Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
wird, welche den säulenbestandenen Haupteingang flankieren. Welche Ironie, dass die Romantik, nach der ich mich einst sehnte, mich nun insgeheim zu verhöhnen scheint.
    Es gab keinen Grund für Sally-Anne, die Örtlichkeit zu wechseln. Tatsächlich hätte sie so kurzfristig nichts Vergleichbares gefunden. Also muss ich nicht nur die mitfühlenden, neugierigen, tratschenden Verwandten ertragen, sondern auch die nicht ganz so mitfühlenden, doch nicht minder neugierigen und noch mehr tratschenden Hotelangestellten.
    Ich bin gefahren wie der Teufel, um vor allen anderen hier zu sein und nicht durch ein Meer von Hochzeitsgästen hereinkommen zu müssen.
    Es ist ein sonderbares Gefühl, das Gebäude zu betreten.
    Der große, eichengetäfelte Saal ist noch leer. Die Tische sind mit rosa und weißen Blumen geschmückt, mit rosa und weißer Tischwäsche, rosa und weißen Tischkarten mit goldener Schrift, und in den rechten oberen Ecken der Menükarten sind kleine goldene Engel abgebildet (die waren nicht meine Idee, das kann ich Ihnen versichern).
    »Richard und Sally heißen Sie willkommen« steht auf der Tafel, die den Sitzplan anzeigt, der umstrittener, ausgetüftelter und komplizierter ist als die Magna Carta.
    Der Raum ist ganz rosa, flauschig und kuschelig-romantisch. Meine ursprüngliche Vorstellung ist Sallys betont femininem Touch gewichen. Auch ich bin romantisch, zugegeben, aber ich stehe mehr auf das Wilde, Atemberaubende, nicht auf die kitschige Variante à la Pralinenschachtel oder Valentinsgruß, der der Saal jetzt gleicht.
    Ich erschaudere.
    Irgendwie erinnert er mich an Caros Esszimmer am Abend der Orgie – er ist nicht ganz so geschmackvoll, aber auch nicht ganz so lasziv.
    Der Hotelmanager, mit dem ich so manch nervenaufreibende Stunde über Sitzpläne, Speisenfolge und die Vorzüge verschiedener Weine diskutiert habe, begrüßt mich mit einem verkniffenen Lächeln, als er zum Haupteingang eilt, um die Hochzeitsgesellschaft in Empfang zu nehmen. Seine Mundwinkel zucken nervös, bevor er hastig den Blick abwendet. Zwei junge Kellnerinnen, die mit Tabletts voller Champagner neben dem Eingang warten, sehen ebenfalls zu mir herüber, wechseln einen Blick und fangen an zu kichern.
    Es gelingt mir, mich der offiziellen Begrüßungsaufstellung zu entziehen, indem ich mich auf der Toilette verstecke. Ein Ritual, das meine Mutter nicht bereit war, mir zu ersparen. Sie wollte, dass ich eine halbe Stunde lang Hände schüttele, Küsschen auf Wangen drücke und nett plaudere, dass ich von fragenden Blicken, stillschweigender Bewertung und, schlimmer noch, stillschweigendem Mitleid gefoltert werde.
    Doch es gelingt mir, mich lange genug zu verschanzen, um mich erst ans Ende des Begrüßungskomitees zu stehlen, als bereits die letzten Gäste das Foyer betreten. Deshalb muss ich auch nur irgendeine vertrottelte, alte Urgroßtante küssen, die mich nicht wiedererkennt, Muriel, eine Cousine zweiten Grades aus Australien, die mich sowieso immer mit Sally verwechselt hat und, Jesus Christus, die Königin der Zuspätkommer, Kat Christian.
    Mein übliches Glück.
    Kat scheint die Art Begrüßung perfektioniert zu haben, bei der die Lippen zu beiden Seiten des Gesichts die Luft küssen. Ich sehe, wie ihr knallrot bemalter Mund vage in Richtung von Sallys Wangen zielt, während sie bei Richard deutlich länger verweilt. Irgendwie schaffen ihre Lippen es hier, auf Fleisch zu treffen.
    Wahrscheinlich wird er eine halbe Stunde und eine Flasche Scheuermilch brauchen, um die knallroten Abdrücke abzurubbeln, die sie hinterlassen hat. Ihr Lippenstift ist so dick und glänzend, dass es aussieht, als seien ihre Lippen aus Ton modelliert, bemalt, glasiert und gebrannt worden, bis sie die richtige Form hatten.
    Alex, dem ihre Verspätung unangenehm zu sein scheint, absolviert vor ihr zügig einen nach dem anderen in der Reihe und begeistert meine altersschwachen Verwandten mit seiner umgänglichen Art. Vor mir bleibt er stehen.
    »Nochmal Hallo.«
    Sanft ergreift er meine Hand.
    »Ich schüttele sie lieber nicht, da ich fürchte, dass dir der Arm abfällt, wenn auch nur noch ein Mensch das versucht.«
    »Ehrlich gesagt«, gestehe ich und unterdrücke ein Lächeln, »habe ich gemogelt.«
    Ich erzähle ihm, dass ich mich auf der Toilette versteckt habe, und er bricht in schallendes Gelächter aus. Das bringt mir einen vorwurfsvollen Blick von Mutter ein, weil ich die anderen aufhalte, obwohl Kat noch immer bei Richard herumlungert und

Weitere Kostenlose Bücher