Eine dunkle Geschichte (German Edition)
Minister, der Polizeipräfekt und Malin etwas.«
»Wir wollen Spitzel im Lande lassen«, flüsterte Peyrade Corentin ins Ohr.
»Daran werden Sie umso besser tun, als Sie in der Champagne sind«, entgegnete der Pfarrer, der ein Lächeln nicht unterdrücken konnte, als er das Wort Spitzel auffing, aus dem er den ganzen Zusammenhang erriet.
»Mein Gott,« dachte Corentin, indem er dem Pfarrer gleichfalls mit einem Lächeln antwortete, »hier ist nur ein Mann von Geist; ich kann mich nur mit ihm verständigen; ich werde ihn aushorchen.«
»Meine Herren ...«, begann der Bürgermeister zu den beiden Agenten, denn er wollte einen Beweis von Ergebenheit für den Ersten Konsul liefern.
»Sagen Sie Bürger , denn die Republik besteht noch«, unterbrach ihn Corentin und blickte den Pfarrer spöttisch an.
»Bürger,« fuhr der Bürgermeister fort, »in dem Augenblick, da ich den Salon betrat, noch ehe ich den Mund auftat, stürzte Katharina herein, um die Reitpeitsche, die Handschuhe und den Hut ihrer Herrin zu holen.«
Ein dumpfes Murren des Entsetzens kam aus der Tiefe aller Brüste, nur Gotthard ausgenommen. Alle Augen, außer denen der Gendarmen und Agenten, bedrohten Goulard, den Angeber, mit Flammenblicken.
»Schön, Bürger Goulard«, sagte Peyrade zu ihm. »Jetzt sehen wir klar. Man hat die Bürgerin Cinq-Cygne rechtzeitig gewarnt!« setzte er hinzu, indem er Corentin mit sichtlichem Mißtrauen anblickte. »Brigadier, legen Sie dem kleinen Burschen Daumenschnüre an, und führen Sie ihn in ein besondres Zimmer«, gebot Corentin dem Gendarmen. »Schließen Sie auch das Mädchen ein«, fuhr er fort, auf Katharina deutend. »Du wirst die Durchsuchung der Papiere leiten«, flüsterte er Peyrade ins Ohr. »Durchstöbere alles, verschone nichts. – Herr Abbé«, sagte er vertraulich zum Pfarrer, »ich habe Ihnen wichtige Mitteilungen zu machen.« Und er nahm ihn mit in den Garten.
»Hören Sie mich an, Herr Abbé. Sie scheinen mir ganz den Geist eines Bischofs zu haben, und (niemand kann uns hören) Sie werden mich verstehen: Ich setze meine ganze Hoffnung auf Sie, um zwei Familien zu retten, die sich aus Dummheit in einen Abgrund stoßen lassen wollen, aus dem niemand zurückkehrt. Die Herren von Simeuse und von Hauteserre sind von einem der schuftigen Spione verraten worden, die die Regierungen in alle Verschwörungen einschmuggeln, um deren Ziel, Mittel und Personen zu erfahren. Verwechseln Sie mich nicht mit dem Elenden, der mich begleitet, er ist von der Polizei; ich aber gehöre in sehr ehrenvoller Weise dem Konsulatskabinett an und besitze dessen letztes Wort. Man wünscht das Verderben der Herren von Simeuse nicht. Wenn Malin möchte, daß sie erschossen werden, so will der Erste Konsul, wenn sie hier sind, wenn sie keine schlimmen Absichten hegen, sie am Rand des Abgrunds zurückhalten, denn er liebt gute Soldaten. Der Agent, der mich begleitet, hat alle Vollmachten; ich bin scheinbar nichts; aber ich weiß, wo das Komplott liegt. Der Agent hat Malins Weisungen. Der hat ihm zweifellos seine Protektion, eine Stellung, vielleicht auch Geld versprochen, wenn er die beiden Simeuses finden und ausliefern kann. Der Erste Konsul, der ein wirklich großer Mann ist, begünstigt begehrliche Absichten nicht. Ich will nicht wissen, ob die beiden jungen Leute hier sind,« sagte er, als er eine Gebärde des Pfarrers wahrnahm, »aber sie können nur auf eine einzige Art gerettet werden. Sie kennen das Gesetz vom sechsten Floreal des Jahres X; es begnadigt alle noch im Ausland befindlichen Emigranten unter der Bedingung, daß sie vor dem ersten Vendémiaire des Jahres XI zurückkehren, d.h. im September letzten Jahres. Da aber die Herren von Simeuse sowie die Herren von Hauteserre Kommandos im Heere Condés innehatten, fallen sie unter die in diesem Gesetz vorgesehenen Ausnahmen. Ihre Anwesenheit in Frankreich ist daher ein Verbrechen und genügt unter den jetzigen Umständen, um ihre Mitschuld an einem scheußlichen Komplott darzutun. Der Erste Konsul hat den Fehler dieser Ausnahme erkannt, die seiner Regierung unversöhnliche Feinde schafft. Er möchte die Herren von Simeuse wissen lassen, daß keine Strafverfolgung gegen sie stattfinden wird, wenn sie in einer Bittschrift an ihn erklären, daß sie nach Frankreich zurückkehren, um sich den Gesetzen zu unterwerfen, und versprechen, den Eid auf die Verfassung zu leisten. Sie begreifen, daß dies Schriftstück vor ihrer Verhaftung in seinen Händen sein und um ein paar
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