Eine Chance für die Zukunft (German Edition)
auch einen Kaffee. Ein paar Minuten
später ist Lilly in ihr Zimmer verschwunden. Das kann dauern, bis sie
wiederkommt. Jetzt werden erst einmal alle Kuscheltiere begrüßt, alle
Spielsachen bespielt und das Zimmer wieder neu in Besitz genommen. Dieses Kind
hat so viel Energie, ich weiß nicht, wo sie die immer her nimmt. Wahrscheinlich
sind aber alle Dreijährigen so. Kaum ist Lilly verschwunden sieht meine Mutter
mich an.
„Was ist passiert?“
„Wie kommst du darauf,
dass irgendetwas passiert wäre?“, frage ich zurück.
„Ich kenne dich. Du bist
meine Tochter. Du konntest mir noch nie etwas verheimlichen.“
Das stimmt. Selbst vor
vier Jahren, als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin mit Lilly, hat sie
aus mir alles herausgekriegt. Die ganze Geschichte des Abends der
Wohltätigkeitsfeier.
Okay, dann mal los. Ich
erzähle ihr alles, was letzte Woche geschehen ist. Alles, was ich über Colin
weiß. Sie hat natürlich schon von ihm gehört, aber jetzt hat er auch für sie
einen Namen.
„Colin
Mitchell? DER Colin Mitchell?“
Ich verstehe nicht ganz
was sie damit meint.
„Der Mann von der Party
damals ist DER Colin Mitchell?“
Sie ist total neben der
Spur. Und ich total verwirrt.
„Ich weiß nicht genau. Wer
ist denn DER Colin Mitchell?“, frage ich verunsichert. Ist das jetzt gut oder
schlecht?
„Was, hast du ihn denn nie
gegoogelt?“
Nein, habe ich nicht. Ein
paarmal habe ich darüber nachgedacht, aber eigentlich wollte ich nichts über
ihn wissen, was er mir nicht selbst über sich erzählt. Okay, jetzt komme ich
wohl nicht darum herum. Wenn meine Mutter erst loslegt…
„Colin Mitchell ist der
begehrteste Junggeselle Bostons. Er besitzt eine sehr gut gehende
Sicherheitsfirma, hat sich vom kleinen Personenschützer ganz allein
hochgearbeitet. Außerdem hat er Millionen im Immobiliengeschäft verdient. Ihm
gehört die halbe Stadt.“
Sie übertreibt mal wieder
maßlos! Während ich die neuen Informationen noch verarbeite und was das für
mich und Lilly bedeuten könnte, hätte ich fast verpasst, was meine Mutter noch
sagte.
„Angeblich gehört ihm auch
hier in Boothbay Harbor einiges. Er hat wohl die alten Speicherhäuser am Hafen
vor ein paar Jahren gekauft und komplett sanieren lassen. Weißt du, diese
schicken, teuren Wohnungen mit Blick auf die Bucht.“
Ich verschlucke mich fast
an meinem Kaffee. Was? Die Speicherhäuser, in denen auch sein Penthouse liegt GEHÖREN
ihm? Meine Mutter redet schon weiter.
„Naja, passen würde es ja.
Er ist zumindest Single. In den Klatschzeitungen habe ich gelesen, dass ihm
eine Frau vor ein paar Jahren das Herz gebrochen hat. Sie ist einfach aus
seinem Leben verschwunden und er hat sie nie wieder gesehen. Ist aber schon
eine Weile her. War wohl kurz nachdem du weggezogen warst.“
Mir wird auf einmal heiß
und kalt. Ich merke, wie mir alles Blut aus dem Gesicht weicht und habe
plötzlich einen Kloß im Hals. Ich muss hier weg, brauche ein bisschen Abstand,
um das zu verdauen.
„Ich glaube es ist Zeit
fürs Mittagsessen. Ich geh mal kochen. Würdest du nach Lilly sehen?“ kriege ich
gerade noch krächzend heraus und verschwinde in der Küche, ohne auf ihre
Antwort zu warten.
Nachdem ich Nudelwasser
aufgesetzt habe, spritze ich mir erst einmal kaltes Wasser ins Gesicht. Colin
wurde das Herz gebrochen? War ich…? Nein! Denk nicht so etwas! Ihr hattet nur
einen One-Night-Stand! Ich versuche meine Gedanken zum Schweigen zu bringen,
aber es klappt nicht. Immer wieder kommt dieser Was-wäre-wenn-Gedanke hoch,
gefolgt von Warum-die-letzte-Woche? und Was-will-er-von-mir?
Das Nudelwasser kocht
längst und ich hab noch nicht einmal mit der Soße angefangen. Ich kann mich
nicht konzentrieren. Nicht einmal auf so etwas banales, wie eine Tomatensoße.
Irgendwann steht das Essen auf dem Tisch. Die Nudeln sind verkocht und die Soße
leicht angebrannt. Habe ich auch schon besser hingekriegt…
Naja, Lilly schmeckt es
und meine Mutter guckt mich nur erstaunt an. Nudeln mit Tomatensoße zu kochen
habe ich von ihr gelernt, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Und selbst meine
ersten Versuche waren besser als das hier.
Nach dem Essen macht meine
Mutter sich auf den Heimweg und Lilly einen Mittagschlaf. Ich setze mich jetzt
doch an den Computer und gebe Colins Namen in eine Suchmaschine ein. Meine
Mutter hatte recht. Ich finde tausende von Einträgen und Fotos von ihm. Anscheinend
ist er ein schwerreicher Mogul. Alles was Colin in die Hand nimmt, wird
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