Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
Beweis zu stellen, wird dankbar angenommen. Was meine Mutter betrifft, ist Dad ein unnützer Teil ihres Lebens. Für sie ist das so, als entferne man eine Warze. Man hat sich vielleicht daran gewöhnt, dass sie da ist, aber man wird sicher nicht behaupten, sie fehle einem, nachdem sie erst mal weg ist. Nur als Dad ein ziemlich wertvolles Gemälde einpacken will, ein Hochzeitsgeschenk seiner Familie, zeigt sie eine Reaktion – traurigerweise einen Ausdruck reiner Gier.
»Stell das zurück, Drew!«, kreischt sie. »Es war ein Geschenk an uns beide. Du musst mir die Hälfte des Wertes ersetzen, wenn du es mitnehmen willst.«
Wir winken zum Abschied, als Dad und Roger die Straße hinabfahren. Als sie am Ende ankommen, bleibt Dad stehen und wirft uns eine Kusshand zu. Erleichtert sehe ich, dass sowohl er als auch Roger lächeln.
Sally weint still vor sich hin.
»Es ist für alle das Beste«, versuche ich, sie zu trösten. »Sie waren nicht glücklich, Sal. So haben sie wenigstens die Möglichkeit, noch etwas Freude zu erleben.«
»Ich weiß, dass sie nicht glücklich waren, und ich weiß, dass es für beide das Beste ist. Und ich weiß, dass es egoistisch ist, aber für uns wird es nie mehr so sein wie früher, Fliss. Unser Elternhaus wird mir nicht mehr wie unser Elternhaus vorkommen.«
In diesem Elternhaus habe ich mich nie besonders wohl gefühlt, doch ich verstehe Sals Reaktion. Sie hakt sich bei mir unter, als wir langsam ins Haus zurückkehren. Schweigend betreten wir das Wohnzimmer, wo Mutter die verbleibenden Ziergegenstände mit seltsam befriedigter Miene neu arrangiert.
»Gott sei Dank ist es vorüber«, sagt sie, als spräche sie von einem langweiligen Fernsehprogramm.
»Meinst du den Auszug oder eure Ehe?«, kann ich nicht umhin, sie anzufahren. »Wie kannst du ihn einfach so gehen lassen?«
Ich weiß, die Frage klingt merkwürdig, wo ich doch ihre Trennung befürwortet habe, aber ich habe nie verstanden, warum meine Mutter den Gefühlen meines Vaters so gleichgültig gegenüberstand, obwohl er ein so herzensguter Mensch ist.
»Ich flehe ihn doch nicht an zu bleiben«, entgegnet sie und starrt mich eisig an.
»Aus Stolz oder weil er dir einfach schnuppe ist?«
Sie antwortet nicht. Stattdessen starrt sie mich weiter wütend an. Ihre Augen sind so kalt wie ihr anscheinend tiefgefrorenes Herz.
»Hast du ihn je geliebt?«, beharre ich. »Los, sag es mir, warum hast du ihn geheiratet?«
»Weil er mich gefragt hat.«
»Und das ist alles? Willst du damit sagen, du hast ihn nie geliebt?«
»Ich will damit sagen, was ich dir schon tausendmal gesagt habe, obwohl du nie auf mich gehört hast. Zu einer Ehe gehört mehr als das einfältige Ideal von Liebe und Romantik.«
»Ja, Vertrauen und Respekt zum Beispiel, aber die hattest du ja nie, oder?«
»Ich glaube es einfach nicht«, zischt sie. »Die ganze Zeit erzählst du mir, was für eine Farce meine Ehe war, und dann fragst du auch noch, warum ich deinen Vater nicht gebeten habe zu bleiben! Du glaubst vielleicht, du wüsstest alles, was es über die Liebe und das Leben zu wissen gibt, Felicity, aber du hast noch eine ganze Menge zu lernen. Aber auf mich hörst du ja nicht. Du kannst einfach nicht verstehen, was Sicherheit und Stabilität wirklich wert sind. Die Liebe ist ein unbeständiges Gefühl ohne Dauer, darauf kann man kein gutes Leben aufbauen.«
»Nennst du dein Leben etwa ein gutes Leben? Es ist dir total egal, dass dein Mann, mit dem du dreißig Jahre verheiratet warst, dich gerade verlassen hat. Stattdessen verlangst du, ich soll mir für mein künftiges Glück an dir ein Beispiel nehmen! Du hast mir ein Beispiel gegeben, das ich nie vergessen werde! Du hast mich davon überzeugt, dass ich nie ein so elendes Leben wie du führen will!«
Zitternd vor Wut stürze ich aus der Tür. Sally folgt mir nach draußen und schlingt die Arme um mich.
»Das ist für uns alle schwierig«, murmelt sie und legt kurz die Stirn an meine Schulter, bevor sie mich loslässt und mit einem resignierten Lächeln aufzumuntern versucht.
»Ich weiß, ich weiß. Aber Dad scheint ihr einfach egal zu sein.«
»Sie ist nicht wie du, Fliss, sie hat ganz andere Wertvorstellungen. Dafür solltest du sie nicht hassen.«
»Sie hassen?« Mit Tränen in den Augen drehe ich mich zu Sally um. »Das ist das Seltsame daran, ich hasse sie nicht. Ehrlich gesagt tut sie mir Leid.«
Kapitel 9
Das einzig Gute an dieser ganzen vertrackten Angelegenheit ist, dass Sally-Anne und
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