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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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und wir beide lieben einander. Dank sei Gott dafür! Und wir beide blicken in eine Richtung, auf den Endpunkt dieses Lebens, haben keine Angst vor ihm, gehen zusammen und streben nach dem einem Ziel – dem Göttlichen. Auf welchen Wegen wir dorthin gelangen, ist letztendlich gleich. – Ich bin froh, daß Ihr alle wohlauf seid und daß es Euch wohl ergeht. Ein wenig neidisch bin ich allerdings auf Euch, daß Ihr Euch nicht von früh bis spät mit Tapezierern, Schriftsetzern, Gouvernanten und Geschäftlichem auseinandersetzen müßt, daß das Gerumpel der Equipagen und der Lärm der Stadt Eure Ruhe nicht stört. Es ist schwierig, in diesem Chaos in Einheit mit Gott zu leben und in friedfertiger, andächtiger Stimmung zu bleiben. Gleichwohl bin ich bemüht, mich vom Irdischen und Äußerlichen fernzuhalten, um nicht ganz darin zu versinken. Doch es ist schwer! Lebe wohl, mein Herz, es scheint, als ob ich gar nicht das geschrieben habe, was ich eigentlich schreiben wollte – nun, so ist es aus mir herausgeflossen.
    Deine Sonja Tolstaja.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [28. Oktober 1895]
    [Jasnaja Poljana]
    Gestern erhielt ich Deinen Brief, er hat mich sehr gefreut. Gebe nur Gott, daß alles weiterhin so bleibt, auch hinsichtlich der Söhne. Bei uns ist alles beim alten, heute kam Maria Michailowna 134 . Für morgen erwarten wir die Dawydows. Ich schaute gestern bei meinem Ausritt bei ihnen vorbei.
    Heute, am 28., habe ich sehr gut nachgedacht, etwas geschrieben und den begonnenen Roman 135 ganz und gar aufgegeben.Er gefällt mir überhaupt nicht mehr. Von Tschertkow habe ich die Tagebücher erhalten und werde mich mit ihnen beschäftigen 136 . Die Tschertkows reisen nach Petersburg und werden sich dort niederlassen. [...] Es geht mir seelisch sehr gut. Ich küsse Euch alle. Mischa schreibe ich einen Brief, schicke ihn morgen.
    L.T.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [29. Oktober 1895]
    [Moskau]
    [...] Dein Briefchen habe ich erhalten. Es ist sehr kurz, doch wieder dergestalt, daß ich Dich ganz nah bei mir fühle, erreichbar, gütig und verstehbar. Ich schäme mich ein wenig, es zu auszusprechen, doch hat es mich aus irgendeinem Grunde gefreut, daß Dein Roman Dir nicht mehr gefällt. Mir schien die ganze Zeit, daß die Geschichte allzu erdacht ist und nicht den Tiefen Deines Herzens und Deiner Begabung entspringt. Du hast sie ersonnen, nicht gelebt. Ich würde gerne etwas von Dir lesen, bei dem ich mich an jedem Wort erfreuen kann, wie sich Akim 137 über die Reumütigkeit und Beichte seines Sohnes freut. Wie sehr möchte ich Dir helfen, Dich in schöpferische Höhen zu erheben, damit die Menschen, die Deine Werke lesen, verstehen, daß sie Flügel brauchen, um zu Dir aufzusteigen, daß sie, wenn sie Deine Werke lesen, angerührt werden und daß das, was Du schreibst, niemanden beleidigte, sondern alle besser machte und daß Deine Werke unvergänglich seien und auf ewig Interesse hervorriefen.
    Hier also hast Du eine ganze Seite eines Rezepts, nach dem Du schreiben sollst. Nach diesem Rezept ist »Kindheit« geschrieben. Dieses Werk lese ich mit Vergnügen jetzt bei den Korrekturen wieder. Ich veröffentliche es in einer Ausgabe für Kinder.
    Heute war ich mit der Njanja auf dem Friedhof bei Wanetschka und Aljoscha. [...] Es tut mir stets gut, aus der Stadt hinaus zu diesen stillen, mir so teuren kleinen Gräbern zu gehen, in denen begraben liegt, was mir das wichtigste auf der Welt war. Mich ihrer zu erinnern tut mir wohl, wenngleich es auch schmerzlich ist. Es ist merkwürdig, doch jedesmal, wenn ich an den Gräbern bin, und sei es auch ein noch solch nebliger Tag, zeigt sich doch für kurze Zeit die Sonne. So auch heute. Die Erde ganz weiß, von Schnee bedeckt, wie es auch am Tag der Beerdigung war, aber natürlich viel weniger Schnee. Auch die kleinen Gräber waren mit Schnee bedeckt, aus dem noch die bunten, festen Blüten hervorschauten, die der Frost jäh überraschte.
    Tanja geht es heute nicht sehr gut, gleichwohl fuhr sie ins Theater. Das Betragen der Söhne ist annehmbar. Mischa benahm sich gestern schlecht, doch als ich mich, von dem Streit mit ihm ermüdet, hinlegte, bereute er sein Verhalten und bat mich um Verzeihung.
    Lebe wohl, liebster Freund. [...] Sei bedankt auch wegen der Tagebücher und für die innere Ruhe, die Du mir damit gibst 138 . Könnte sie doch nur für immer bleiben! Ich küsse Dich.
    S. Tolstaja.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an

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