Eine dunkle Geschichte (German Edition)
es von 1799 bis 1806 sogenannte Sondergerichte, die in gewissen Departements bestimmte Anschläge ohne Geschworene aburteilten; sie bestanden aus Zivilrichtern, die zu einem besonderen Gerichtshofe zusammentraten. Der Konflikt zwischen den Sondergerichten und den Kriminalgerichten führte zu Kompetenzstreitigkeiten, die der Kassationshof entschied. Hätte das Departement Aube sein Sondergericht gehabt, so wäre das Attentat auf einen Senator der Kaiserreichs ihm zweifellos überwiesen worden, aber dies friedliche Departement hatte keine Ausnahmegerichte. Grévin schickte also den Unterleutnant zum Direktor der Jury in Troyes. Der Ägyptenkämpfer sprengte mit verhängten Zügeln hin und kehrte dann in Begleitung dieses fast unumschränkten Richters nach Gondreville zurück.
Der Direktor der Jury von Troyes war ein früherer Amtmann, ein früherer besoldeter Sekretär eines Konventsausschusses und ein Freund Malins, der ihm seine Stellung verschafft hatte. Dieser Richter, namens Lechesneau, ein rechter Praktikus der alten Strafjustiz, hatte Malin ebenso wie Grévin bei seinen juristischen Arbeiten im Konvent viel geholfen, und so empfahl Malin ihn an Cambacérès, der ihn zum Generalstaatsanwalt in Italien ernannte. Zum Unglück für seine Laufbahn hatte Lechesneau ein Verhältnis mit einer großen Dame in Turin angeknüpft und Napoleon mußte ihn absetzen, um ihn einem Strafprozeß zu entziehen, den der Gatte wegen Entführung eines außerehelichen Kindes angestrengt hatte. Lechesneau, der Malin alles verdankte und die Bedeutung eines solchen Attentats erriet, hatte den Gendarmeriehauptmann und eine Abteilung von zwölf Mann mitgebracht.
Bevor er aufbrach, hatte er sich natürlich mit dem Präfekten verständigt, der aber, da es dunkel wurde, den optischen Telegraphen nicht mehr benutzen konnte. Man schickte eine Stafette nach Paris, um den Polizeiminister, den Oberrichter und den Kaiser von diesem unerhörten Verbrechen zu benachrichtigen. Lechesneau fand im Salon von Gondreville die Damen Marion und Grévin, Violette, den Kammerdiener des Senators und den Friedensrichter nebst seinem Schreiber. Haussuchungen waren bereits im Schloß erfolgt. Mit Grevins Beihilfe nahm der Friedensrichter sorgfältig die ersten Elemente der Voruntersuchung auf. Der Richter war zunächst betroffen von den schlauen Berechnungen, die sich aus der Wahl des Tages und der Stunde ergaben. Die Stunde verbot es, sofort Indizien und Beweise zu sammeln. Zu dieser Jahreszeit war es um halb sechs Uhr, als Violette die Delinquenten hätte verfolgen können, schon fast dunkel, und für Missetäter ist die Nacht oft gleichbedeutend mit Straflosigkeit. Die Wahl eines Tages der Lustbarkeiten, wo jedermann nach Arcis ging, um sich den Maskenzug anzusehen, und wo der Senator allein zu Hause sein mußte, schloß alle Zeugen aus.
»Alle Achtung vor dem Scharfsinn der Agenten der Polizeipräfektur«, sagte Lechesneau. »Sie haben uns immerfort vor den Adligen von Cinq-Cygne gewarnt und uns gesagt, sie würden früher oder später einen schlimmen Streich spielen.«
Da Lechesneau des Eifers des Präfekten der Aube sicher war, der Stafetten zu allen Präfekturen der Umgegend von Troyes schickte, um die Spuren der fünf Maskierten und des Senators zu suchen, begann, er, die Grundlagen der Untersuchung zu legen. Diese Arbeit war bei zwei so guten juristischen Köpfen wie Grévin und der Friedensrichter bald vollbracht. Dieser, namens Pigoult, ein früherer erster Schreiber in dem Pariser Bureau, wo Malin und Grevin die Rechtspraxis gelernt hatten, wurde drei Monate darauf zum Gerichtspräsidenten in Arcis ernannt. Was Michu betraf, so kannte Lechesneau die Drohungen, die jener früher gegen Marion ausgestoßen, und den Hinterhalt, dem der Senator in seinem Park entgangen war. Diese beiden Tatsachen, deren eine die Folge der andern war, mußten die Voraussetzungen des jetzigen Attentats sein und stempelten den ehemaligen Verwalter umso mehr zum Führer der Missetäter, als Grévin, dessen Frau, Violette und Frau Marion erklärten, unter den fünf Maskierten einen Mann erkannt zu haben, der Michu völlig glich. Die Haar- und Bartfarbe, die untersetzte Figur des Mannes machten seine Verkleidung fast überflüssig. Wer außer Michu hätte auch das Tor von Cinq-Cygne mit einem Schlüssel öffnen können? Als der Verwalter und seine Frau aus Arcis zurückkamen und verhört wurden, sagten sie aus, sie hätten beide Tore verschlossen. Als die Tore von dem
Weitere Kostenlose Bücher