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Eine dunkle & grimmige Geschichte

Eine dunkle & grimmige Geschichte

Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Gidwitz
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hinüberbringen.
    »Ich fahre sieben Jahre lang auf dieser Fähre und ich kann nicht aussteigen!«, sagte der Fährmann. »Ich bin todmüde! Meine Arme sind vollkommen erschöpft, ich habe schon seit Jahren nicht mehr richtig geschlafen, und du willst gar nicht hören, wie es auf meiner Toilette aussieht.«
    »Warum kannst du nicht aussteigen?«, fragte der alte Mann.
    »Nur der Teufel weiß, warum!«, sagt der Fährmann und warf die Hände in die Luft.
    So sagte Hänsel: »Ich bin auf dem Weg zum Teufel. Vielleicht kann ich ihn fragen, warum das so ist, und falls ich zurückkehre, dann komme ich her und erzähle es dir.«
    »Ich meinte nicht wirklich , dass der Teufel es weiß. Warte mal, hast du gesagt, dass du zur Hölle gehst?«, fragte der Fährmann. »Aber warum?«
    »Nur der Teufel weiß, warum«, antwortete Hänsel.
    Der Fährmann kratzte sich am Kopf. Aber dann sagte er: »Na gut, wenn du versprichst, dass du zurückkommst und mir erzählst, warum ich hier festsitze, dann bringe ich dich rüber.« Und so geschah es.
    Am Ende des dritten Tages, als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, gelangten der alte Mann und Hänsel an die hohe, schwarze Pforte der Hölle. Hänsels Knie begannen zu zittern. Die Pforte führte direkt in den Untergrund. Es gab keinen Türgriff und keine Klingel. Sie war geschmeidig und schwarz. Wie die Ewigkeit.
    »Sei tapfer«, sagte der alte Mann. »Und hol dir die drei goldenen Haare.«
    »Das werde ich«, erwiderte Hänsel. Aber sicher war er sich nicht.
    Hänsels Hände zitterten so sehr, dass er drei Anläufe brauchte, um an die große Tür zu klopfen. Aber sobald seine Knöchel die Pforte berührten, öffnete sie sich und zwei Paar lange, rote Arme packten ihn und zogen ihn hinein. Die Tür knallte hinter ihm zu.
    Der treue Johannes setzte sich auf den Boden und wartete. Er fragte sich, wie lang die Ewigkeit wohl dauert.
    Hänsel stand hinter der Pforte zur Hölle und sah sich um. Er befand sich in einer Höhle. Über ihm war eine niedrige Decke mit Felsspitzen. Von den Spitzen tropfte eine rote Flüssigkeit, die aussah wie Blut. Aber obwohl die Höhle eine Decke hatte, waren ringsherum keine Wände zu sehen. Tausende von Wegen führten in alle Richtungen, Pfade, die sich um Millionen von Kratern aus sprudelndem, kochendem, flüssigem Feuer wanden. In jedem Krater schrie ein Sünder, während ihn rotarmige Dämonen unter das flüssige Feuer drückten. Die Sünder schlugen um sich und zuckten, während sie nach unten gehalten wurden. Ab und zu ließen die Dämonen sie an die Oberfläche, und die Sünder schrien und weinten und sagten, dass es ihnen leidtue, und bettelten: »Bitte, ein ganz liebes, zuckersüßes Bitte.« Dann drückten die Dämonen sie wieder ins Feuer, wo sie keine Luft bekamen und sich verbrannten.
    »Gefällt dir das?«, fragte ein Dämon Hänsel.
    Er und ein anderer Dämon packten Hänsel an den Armen und führten ihn auf einem Pfad aus glühender Asche zwischen den Feuerherden hindurch. Hänsels Fußsohlen begannen zu brennen und er hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Aber viel schlimmer als der Schmerz an seinen Sohlen war der Chor von schreienden Sündern, die aus den Feuerkesseln auftauchten und wieder zurückgestoßen wurden. Dabei sahen sie aus wie höllische Stehaufmännchen.
    Als sie an einem der Krater vorbeikamen, tauchte eine korpulente Frau unter dem kochenden, flüssigen Feuer hervor und rief: »Bitte hört auf, bitte!«
    Hänsel starrte sie an. Es war die Bäckersfrau. Sie erkannte ihn ebenfalls. »Hänsel!«, rief sie. »Es tut mir leid! Es tut mir so leid! Sag ihnen, dass sie aufhören sollen! Bitte sag ihnen, sie sollen aufhören! Bitte! Ein ganz liebes Bitte!«
    Ein Dämon mit einer Mistgabel drückte sie zurück unter das kochende Feuer.
    Hänsel ging langsamer. Er hasste die Bäckersfrau. Sie war böse. Er war froh, dass sie für ihre Taten bestraft wurde, für das, was sie ihnen angetan hatte und all den anderen Kindern, die sie gegessen hatte. Ja , dachte er, als er dabei zusah, wie sie wieder zur Oberfläche kam und schrie und dann wieder gequält und nach unten gedrückt wurde. Ja, bestraft sie.
    Aber als sie wieder auftauchte, sah er die Angst in ihrem Gesicht und die Reue und hörte ihr Flehen. Sie verdiente es, bestraft zu werden. Aber nicht so. Und nicht bis in alle Ewigkeit.
    »Würdet ihr bitte aufhören?«, sagte Hänsel.
    Der Dämon mit der Mistgabel drehte sich zu Hänsel. »Was?«, zischte er.
    Hänsel schluckte hart. Er

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