Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine dunkle & grimmige Geschichte

Eine dunkle & grimmige Geschichte

Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Gidwitz
Vom Netzwerk:
war einmal ein Herzog, der von einem Jagdausflug nach Hause zurückkam.
    Im großen Saal warteten die Adeligen seines Herzogtums. Jedes Jahr brachte der Herzog eine große Beute von seiner Jagd mit nach Hause, und die Herren und Damen sagten Oh und Ah und wurden dann zu einem Festessen eingeladen.
    Es gab eine große Aufregung, als der Herzog endlich den Saal betrat. Die Herren und Damen jubelten und verbeugten sich, winkten und schüttelten Hände. Trompeten ertönten, dann kamen die Jäger herein.
    Aber der erste Jäger brachte keine Beute mit. Die Adeligen wunderten sich, aber der Herzog lächelte gelassen. Der zweite Jäger brachte auch nichts mit. Der Herzog lächelte immer noch gelassen. Auch der dritte brachte nichts mit. Auch der vierte – nichts. Die Herren und Damen fragten sich, ob das ein Witz sei. Einer der adeligen Herren begannzu lachen, doch der Herzog sah ihn so wütend an, dass er sofort verstummte und wenig später all seine Besitztümer verkaufte und in ein benachbartes Königreich zog.
    Wieder kamen zwei Jäger in die Halle und wieder brachten sie keine Beute mit.
    Der Herzog wandte sich an seine Gäste: »Sehr geehrte Damen und Herren!«, sagte er. »Ich präsentiere Ihnen die schlechteste – und gleichzeitig beste – Jagdbeute, die ich je hatte. Noch nie habe ich so wenig erlegt, dafür aber auch noch nie etwas so Seltenes.«
    Es kamen zwei weitere Jäger herein. Sie trugen einen Stock, an dem hing das seltsamste, bizarrste Tier, das sie je gesehen hatten. Es sah aus wie eine Mischung aus Wolf und Mann, Bär und Junge.
    Die Damen schrien, die Herren schnappten nach Luft und ein Diener kippte vor Schreck um.
    Die Jäger nahmen ihre glänzenden Messer zur Hand und schnitten die tote Kreatur von dem Stock los. Der Herzog betrachtete die Szene voller Stolz. Sie würden dem Tier das Fell abziehen und den Kopf abtrennen und beides an der Wand der Halle aufhängen.
    Warnung: Was jetzt kommt, ist ein bisschen eklig.
    Die beiden Jäger setzten ihre Messer auf der Haut des Tieres an, direkt unter dem Kiefer. Sie begannen dem Tier das Fell abzuziehen. Das Messer glänzte rot. Fleischklumpen und Haare hingen an der Klinge. Die adeligen Herren und Damen beobachteten die Szene mit einer Mischungaus Abscheu und Faszination. Der Herzog lächelte voller Freude. Keiner außer ihm würde das Fell und den Kopf eines solchen Monsters besitzen.
    Doch schon bald begannen die Bewegungen der Jäger zu stocken. Einer von ihnen sprang auf und rief: »Es ist nicht richtig! Es ist gegen Gott!«
    Ein anderer Jäger sprang für ihn ein, aber schon kurz darauf brach er weinend zusammen und sagte, dass das Tier etwas »schrecklich Unnatürliches« an sich hätte.
    Schließlich blieb nur ein einziger Jäger, der bereit war, das Tier zu häuten. Es war ein grauhaariger, alter Mann, der mit gefletschten Zähnen langsam und vorsichtig seine Aufgabe zu Ende brachte.
    Er trat von dem toten Körper zurück, damit alle ihn sehen konnten, bevor er ihm den Kopf abschnitt. Ein Raunen ging durch die Menge.
    Denn unter dem Tierfell war noch eine weitere Haut, eine menschliche Haut. Und unter der tierischen Gestalt war noch eine weitere, eine menschliche Gestalt: der blutgetränkte Körper eines Jungen.
    Vorsichtig ging der grauhaarige, alte Mann zu dem Kopf des Tieres. Er schnitt in die Haut des Tieres. Aber anstatt den Nacken zu durchtrennen, schälte er die oberste Schicht aus Haut und Fell ab. Nach ein paar Minuten trat er wieder zurück.
    Auf dem Boden in der Mitte der großen Halle lag der nackte, blutbefleckte Körper eines Jungen.
    »Ich werde nicht weitermachen«, sagte der Jäger. »Er atmet.«
    Nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte und ein Doktor gekommen und wieder gegangen war, verkündigte der Herzog, dass er nicht nur der erste Jäger war, der einen Tier-Jungen getötet hatte, sondern auch der einzige, der den Tier-Jungen nicht getötet hatte (was einigen im Saal einiges an Kopfzerbrechen bereitete). Dann stellte sich die Frage, wer sich um den blutigen, bewusstlosen Jungen kümmern würde. Ein Lord und eine Lady, die nie Kinder gehabt hatten, stellten sich zur Verfügung. Und der Junge wurde zu ihrem Landsitz gebracht, und man sorgte sich um ihn, so gut wie man sich nur um einen Jungen sorgen kann.
    Als er nach ein paar Tagen aufwachte, erzählte er ihnen, dass sein Name Hänsel war.
    Hänsel fühlte sich auf dem großen Landsitz der adeligen Dame und des adeligen Herren wohl. Aber glücklich war er nicht.
    Es

Weitere Kostenlose Bücher