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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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dummen Menschen sein. Das Ziel eines ernsthaften und vor allem alten Menschen ist nicht der Ruhm, sondern seine Kräfte auf beste Weise einzusetzen. [...] Als kluger Mensch mit Lebenserfahrung – für einen solchen halte ich mich – kann ich nicht verkennen, daß das einzige Wohl, welches das Gewissen gutheißen kann, in jener Arbeit liegt, welche ich am besten zu tun vermag und welche ich für gottgefällig und den Menschen nützlich halte. Dies ist das Motiv, das mich in meiner Arbeit leitet, und was den Ruhm betrifft, so habe ich mir vor langer Zeit schon folgende Frage gestellt: Arbeitete ich ebenso, wenn ich niemals erführe, ob die Menschen meine Werke gutheißen? Und ich antworte aufrichtig, ja, selbstverständlich, ich arbeitete ebenso. Ich sage nicht, daß ich gegen Anerkennung der Menschen gleichgültig wäre, ich freue mich über Anerkennung, doch sie ist nicht der Grund, das Motiv meiner Arbeit.
    Ich schreibe dies besonders auch deshalb, da ich Dir, liebe Sonja, eine solche Aufgabe wünschte, eine Aufgabe, bei der Du gewiß sein könntest, daß das, was Du tust, das Beste ist, was Du tun kannst, und bei deren Verrichtung Du ruhig und gelassensein könntest vor den Menschen und vor Gott. Deine Aufgabe war die Erziehung der Kinder, die Du voller Selbstentsagung und gut bewältigt hast. Dir ist das Gefühl der Pflichterfüllung bekannt, und Du weißt, daß Du dies nicht aufgrund von Ruhm getan hast. [...] Welcher Art Deine Aufgabe nunmehr sein kann, weiß ich nicht, und ich kann es Dir auch nicht sagen, doch es sollte eine Aufgabe sein, die Dir entspricht, wichtig und erhaben ist, der Du Dein gesamtes Leben widmen kannst, wie es jeder tut, der seine Bestimmung gefunden hat. Deine Bestimmung aber ist es keineswegs, Klavier zu spielen und Konzerte zu besuchen.
    Wie sehr wünschte ich mir, liebste Sonja, Du nähmest alles, was ich in diesem Brief gesagt habe, mit eben jener Liebe, Uneigennützigkeit, Selbstentsagung und dem einzigen Wunsch für Dein Wohlergehen an, wie ich sie empfinde. – Ich arbeite wieder intensiv an den Änderungen der »Kunst«. Überdenke dies und jenes. Ich bin vollauf gesund, gerade war ich mit Ljowa und den Dorfjungen Schlittschuhlaufen. Es war sehr schön! Der ganze große Teich ist glatt wie ein Spiegel. Warum gehst Du nicht Eislaufen? Ich bin überzeugt, es täte Dir gut. Um 3 Uhr erst zu Bett zu gehen ist überaus schlecht. Ich küsse Dich fest.
    L.T.

1898
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    3. Mai 1898
    [Moskau]
    Soeben erhielt ich Deinen Brief, lieber Ljowotschka, und bin froh, daß bei Euch alles in Ordnung ist und Du wohlauf bist. [...]
    Ich habe immer noch Rückenschmerzen, allerdings schon etwasweniger. Die ganze Zeit war ich vollauf beschäftigt. Der Frühling versetzt mich in Trauer, weil ich das Gefühl habe, daß er ganz an mir vorübergeht. Was Dich betrifft, so dachte ich gerade, daß es absolut unnötig ist, daß Du unzufrieden bist, weil Du nicht arbeitest; auch in früheren Zeiten hast Du im Sommer nicht geschrieben, und jetzt hast Du so viel anderes zu tun! Gib auf Dich acht, das ist das Wichtigste. Es tut mir so wohl, daß Du in Deinen Briefen so aufmerksam gegen mich bist. Was ich brauche, sind nicht Zärtlichkeiten (seien sie auch angenehm), sondern Wahrhaftigkeit, Klarheit. Ich kann nachempfinden, wie es Dir ergeht, und dies ist es, was ich brauche. [...]
    Schreibe mir bitte, wann Du nach Jasnaja zu fahren gedenkst. Sascha hat eine neue Gouvernante, und ich möchte, daß sie mit ihr am 14. oder 15. Mai dorthin fährt. Die Zeit vergeht sehr schnell. Mischa lernt bis jetzt sehr fleißig, doch er braucht nach wie vor strenge und liebevolle Unterstützung. Hier erreicht ihn eine Einladung zum Picknick nach der anderen, doch er hat bisher alle ausgeschlagen.
    Was es noch zu berichten gibt, wird Mascha Dir erzählen. [...] Ich küsse Dich, die Kinder und die Enkel.
    Deine S. Tolstaja.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [12. Mai 1898]
    [Grinjowka 156 ]
    Liebe Sonja,
    soeben erhielt ich Deinen Brief, den Serjosha mitbrachte. Wie leid tut es mir doch, daß Du immer noch kränkelst. Baldmöglichst brauchst Du das Land, Spaziergänge, Badengehen und Stille. Ich habe Dir geschrieben, daß ich nach Jasnaja komme, wenn auch Du schließlich dorthin übersiedelst. In den zwei Wochen, die bis zum 28. oder 29. bleiben, werden wir hier alles, gebe es Gott, auf den Weg bringen. Seit gestern ist die Arbeitinsofern vorangekommen,

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