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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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obwohl er noch immer eng mit Basil Thomson zusammenarbeitete. Eine von Giles’ Bedingungen war gewesen, daß es ihm überlassen blieb, wann er die Familie von Malcolms Anwesenheit unterrichten wollte. Charles setzte also seine Tätigkeit fort, berichtete Kell und versuchte, seine Arbeit bei Thomson so gut wie möglich zu erledigen.
    Es war nicht einfach, denn im Verlauf der Wochen stellte es sich immer deutlicher heraus, daß Mildred eine schwerkranke Frau war. Sie war immer stärkeren Stimmungsschwankungen unterworfen, so daß sie sich in ihren klaren Momenten selbst Sorgen um ihren Seelenzustand machte, besonders da sich die vergessenen Erinnerungsbilder immer häufiger in ihr Bewußtsein drängten.
    Gewöhnlich tauchten sie auf, wenn sie mehr Laudanum brauchte. Sie hatte Angst vor diesen Bildern, weil sie nicht mehr wie früher nur flüchtig aufblitzten, sondern immer konkreter wurden, als hätten sie einen direkten Bezug zur Wirklichkeit.
    Dennoch gelang es ihr nicht, diese Bruchstücke in die Chronologie ihres Lebens einzuordnen. Aber in ihrem tiefsten Inneren wußte Mildred, daß irgend etwas zu einer nicht spezifizierbaren Zeit geschehen war - etwas Abstoßendes, von dem sie nichts Genaues wissen wollte.
    Das Ergebnis war, daß sie immer mehr Laudanum nahm, um diese Bilder zu verbannen. Dr. Fisher verschrieb ihr mit größtem Vergnügen die Droge - zu hohen Preisen.
    Charles’ Sorge nahm täglich zu, bis er es nicht mehr aushielt und Kell um Hilfe bat.
    Vernon Kell, zuverlässig wie immer, nannte Charles den Namen eines Arztes, an den er sich wenden sollte. «Ich werde Sie mit ihm bekannt machen, und vielleicht können Sie zu irgendeinem Arrangement kommen, zum Beispiel, ihn zum Abendessen einladen. Er ist ein ausgezeichneter Mann. Wenn ich nicht irre, hat Giles Railton ihn auch mal konsultiert.»

Doch bevor das Treffen zustande kam, erhielt Charles eine andere, merkwürdige Nachricht. Sie lag mit der üblichen Post auf dem Silbertablett in der Halle.
    Sie war in London abgeschickt worden, und die Adresse war mit den gleichen Druckbuchstaben geschrieben wie der Inhalt. Der Schreiber erinnerte Charles an die Existenz des Kindes von Hanna Haas und teilte ihm mit, daß Charles’ Mitarbeit bald erforderlich werden würde, falls er Wert darauf lege, daß das Kind am Leben und die ganze Sache geheim bliebe. Keinesfalls dürfe er sich an seine Vorgesetzten wenden. Dann folgte eine Adresse und eine Zeitangabe. Er müsse sich an einen bestimmten Ort begeben und sich genau an die Anweisungen halten. Sogar das Beförderungsmittel und die Route, die er zu nehmen hatte, waren vorgeschrieben. Ein gewisser Brenner würde ihn dort erwarten. Vermutlich würde er ihn wiedererkennen, dürfe aber keine Überraschung zeigen und müsse stets nur den Namen Brenner benutzen.
    Die Verabredung war auf halb sieben Uhr am folgenden Tag festgesetzt. Es war die letzte Woche im März.
    Der Treffpunkt war ein unpersönliches Zimmer in einem Teil Londons, den Charles nicht gut kannte. Dirnen sprachen ihn in der Straße an, wo sich das Haus befand - und er mußte zugeben, daß ihre Angebote ihn lockten. Er hatte das Gefühl, die ganze Zeit beobachtet zu werden. «Brenner» war ihm in der Tat wohl vertraut, Charles hatte bis zu diesem Moment gedacht, daß er ihn in- und auswendig kannte, mußte nun aber feststellen, daß kein Mensch über einen anderen wirklich Bescheid weiß. In diesem ersten Moment der Begegnung mit Brenner fühlte Charles, wie die Fundamente, auf die er sein Leben aufgebaut hatte, unter ihm zerbröckelten. Der Mann, dem er jetzt gegenüberstand, verbreitete den Geruch der Fäulnis.
    «Ein Schreck in der Abendstunde, nicht wahr?» Brenner lachte.
    «Ich... ich kann es...»
    «Nicht glauben? Nein, vermutlich nicht, Mr. Rathbone. Wir benutzen am besten unsere Decknamen. Nennen Sie mich einfach Brenner. Verstanden?»
    Fast wäre ihm der richtige Name herausgerutscht, aber er hielt sich zurück und sagte: «Sind Sie ein verdammter Verräter, weil...» « «Werden Sie bitte nicht melodramatisch, Mr. Rathbone, hören Sie mir lieber zu. Wir beide treiben ein doppeltes Spiel. Machen Sie sich darüber keine Illusionen. Sie haben sich töricht benommen, und Toren müssen für ihre Torheiten zahlen.»
    «Aber diese Leute...»
    «Diese Leute werden einen hohen Preis von Ihnen verlangen. Sie wollen gewisse Informationen haben über Schiffe, Truppenverlegungen und einige Aktivitäten der Geheimpolizei. Aus irgendeinem Grund glauben

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