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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Tage zurückdatiert sein muß; ich kann es überbringen ... Ich frage Sie nicht, wo die jungen Leute sind«, sagte er bei einer neuen verneinenden Gebärde des Pfarrers. »Wir sind leider sicher, sie zu finden. Der Wald wird bewacht, die Zugänge von Paris sind besetzt, ebenso die Grenze. Hören Sie mich wohl an! Sind die Herren zwischen dem Wald und Paris, so werden sie gefaßt. Sind sie in Paris, so wird man sie finden, kehren sie um, so werden die Unglücklichen verhaftet. Der Erste Konsul liebt die früheren Adligen und kann die Republikaner nicht leiden. Das ist ganz einfach: wenn er einen Thron will, muß er die Freiheit erdrosseln. Dies Geheimnis bleibt unter uns. Nun, also! Ich warte bis morgen; ich werde blind sein. Aber mißtrauen Sie dem Agenten. Dieser verdammte Provenzale ist der Kammerdiener des Teufels, er hat Fouches letztes Wort, wie ich das des Ersten Konsuls habe.«
    »Wenn die Herren von Simeuse hier sind,« sagte der Pfarrer, »so gäbe ich zehn Liter meines Blutes und einen Arm, um sie zu retten. Aber wenn Fräulein von Cinq-Cygne ihre Vertraute ist, so hat sie – das schwöre ich bei meiner Seligkeit – nicht den geringsten Vertrauensbruch begangen und mich nicht beehrt, mich um Rat zu fragen. Jetzt bin ich sehr zufrieden über ihre Verschwiegenheit, wenn anders es Verschwiegenheit war. Wir haben gestern abend wie allabendlich in tiefster Stille bis halb elf Uhr Boston gespielt und nichts gehört. Es kommt kein Kind durch dies einsame Tal, ohne daß ein jeder es sieht und erfährt, und seit vierzehn Tagen ist kein Fremder erschienen. Nun aber bilden die Herren von Hauteserre und Simeuse für sich allein einen Trupp von vier Mann. Der Edelmann und seine Frau haben sich der Regierung unterworfen und alles Erdenkliche versucht, um, ihre Söhne zurückzubekommen; noch vorgestern haben sie ihnen geschrieben. Daher war bei meiner Seele und meinem Gewissen Ihr Erscheinen hier nötig, um meinen festen Glauben zu erschüttern, daß sie sich in Deutschland befinden. Unter uns gesagt, läßt hier außer der jungen Gräfin jedermann den hervorragenden Eigenschaften des Herrn Ersten Konsuls Gerechtigkeit widerfahren.«
    »Ein Fuchs!« dachte Corentin. »Wenn die jungen Leute erschossen werden, so hat man es selbst gewollt!« entgegnete er laut. »Jetzt wasche ich mir die Hände in Unschuld.«
    Er hatte den Abbé Goujet an eine vom Mond hell beschienene Stelle geführt und sah ihn plötzlich an, als er diese Schicksalsworte sprach. Der Priester war tief betrübt, aber wie ein überraschter Mensch, der von nichts wußte.
    »Verstehen Sie doch, Herr Abbé,« fuhr Corentin fort, »daß ihre Anrechte auf das Gut Gondreville sie in den Augen der Leute in untergeordneter Stellung doppelt verbrecherisch machen! Kurz, ich möchte, daß sie mit Gott zu tun haben und nicht mit seinen Heiligen.«
    »So handelt es sich um eine Verschwörung?« fragte der Abbé naiv.
    »Eine gemeine, hassenswerte, feige Verschwörung die dem hochherzigen Geist der Nation so widerstrebt, daß sie mit allgemeiner Schande bedeckt wird«, antwortete Corentin.
    »Nun, Fräulein von Cinq-Cygne ist einer Feigheit nicht fähig!« rief der Pfarrer aus.
    »Herr Abbe«, fuhr Corentin fort, »sehen Sie, es gibt für uns (stets unter uns gesagt) handgreifliche Beweise für ihre Mitschuld, aber noch nicht genug für die Justiz. Bei unserem Nahen hat sie die Flucht ergriffen. .. Und doch hatte ich Ihnen den Bürgermeister geschickt...«
    »Ja, aber für einen, dem soviel daran liegt, sie zu retten, folgten Sie dem Bürgermeister etwas zu sehr auf dem Fuße«, sagte der Abbe.
    Bei diesem Wort blickten beide Männer einander an, und alles war zwischen ihnen gesagt. Beide gehörten zu jenen tiefen Anatomen des Denkens, denen ein einziger Tonfall, ein Blick, ein Wort genügt, um eine Seele zu erraten, genau wie der Wilde seine Feinde an Zeichen errät, die dem Auge eines Europäers unsichtbar sind.
    »Ich glaubte, etwas aus ihm herauszulocken, und ich habe mich selbst nur aufgedeckt«, dachte Corentin.
    »Ach, der Racker!« sagte sich der Abbe.
    Als Corentin und der Abbe wieder in den Salon traten, schlug es von der alten Kirchturmuhr Mitternacht. Man hörte Zimmer- und Schranktüren öffnen und schließen. Die Gendarmen deckten die Betten auf. Peyrade durchwühlte und durchstöberte alles mit dem raschen Verständnis des Spions. Diese Plünderung erregte Schrecken und zugleich Entrüstung bei den treuen Dienstboten, die immer noch regungslos dastanden.

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