Trevelyan …«
Richards Stimme klingt klar und selbstbewusst. Er entzieht sich meinem Blick, teilweise durch den Pfeiler, teilweise durch ein üppiges Gesteck, das kaum von Mutters Hut zu unterscheiden ist. Das kommt mir sehr gelegen.
»… Einwände hat, der spreche jetzt oder schweige für immer.«
Irre ich mich, oder richten sich bei diesen Worten aller Augen auf mich? Ich sage mir, dass ich mir das nur einbilde. Der Augenblick geht vorüber.
James, dieser Clown, tut so, als habe er die Ringe verloren. Schön wär’s. Wie ein Zauberer holt er sie aus seinem seidenen Taschentuch. Reihum ertönt Gelächter, das sich an der gewölbten Decke bricht.
Die Ringe werden getauscht.
Die Zeremonie ist beendet.
Richard und Sally-Anne sind verheiratet.
Ich frage mich, wie ich mich fühle. Beschissen, lautet die Antwort.
Mutter betupft sich mit einem kleinen Spitzentaschentuch die Augen. Ich werfe einen Seitenblick auf Kat. Sie beißt sich so fest auf die Unterlippe, dass sie schon ganz weiß und blutleer ist. Dad schnäuzt sich in ein überdimensionales Taschentuch. Ich denke, es ist Zeit zu gehen.
Ich ziehe den Kopf vor dem Beschuss mit rosa Konfetti und weißem Reis ein und will gerade über den Kiesweg zum Parkplatz flüchten, als mich Erica abfängt, Sals beste Freundin und erste Brautjungfer. Sie war Schulsprecherin an der Schule, auf die wir beide gingen, ist schrecklich nett und fröhlich und kommandiert einen immer furchtbar herum. Sie hilft James, der seinen Pflichten als Trauzeuge nachkommt und die Gäste für das Hochzeitsfoto aufstellt. Vermutlich hegt sie insgeheim die Hoffnung, die Tradition fortführen zu können, der zufolge Trauzeuge und erste Brautjungfer zueinander finden. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit grinst sie ihn mit Zahnpastalächeln an.
»Bitte lächeln«, verkündet sie strahlend. »Zuerst die Familienfotos. Fliss, du stellst dich hier hin. James, du kommst hier her und wartest mit mir, bis sie uns brauchen.«
Mist. Stammelnd suche ich nach einer Ausrede.
»Äh, also, ich sollte wohl lieber nachsehen, ob alles für den Empfang vorbereitet ist oder ob nicht in letzter Minute eine Katastrophe …«
»Unsinn! Dafür haben wir doch die Catering-Firma bezahlt«, widerspricht sie und strahlt mich ihrer Meinung nach beruhigend an. »Das ist eine erstklassige Firma, Fliss, ich bin sicher, dass sie wunderbar zurechtkommen.« Ich weiß, dass sie erstklassig ist, will ich ihr ins Gesicht spucken, schließlich habe ich sie ausgesucht. Bitte, bitte, lasst mich hier raus! Stattdessen gebe ich nach und lasse mich zu der Stelle führen, wo der verfluchte Fotograf versucht, Sally und Richard abzulichten.
»Und Cheese !«, wiederholt er bei jedem Schuss mit penetranter Stimme, als wir uns zu dem glücklichen Brautpaar gesellt haben.
Es fällt mir unglaublich schwer zu lächeln. Jedes Mal, wenn er sein Cheese von sich gibt, ringe ich mir eine Grimasse ab. Hoffentlich sieht man auf den Bildern nichts außer meinem Hut und meinem Kinn.
Kapitel 7
Adesley Hall ist ein langgestrecktes, honigfarbenes Gebäude im Whystone Valley, das an eine schlafende Katze in der Sonne erinnert. Als sich der Autokorso die lange, von Bäumen gesäumte Auffahrt entlang schlängelt, öffnet die Katze ein Auge, räkelt sich und erwacht zum Leben. Aus dem Inneren dringen hektische Geräusche. Die Feier kann beginnen.
Ich habe Adesley Hall ausgewählt, weil es so romantisch ist. Bei seinem Anblick hat man sofort Visionen von Helden, die sich an den mit Wein bewachsenen, bröckelnden Mauern emporhangeln, um eine holde Maid zu retten, die in einem der zwei Türme gefangen gehalten
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