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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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küsse ich. Gebe Gott, daß Ihr alle gesund und glücklich bleiben möget. Auch wir sind hier glücklich, soweit uns dies ohne Euch möglich ist.
    [...] Tanja möchte noch etwas hinzufügen, das ich nicht lesen soll. 57
    Sonja.

1883
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [29. April 1883]
    [Jasnaja Poljana]
    Gerade war ich bei jenen, deren Häuser abgebrannt sind 58 . Es ist traurig, furchtbar und erhaben – diese Kraft, Unabhängigkeit und Gewißheit in die eigene Kraft und ihr Gleichmut. – Die größte Not ist nun am Hafer für die Aussaat. Sage bitte meinem Bruder Serjosha, er möge mir, wenn ihn dies nicht in Verlegenheit bringt, eine Mitteilung schicken, damit ich nach Pirogowo um hundert Tschetwert 59 Hafer schicken lassen kann. Er möge den Preis, zu dem er ihn regulär verkaufte, berechnen. Wenn er einverstanden ist, so schicke mir seinen Brief oderbringe ihn mit. Oder telegraphiere besser Serjoshas Antwort, damit ich weiß, ob wir von ihm Hafer erhalten oder nicht, denn wenn nicht, müßte ich anderswo kaufen. –
    Ilja ist auf die Jagd gegangen, ich war nicht in Stimmung dazu und wanderte über die Felder. Heute abend gehe ich auf Schnepfenjagd.
    Ich fürchte, daß Du Dich allzusehr mit dem Packen schindest. Ich weiß ja, daß dies eine große Plackerei ist; aber man kann auch Mitleid mit sich selbst haben und sich nicht überarbeiten. –
    Ich küsse Dich und alle anderen.
    L.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [29. Mai 1883]
    [Landgut im Gouvernement Samara]
    Sonntag morgen. Gestern war es eine Woche, daß ich abreiste. In den ersten Tagen – ob des Kumyses wegen oder aus einem anderen Grund – fühlte ich Schwermut, jetzt bin ich besserer Stimmung; doch gestern wanderte ich weit, bis nach Karalyk und trank dort zu viel frischen Kumys, danach fühlte ich mich krank. Es sind meine üblichen Leberbeschwerden. [...]
    Bis jetzt habe ich meine Vorsätze – zu schreiben – nicht umgesetzt. Der Kumys macht mich tumb, und der Wirtschaftsangelegenheiten sind es so viele. Das Vieh, die Pferde und die Gebäude – das alles verkaufe ich, das Land verpachte ich, ich habe es in fünf Gemarkungen aufgeteilt. Für das am entferntesten liegende Stück Land wird 1 R[ubel] 30 K[opeken] für die Desjatine im voraus bezahlt. So können wir also das gesamte Land für 8 t[ausend] verpachten. [...] Ich hoffe, daß diese unsere Orientfrage – Samara – bald auf immer entschieden wird. Unsere Kinder, die auf Besitz angewiesen sind, werden zufrieden sein, daß wir das Land hier erworben und nicht wieder verkaufthaben. Sollen sie später einmal damit tun, was immer sie möchten. [...]
    Das Wetter hier ist wunderschön. Die Steppe ist grün und freundlich, es wird eine gute Ernte erwartet. Ich gehe viel herum, und zu Hause lese ich toujours avec un nouveau plaisir 60 in der Bibel. Briefe habe ich noch nicht erhalten. [...]
    Ich erwarte nun Serjosha, werde sehr glücklich sein, wenn er kommt. – Wie geht es Euch allen? Wie geht es Dir? Ich wünsche Dir, ebenso gelassen zu sein wie ich. [...] Lebe wohl, mein Herz, ich küsse Dich und alle Unsrigen. – Es ist mir ein wenig zuwider, mich hier dem Kumys hinzugeben, doch ich tröste mich damit, daß mir dies, solange mir Leben und Arbeit bevorstehen, unerläßlich ist, ebenso wie der Schlaf, den man braucht, um sich des Morgens erfrischt zu erheben und zu arbeiten.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [2. Juni 1883]
    [Jasnaja Poljana]
    Lieber Ljowotschka, gerade wurden aus Tula Deine beiden Briefe gebracht, deren letzterer mich etwas beunruhigte, da Du Dich nicht gesund fühlst. Was macht Dir denn Beschwerden – die Leber, das ist derart ungenau! Gebe nur Gott, daß Ihr beide, Serjosha und Du, nicht noch ernsthaft erkrankt. Ich habe mich sehr über Deine Briefe gefreut, sie sind mir so lieb und teuer. Ihnen entnehme ich, daß Du uns nicht fliehst, wie auch immer wir sein mögen; daß Du Dich dem Einfluß jener Menschen, welche mir immer schon so fremd und sogar zuwider waren, nicht hingibst; und daß ich Dumme, was die Wirtschaft angeht, in vielem recht hatte.
    Aufrichtig, mit der Hand auf dem Herzen, sage ich Dir, daß ich möchte, daß Du dort Deine Kumys-Kur machst und Dich, wie Du sagst, möglichst lange, d.h., so lange Du es möchtest, ausschläfst.[...] Aljoschas Keuchhusten dauert an, er hat starke Hustenanfälle, doch kaum ist der Anfall vorüber, spielt er weiter, lacht, läuft umher und singt sogar.

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