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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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hinaus.
    In diesem Augenblick trat der Brigadier von Arcis ein, kam auf Corentin zu und sagte ganz leise zu ihm:
    »Ich kenne die Örtlichkeit gut, ich habe in den Nebengebäuden alles durchstöbert; wenn die Burschen sich nicht vergraben haben, ist niemand da. Wir sind dabei, die Fußböden und Wände mit unsern Gewehrkolben abzuklopfen.«
    Peyrade trat wieder ein, winkte Corentin, ihm zu folgen, und führte ihn zu der Bresche des Schloßgrabens. Dort zeigte er ihm den Hohlweg, der ihre Fortsetzung bildete.
    »Wir haben das Manöver erraten«, sagte Peyrade.
    »Und ich,« entgegnete Corentin, »ich will es Ihnen erklären. Der kleine Schlingel und das Mädchen haben die Schafsköpfe von Gendarmen auf die falsche Fährte gelockt, damit das Wild entrinnen konnte.«
    »Wir werden die Wahrheit erst am Tage erfahren«, entgegnete Peyrade. »Dieser Weg ist feucht, ich habe ihn an beiden Enden von zwei Gendarmen sperren lassen; sobald wir sehen können, werden wir an den Fußspuren erkennen, wer hindurchgegangen ist.«
    »Hier sind Fußspuren«, sagte Corentin. »Gehen wir in den Stall.«
    »Wieviel Pferde sind hier?« fragte Peyrade Herrn von Hauteserre und Goulard, als sie mit Corentin wieder in den Salon traten.
    »Nun, Herr Bürgermeister, das wissen Sie doch, antworten Sie!« schrie ihn Corentin an, als er sah, daß der Beamte mit der Antwort zögerte.
    »Nun, die Stute der Gräfin, Gotthards Pferd und das des Herrn von Hauteserre.«
    »Im Stalle sahen wir nur eins«, sagte Peyrade.
    »Das gnädige Fräulein reitet spazieren«, bemerkte Durieu.
    »Reitet Ihr Mündel oft so des Nachts spazieren?« fragte der Wüstling Peyrade Herrn von Hauteserre.
    »Sehr oft,« entgegnete der Biedermann schlicht; »der Herr Bürgermeister wird es Ihnen bestätigen.«
    »Jedermann weiß, daß sie Schrullen hat«, setzte Katharina hinzu. »Vorm Zubettgehen blickte sie den Himmel an, und ich glaube, Ihre Bajonette, die in der Ferne glänzten, haben sie neugierig gemacht. Wie sie mir beim Hinausgehen sagte, wollte sie nachsehen, ob wieder eine neue Revolution stattfände.«
    »Wann ist sie fortgegangen?« fragte Peyrade. »Als sie Ihre Gewehre sah.« »Und auf welchem Wege?« »Das weiß ich nicht.« »Und das andere Pferd?« fragte Corentin. »Das haben mir die Gen-dar-men-men genommen«, flennte Gotthard. »Und wohin wolltest du?« fragte einer der Gendarmen. »Ich folg-te meiner Herr-in zum Pa-acht-hof.« Der Gendarm blickte zu Corentin auf und erwartete einen Befehl, aber Gotthards Sprache war zugleich so falsch und so wahr, so tief unschuldig und so verschlagen, daß die beiden Pariser einander anblickten, wie um sich Peyrades Wort zu wiederholen: »Das sind keine Tröpfe!« Der Edelmann schien nicht Geist genug zu besitzen, um ein Epigramm zu verstehen. Der Bürgermeister war stumpfsinnig. Die Mutter, die vor Angst verblödet war, stellte den Agenten Fragen von dummer Harmlosigkeit. Alle Dienstboten waren tatsächlich im Schlaf überrascht worden. Angesichts dieser kleinen Tatsachen und in richtiger Beurteilung dieser verschiedenen Charaktere begriff Corentin sogleich, daß sein einziger Gegner Fräulein von Cinq-Cygne war. Wie geschickt die Polizei auch sei, sie hat zahllose Nachteile. Sie muß nicht nur alles erfahren, was der Verschwörer schon weiß, sondern sie muß auch tausend Dinge annehmen, bevor sie zu einer einzigen Wahrheit gelangt. Der Verschwörer denkt unablässig an seine Sicherheit, während die Polizei nur zu bestimmten Stunden wach ist. Ohne Verrat wäre nichts leichter, als sich zu verschwören. Ein einziger Verschwörer hat mehr Geist als die Polizei mit ihren gewaltigen Wirkungsmitteln. Corentin und Peyrade fühlten sich geistig gehemmt, wie sie körperlich von einer Tür aufgehalten worden wären, die sie offen geglaubt hätten und die sie mit einem Dietrich öffnen müßten, während Leute, die dahinter standen und kein Wort sagten, sich dagegen stemmten. Sie sahen sich verraten und genasführt, ohne zu wissen von wem.
    »Ich behaupte,« flüsterte der Brigadier von Arcis ihnen ins Ohr, »wenn die beiden Herren von Simeuse und von Hauteserre die Nacht hier verbracht haben, so hat man sie in die Betten der Eltern, des Fräuleins von Cinq-Cygne, der Magd und der Dienstboten gesteckt, oder sie sind im Park spazieren gegangen, denn es ist nicht die mindeste Spur von ihrem Aufenthalt zu finden.«
    »Wer hat sie denn warnen können?« fragte Corentin Peyrade. »Bisher wissen nur der Erste Konsul, Fouche, die

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