Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
kannst. Ich an deiner Stelle würde vor Wut platzen.«
»Warum aus einer Mücke einen Elefanten machen?« Er zuckt die Achseln. »Kat ist die Königin der Melodramatik, ihr Leben ist eine Inszenierung, in deren Mittelpunkt sie steht. Richard ist ein Akt darin. Es geht nicht um das wirkliche Leben, also lasse ich es nicht zu nahe an mich herankommen. Alles bloß Romeo-und-Julia -Gehabe. Glaubst du wirklich, ihre Romanze wäre auch nur annähernd so heftig, wenn sie frei wären?«
»Wenn sie wirklich so wahnsinnig verliebt waren«, bemerke ich spöttisch, »warum haben sie sich dann überhaupt getrennt?«
Er zuckt die Achseln. »Keine Ahnung. Beide haben mir eine andere Version der Geschichte erzählt.«
»Mir auch.«
»Ich glaube, sie können nicht miteinander leben, aber auch nicht ohne einander.«
»Also müssen sie sich trennen und stattdessen andere unglücklich machen?«, murmele ich und starre wütend zu Richard hinüber, der im Kreise seiner Freunde an der Bar Hof hält. Alex ertappt mich dabei und interpretiert wie alle anderen meine unglückliche Miene falsch.
»Du hast mir nie deine Version erzählt, Fliss. Hast du ihn geliebt?«
Oje, ich höre, wie sich eine Spur von Mitleid in seine Stimme schleicht.
»Am liebsten würde ich dem DJ das Mikrofon aus der Hand reißen und verkünden, dass ich nicht von Richard verlassen wurde und dass ich geradezu außer mir vor Freude darüber bin, dass wir nicht mehr zusammen sind. Ich mache mir nur Sorgen darüber, er könnte meine Schwester nicht wirklich lieben … Und wenn die anderen doch nur endlich aufhören würden, Gerüchte über mich zu verbreiten!«
Er lächelt.
»Tut mir Leid. Ich habe verstanden. Aber warum bist du so sicher, dass er Sally-Anne nicht liebt?«
»Na ja, das Ganze ging doch reichlich schnell, findest du nicht? Und dann noch Kats Bemerkungen über ihre Beziehung … Ach, das Ganze ist so verworren, und ich habe das Gefühl, alles ist meine Schuld!«
Zu meiner Überraschung beugt Alex sich herüber und drückt beruhigend meine Hand.
»Sally ist bezaubernd, und jeder halbwegs kluge Mann würde sich glücklich schätzen, jemanden zu finden, der so geduldig, verständnisvoll und hübsch wie sie ist.«
»Das stimmt«, pflichte ich ihm bei und blicke zärtlich zu meiner Schwester hinüber, die mit ihrer typischen Selbstlosigkeit mit einem ältlichen, müffelnden Verwandten tanzt, dem alle anderen aus dem Weg gehen.
»Glaubst du denn wirklich, Richard hätte Sally geheiratet, wenn er nichts für sie empfände?«
»Wenn ihm das Vorteile verschafft, ja. Richards Motive sind immer absolut selbstsüchtig. Es wäre ein spektakulärer Schachzug zu versuchen, Kat zurückzuerobern. Wenn das Einzige, was sie reizt, seine Unerreichbarkeit ist, dann ist es clever von ihm zu heiraten.«
»Bist du immer so zynisch?«
»Kannst du mir das vorwerfen, wenn es um Richard und meine Schwester geht?«
»Anscheinend willst du nicht, dass sie verletzt wird. Aber wer sagt, dass es so sein muss?«
»Gerade noch hast du mir zugestimmt, dass Kat und Richard ein übles Spiel treiben.«
»Eben, das Ganze ist ein Spiel. Richards Ergebenheit führt dazu, dass Kat sich gut fühlt. Und ihr gefällt die Vorstellung zu glauben, sie mache mich eifersüchtig, weshalb sie sich ebenfalls gut fühlt.«
»Tut sie das?«
»Tut sie was?«
»Dich eifersüchtig machen.«
Er beißt sich auf die Unterlippe und atmet hörbar aus.
»Nicht wirklich. Kat ist egoistisch und narzisstisch. Sie liebt sich selbst und will von jedem geliebt werden. Alle Männer sollen sie absolut unwiderstehlich finden. Richard ist Balsam für ihr Ego. Sie will, dass ich mich unsicher fühle, und Richard soll es genauso ergehen. Sie spürt, dass ihre Gleichgültigkeit das Einzige ist, was uns bei der Stange hält. Die Ironie bei alledem ist, dass sie selbst durch ihre Unsicherheit angetrieben wird. Jetzt, da Richard deine Schwester geheiratet hat, will sie ihn. Es ist Richards Gleichgültigkeit, die sie dazu treibt, ihn zurückzugewinnen. Kat braucht eine Beute. Sie ist wirklich wie eine Katze, die mit der Maus spielt, bis das arme Ding den Löffel abgibt, und dann plötzlich feststellt, dass es ihr den Appetit verschlagen hat.«
»Dann ist sie ein echtes Miststück«, sage ich, ohne nachzudenken. »Oh, entschuldige, dass ich deine Frau so mies mache.«
»Schon in Ordnung«, entgegnet er. Um seinen Mund spielt ein kaum merkliches Lächeln. »Sie ist ein Miststück.«
Versonnen lächeln wir uns
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