Eine ehrbare Familie
die unsrige. Ihre Wiederverheiratung wird zweifellos einige juristische Fragen aufwerfen. Aber darüber werden wir zu gegebener Zeit sprechen.» Er hob das Glas. «Auf Ihr und Saras Wohl. Werden Sie Sara mit sich nach Amerika nehmen?»
«Nein.» Nachdem Liebenswürdigkeit sich nicht ausgezahlt hatte, war Dick durchaus bereit, Giles in seinem eigenen Spiel zu schlagen.
«Ah, nein? Was sind denn Ihre Pläne für die nächste Zukunft?»
«Zuerst einmal Sara zu heiraten. Wir haben den Termin auf den 23. Dezember festgelegt. Eine Weihnachtshochzeit. Ich habe den Eindruck, Sara würde sich freuen, wenn Sie die Rolle des Brautvaters übernehmen würden.»
«Sie plant also, in Redhill zu heiraten.»
«Natürlich.»
«Und danach?»
«Danach werde ich mich um eine Offiziersstelle beim Royal Flying Corps bewerben.»
«Das wird keine großen Schwierigkeiten machen, ich kenne eine Menge Leute beim RFC...»
«Vielen Dank, Sir, aber das erledige ich allein.»
«Ah, wirklich? Aber Dick, Sie haben um eine Privatunterredung mit mir gebeten. Ich vermute, Sie wollen die Hochzeit mit mir besprechen und die finanziellen Vorkehrungen, die Sara bei einer Wiederverheiratung natürlich treffen muß. Ich würde vorschlagen -»
«Nein, Sir, ich bin nicht gekommen, um über die Hochzeit zu reden. Ich weiß, daß Sara sich bereits mit den Familienanwälten in Verbindung gesetzt hat, und ich nehme an, sie wird auch mit Ihnen sprechen wollen...»
«Ich wäre äußerst erstaunt, wenn sie es nicht täte.» «Nein, Sir, ich bin hier in offiziellem Auftrag.»
«Offiziell?»
«Mr. Wilson, der Präsident der Vereinigten Staaten, bat mich, mit Ihnen zu reden.»
«Ich fürchte, ich bin dafür der falsche Mann, Dick. Ich bin nur Berater beim Foreign Office. Die Interessen des Präsidenten werden vom amerikanischen Botschafter wahrgenommen und an jemand Ranghöheren, als ich es bin, weitergeleitet.»
«Nicht diese Angelegenheit, Sir.» Dick ließ sich nicht beirren. «Ich weiß, bei Ihnen laufen alle Fäden des britischen Geheimdienstes zusammen.»
Giles’ Gesicht versteinerte. «Dann wissen Sie mehr als ich, Sir. Woher stammt diese ausgefallene Idee?»
«Vom Präsidenten selbst, der Botschafter hat ihn informiert. Sie sind eine bekannte Persönlichkeit in geheimdiplomatischen Kreisen, Sir. Deshalb bin ich gebeten worden, privat mit Ihnen zu sprechen.»
Schweigen. Ein Hund bellte, ein Auto fuhr vorbei.
Schließlich sagte Giles: «Sprechen Sie.»
Dick Farthing begann. Er erklärte, daß die innere Sicherheit der Vereinigten Staaten in den Händen des Federal Bureau of Investigation läge. «Der militärische Geheimdienst ist völlig unorganisiert, und eine Spionageabteilung existiert praktisch nicht.»
Giles nickte, um zu zeigen, daß er dies bereits wußte.
«Ein Offizier namens Van Deman genießt das Vertrauen des Präsidenten. Er reorganisiert die Informationszweigstelle des Kriegsministeriums. Der Generalstab sträubt sich energisch, einen Geheimdienst auf Ihrer Linie, Sir, aufzubauen. Die Generale -»
«Die Generale wissen, daß die Engländer wie die Franzosen ihnen alle Geheiminformationen auf einem silbernen Tablett servieren müssen, sobald sie in den Krieg eintreten. Sie brauchen sich überhaupt nicht anzustrengen.»
«Sie haben vermutlich recht. Aber der Präsident ist ein weitsichtiger Mann. Er findet, daß zumindest einige Leute in den USA lernen sollten, wie ein Geheimdienst wie der Ihre funktioniert...»
«Ach, das findet er.»
«Er bat mich, mit Ihnen privat zu sprechen.»
«Und was ist der Zweck der Übung?» Giles schien sich zu amüsieren.
«Er bittet darum, daß Sie zwei oder drei Offizieren die Erlaubnis erteilen, die Arbeitsmethoden Ihres Geheimdienstes zu studieren, um etwas Ähnliches in Amerika aufbauen zu können.»
Giles dachte einen Augenblick nach, dann stand er auf. «Da dies eine private und sehr vertrauliche Unterhaltung ist, kann ich Ihnen eine nur für den Präsidenten bestimmte Antwort mitgeben. Sollte Mr. Wilson sich entscheiden, Europa zu Hilfe zu kommen, dann werde ich ihm mit dem größten Vergnügen mein ganzes Wissen und den ganzen Apparat zur Verfügung stellen. Und sagen Sie ihm auch, er solle mir einen anderen Sendboten schicken, falls Amerika beschließt, an unserer Seite zu kämpfen.»
«Gott behüte, der Mann ist kalt wie eine Hundeschnauze.» Dick gab vor zu frösteln. «Als ich ihn verließ, hatte ich Rauhreif auf den Augenbrauen.»
«Hab ich dir’s nicht gesagt, Liebling.»
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