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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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leises Klavierspiel aufgeweckt. Das beunruhigte ihn.
    Am dritten Tag nahm er den Autobus und die Straßenbahn zur Courbierrestraße. Er verbrachte einen ganzen Nachmittag in der Gegend und hielt sich so lange wie möglich in der Nähe von Nummer acht auf.
    Aber es gab dort nichts zu sehen.
    Er wartete eine Woche, bevor er Major Sterkels Privatnummer anrief. Ein Dienstbote antwortete. Ja, der Herr Major sei zu Hause, wer wünsche ihn zu sprechen? James sagte, Baron Hellinger.
    «Herr Baron, wie nett, mit Ihnen zu sprechen, ich habe mich schon gefragt, ob ich je wieder von Ihnen hören würde.»
    «Ich werde mich immer bei Ihnen melden, Joseph. Irgendwelche Neuigkeiten vom Alexanderplatz?»
    «Ich wollte Ihnen eine Nachricht hinterlassen.»
    «Ja?»
    «Die Dame, die Sie verehren...»
    «Ja?»
    «Sie wohnt in der Wilhelmstraße 36, Wohnung Nr. 23, zwei Häuser vom Michaelhospiz entfernt in der Nähe der Anhaltstraße.
    Sie scheint es sich zur Gewohnheit gemacht zu haben, täglich zwischen elf und zwölf Uhr und nochmals am Nachmittag zwischen vier und fünf Uhr auszugehen.»
    «Vielen Dank. Sie haben mir sehr geholfen.»
    «Ich kann Ihnen auch anderweitig behilflich sein. Wann sehen wir uns?»
    «Bald», sagte James und hängte ein.
    Am Abend instruierte er Hetty Dimpling, was sie zu tun habe. «Du mußt ganz natürlich wirken. Stell dich vor ein Schaufenster und betrachte eingehend die Ware, wenn nötig, geh in den Laden hinein, aber vergewissere dich, daß du die Nummer 36 im Auge behältst. Ich werde in der Nähe sein, aber nicht in der Straße selbst. Und merke dir, zwei Dinge sind wichtig: Du mußt nach der Dame Ausschau halten, die ich dir beschreiben werde, und aufpassen, ob du etwas Verdächtiges siehst wie zum Beispiel Bewacher.»
    Er erklärte ihr bis in die kleinste Einzelheit, auf was sie achtgeben sollte. «Bewacher tragen keine Uniform oder Erkennungsmarke. Jeder, der herumsteht, Frauen, die miteinander schwatzen, Männer, die irgend etwas reparieren, oder Anstreicher, alle, die die Straße beobachten können, sind verdächtig. Verhalte dich ganz lässig, aber paß auf, ob du beschattet wirst. Wenn ja, laß es dir nicht anmerken, sondern gib vor, daß du irgend etwas Bestimmtes zu tun hast.»
    Er warnte sie, Angst zu zeigen, und wenn jemand sie anspräche, solle sie sich ohne Eile entfernen. Dann gab er ihr eine genaue Beschreibung von Marie.
    Am nächsten Morgen folgte er ihr in sicherem Abstand und ging dann in eine der angrenzenden Straßen.
    Das Café, wo er wartete, füllte sich allmählich, die Kellnerin kam mehrmals, um zu sehen, ob er seinen Kaffee ausgetrunken hatte. Er sagte ihr, daß er auf jemand warte.
    Hetty trug ein hübsches himmelblaues Kleid mit einem dazupassenden etwas dunkleren Mantel und ein kokettes Hütchen mit Schleier. Sie kam kurz nach halb zwölf mit blitzenden Augen und erzählte ihm alles.
    Zu Hause ließ er sich die Geschichte dreimal wiederholen. «Ich habe niemand Verdächtigen gesehen. Keine Arbeiter, keine klatschenden Weiber, niemand lungerte ziellos herum. Dann kam die Frau, die du mir beschrieben hast. Sie war in Begleitung eines gutaussehenden Offiziers in Uniform. Sie gingen bis zum Ende der Straße, wo der Offizier ein Taxi heranwinkte.» «Hattest du das Gefühl, daß das Taxi zufällig vorbeikam oder gewartet hat?»
    «Wenn du mich so fragst, ja.»
    «Ja, was?»
    «Ja, es sah so aus, als hätte das Taxi in der Nähe der Straßenecke gewartet.»
    Er fragte sich, warum? Wollte Marie, angenommen, daß sie es tatsächlich gewesen war, gesehen werden? Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.
    Charlotte war an der Reihe, die Woche in Redhill zu verbringen. Andrew hatte einige Tage Urlaub und begleitete sie, um sich gründlich auszuschlafen, wie er sagte.
    Sie waren im Haus und wollten sich gerade zum Mittagessen hinsetzen, als eine Depesche eintraf.
    Sara öffnete sie und rief freudig aus: «Dick Farthing kommt nach England.»
    «Wie nett für dich», sagte Andrew. «Höre ich von ferne Hochzeitsglocken läuten?»
    «Nein.» Saras Tonfall war bestimmt. «Nein, ganz gewiß nicht. Zumindest jetzt noch nicht.»
    «Oh, wirklich!» sagte Andrew, und die beiden Frauen sahen ihn an, denn seine Stimme hatte einen verzweifelten Unterton.
    «Was hast du?» fragte Charlotte.
    Andrew blickte wieder auf die Depesche und sagte: «Nichts, gar nichts.» Dann ging er zur Anrichte und goß sich noch einen Gin ein.
    Er nahm die Depesche wieder zur Hand und las sie zum dritten Mal:

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