Eine dunkle Geschichte (German Edition)
kehren Sie mit verhängten Zügeln nach Cinq-Cygne zurück. Dort sind sie, halten Sie sie auf.«
Als die Öffnung frei war, hörte Michu nichts mehr. Er warf sich mit dem Ohr auf den Boden und sprang rasch wieder auf.
»Sie sind am Waldrand nach Troyes,« sagte er, »ich werde sie zum besten halten!«
Er half der Gräfin hinaus und legte die Steine wieder vor. Als er fertig war, hörte er Laurences sanfte Stimme ihn rufen. Sie wollte ihn zu Pferde sehen, bevor sie selbst aufsaß. Der rauhe Mann hatte Tränen in den Augen, als er mit seiner jungen Herrin einen letzten Blick tauschte, doch ihre Augen blieben trocken.
»Halten wir sie auf, er hat recht!« sagte sie, als sie nichts mehr hörte. Und in langem Galopp sprengte sie nach Cinq-Cygne.
Frau von Hauteserre, die die Revolution noch nicht für beendet hielt und die rasche Justiz jener Zeit kannte, kam wieder zu sich, als sie hörte, daß ihre Söhne in Todesgefahr schwebten, und gewann ihre Kräfte durch die nämliche Gewalt des Schmerzes wieder, die sie ohnmächtig gemacht hatte. Von einer furchtbaren Neugier getrieben, ging sie in den Salon hinunter, dessen Anblick jetzt ein Bild darbot, das des Pinsels eines Genremalers würdig war. Der Pfarrer saß noch immer am Tisch, klapperte mechanisch mit den Spielmarken und beobachtete verstohlen Peyrade und Corentin, die in einer Ecke am Kamin standen und miteinander flüsterten. Mehrmals begegnete Corentins schlauer Blick dem nicht minder schlauen des Pfarrers, doch wie zwei Gegner, die sich gleich stark fühlen und die wieder Stellung nehmen, nachdem sie die Waffe gekreuzt haben, blickten beide rasch wieder fort. Der biedre Hauteserre stand auf seinen zwei Beinen wie ein Reiher neben dem dicken, fetten, großen und geizigen Goulard in der Haltung, die ihm die Bestürzung gegeben. Obwohl in bürgerlicher Kleidung, sah der Bürgermeister noch immer aus wie ein Bedienter. Beide starrten blöde auf die Gendarmen, zwischen denen Gotthard noch immer weinte; seine Hände waren so fest gebunden, daß sie violett und geschwollen waren. Katharina stand nach wie vor in ihrer einfältig naiven, aber undurchdringlichen Haltung da. Der Brigadier, der nach Corentins Wort die Dummheit begangen hatte, diese guten Kinder zu verhaften, wußte nicht mehr, ob er gehen oder bleiben sollte. Er stand tief nachdenklich mitten im Salon, die Hand auf den Griff seines Säbels gestützt und den Blick auf die beiden Pariser geheftet. Die bestürzten Durieus und alle Leute des Schlosses bildeten eine schöne Gruppe, als ob sie die Besorgnis darstellen wollten. Ohne Gotthards krampfhaftes Schluchzen hätte man die Fliegen summen hören.
Als die Mutter verängstigt und bleich die Tür öffnete und fast gezogen von Fräulein Goujet eintrat, deren rote Augen geweint hatten, wandten sich alle Blicke den beiden Frauen zu. Die beiden Agenten hofften und die Schloßbewohner zitterten ebensosehr, Laurence eintreten zu sehen. Die unwillkürliche Bewegung der Leute wie der Herrschaft schien wie von einer jener Mechaniken hervorgerufen zu sein, durch die Holzfiguren ein und dieselbe Gebärde machen oder mit den Augen zwinkern.
Frau von Hauteserre trat mit drei großen überstürzten Schritten auf Corentin zu und sagte mit stockender, aber heftiger Stimme:
»Erbarmen, Herr, was legt man meinen Söhnen zur Last? Und glauben Sie denn, daß sie hier waren?«
Der Pfarrer, der sich beim Anblick der alten Dame zu sagen schien: »Jetzt wird sie eine Dummheit machen!« blickte zu Boden.
»Meine Pflicht und der Auftrag, den ich ausführe, verbieten mir, es Ihnen zu sagen«, entgegnete Corentin mit liebenswürdig spöttischer Miene.
Diese Abweisung, die die abscheuliche Höflichkeit des Gecken noch unerbittlicher machte, ließ die alte Mutter zu Stein erstarren. Sie sank neben dem Abbé Goujet in einen Lehnstuhl, faltete die Hände und betete.
»Wo habt Ihr diesen Greiner erwischt?« fragte Corentin den Brigadier und wies auf Laurences kleinen Stallknecht.
»Auf dem Wege zum Pachthof, an der Parkmauer. Der Bursche wollte nach dem Walde von Closeaux.«
»Und das Mädchen?«
»Die hat Olivier erwischt.«
»Wohin lief sie?«
»Nach Gondreville.«
»Sie wandten sich den Rücken?«
»Jawohl«, entgegnete der Gendarm.
»Ist das nicht der kleine Diener und die Zofe der Bürgerin Cinq-Cygne?« fragte Corentin den Bürgermeister.
»Jawohl«, entgegnete Goulard.
Peyrade wechselte flüsternd ein paar Worte mit Corentin und ging alsbald mit dem Brigadier
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