Eine Chance für die Zukunft (German Edition)
Jetzt ist wohl der Moment der Wahrheit gekommen,
denke ich. Ich merke, wie ich mich innerlich anspanne und tief Luft hole, um
ihm etwas zu sagen, was ich schon längst hätte machen sollen.
„Bist du glücklich?“
Ich bin so überrascht von
seiner Frage, dass ich ihn erst nur schweigend anstarre. Langsam sickern seine Worte
zu mir durch und verdrängen, was ich ihm gerade erklären wollte.
Ich denke darüber nach.
Bin ich glücklich? Mit meinem Leben? Ich glaube, ich bin mittlerweile zumindest
zufrieden. Ich verdiene durch meine Bücher jetzt keine Millionen, aber es
reicht zum Leben. Ich habe nicht viele Freunde hier im Ort, eigentlich nur
meine beste Freundin Jules, die allerdings gerade für ein halbes Jahr beruflich
in Japan ist. Trotzdem kenne ich genug Leute hier, um immer menschlichen
Kontakt zu haben, wenn mir danach ist. Meine Eltern und mein Bruder wohnen 160
Meilen entfernt in Boston, trotzdem versuchen sie mir zu helfen, so gut es eben
auf diese Distanz geht, wie auch diese Woche, damit ich mein Buch
fertigschreiben kann. Ihnen fiel es, nach allem was vor vier Jahren passiert
ist, sehr schwer mich hierher ziehen zu lassen. Sie konnten meine Entscheidung
nicht verstehen, aber eigentlich habe ich selbst es nie bereut. Ja, ich glaube
ich bin so glücklich, wie ich es sein kann.
„Wo bist du, Annie? War
die Frage so schwer? Oder zu persönlich?“, seine Stimme dringt leise in mein
Bewusstsein.
„Was? Nein…, ich meine, doch…“,
stotterte ich, noch halb in meinen Gedanken versunken. „Doch, ich glaube, ich
bin glücklich. Warum fragst du?“
„Du wirkst manchmal so
weit weg, nachdenklich, wie in einer anderen Welt.“
Zum Glück rettet mich in
diesem Moment der Kellner, der unsere leeren Teller mitnimmt. Schnell wechsele
ich das Thema. Mir ist der Mut vergangen, ihm mein Geheimnis anzuvertrauen.
„Was machst du eigentlich
hier? Bist du beruflich in der Stadt?“, frage ich ihn endlich, um von mir
abzulenken.
„Ja, sozusagen. Ich habe
gerade den Hauptsitz meiner Firma hierher verlegt. Ich vermittele
Personenschützer an Reiche und Berühmte. Außerdem erstelle ich
Sicherheitssysteme für Privatleute und Firmen. Überwachungskameras,
Alarmanlagen und so etwas. Ich hatte hier in der Gegend mehrere Aufträge und habe
mich ganz einfach in dieses Städtchen verliebt. Ich wollte schon länger aus Boston
weg und naja, hier bin ich nun.“
Ach herrje, mir schießen
mehrere Gedanken auf einmal durch den Kopf. Er hat eine Sicherheitsfirma? Wohnt
und arbeitet er jetzt hier? Ist er kein Tourist? Heißt das, ich werde ihm immer
wieder über den Weg laufen? Ich bin total verwirrt. Damit hatte ich nicht
gerechnet.
„Und wo wohnst du jetzt?“,
frage ich ihn.
„In einem Penthouse,
direkt am Hafen, nur ein paar Minuten vom Coffeeshop entfernt. Wenn du magst,
zeige ich es dir morgen. Man hat einen tollen Blick über die ganze Bucht von da
oben.“
Ah ja, das erklärt, warum
er immer zu Fuß am Hafen ist. Hat er Penthouse gesagt? Das klingt danach, als
hätte er Geld. Zuviel Geld, um an jemandem wie mir interessiert zu sein. Was
mache ich dann hier? Was will er von mir?
Kurze Zeit später hat
Colin bezahlt und wir stehen auf. Er nimmt meine Hand und wir gehen raus auf den
Parkplatz.
„Wollen wir noch einen
Spaziergang auf den Klippen machen? Da oben führt ein Pfad lang, von dem man
eine herrliche Aussicht auf die Stadt hat.“, fragt Colin.
Ich will mich noch nicht
von ihm trennen, nicht zurück nach Hause. Auf einmal kommt mir die Vorstellung
an mein Häuschen einsam vor. Ich möchte nicht einsam sein, nicht heute Abend.
Ich habe nur noch zwei Tage Zeit zu machen, wonach mir gerade ist und das will
ich ausnutzen. Ich möchte die Zeit mit Colin einfach nur genießen. Die letzten
Tage hatte ich das Gefühl, dass die Spannung zwischen uns knistert. Ich möchte
einfach wissen, ob es tatsächlich so ist. Kann jemand wie er, an mir Interesse
haben? Ich möchte wissen, was passiert, wie es weiter geht mit uns.
Langsam gehen wir den
Klippenpfad entlang, Colins Arm liegt um meine Schultern und ich schmiege mich
eng an ihn. In der Ferne sehe ich Schiffe auf dem Meer schaukeln, ein
Leuchtturm schickt sein zuckendes Licht über die Bucht und als wir um eine
Biegung kommen, sehe ich meine kleine Heimatstadt. Es ist atemberaubend, das
alles zu sehen. In der Dunkelheit leuchten die Lichter des Hafens und der
Stadt. Es wirkt, als würde sie sich gegen die felsigen Klippen schmiegen.
„Komm, ein Stück
Weitere Kostenlose Bücher