Eine ehrbare Familie
ihr Spezialtraining begeistert und mit viel Geschick reagierte.
Er wußte jetzt genau, wieviel Sprengstoff nötig war, um dem modernsten Schlachtschiff den größtmöglichen Schaden zuzufügen; er konnte eine Bombe hersteilen, Zeitzünder an Sprengladungen montieren und schnell und unauffällig töten.
Der Mörder Wachtel sagte, der Matrose sei ein Naturtalent. «Er hat bereits gute Kenntnisse, was den Nahkampf anbetrifft, er geht ausgezeichnet mit einem Messer oder Revolver um, aber was mich am meisten beeindruckt, sind seine Reaktionen, wenn er unbewaffnet ist», berichtete er Steinhauer. «Er kann jemand mit einem Faustschlag töten, und zwar lautlos. Aber besonders gut ist er im Erdrosseln. Alle Achtung! Und dazu kann er auch noch improvisieren.»
Steinhauer arbeitete mit Ulhurt, ging mit ihm Landkarten und Diagramme durch, damit sein Agent die Geographie Englands lernte, besonders die der Hafenanlagen. Ausgesprochenen Wert legte er darauf, daß Ulhurt die Konstruktionszeichnungen der Schlachtschiffe der britischen Marine studierte, sich mit den Vorschriften in Häfen und Trockendocks und der Arbeitsweise der Marine und ihren Traditionen vertraut machte.
Sie nahmen auch alltägliche Dinge durch wie Eisenbahn- und Busfahrten in England, Einkaufen und das englische Hotelwesen. Steinhauer hielt die Zeit für gekommen, Ulhurt nach Großbritannien zu schicken, um sich mit Land und Leuten vertraut zu machen. Der Maat kannte natürlich alle großen Häfen Englands, aber er hatte nie Zeit gehabt, sich das Inland genau anzusehen.
Also sah Steinhauer sich nach verschiedenen Möglichkeiten um, Ulhurt unauffällig nach England einzuschleusen. Er verbrachte einen Abend mit dem Kapitän eines Handelsschiffs namens Seeschwalbe und erfuhr zu seiner größten Freude, daß er mit dessen Hilfe Ulhurt nicht nur einen fast einmonatigen Aufenthalt in England ermöglichen konnte, sondern später im Jahr auch eine Woche in Irland.
Steinhauer hielt Irland für ein äußerst nützliches Übungsgelände für Spione; die irischen Rebellen hatten die Deutschen schon seit längerer Zeit um Waffen und Munition gebeten.
Giles Railton hörte von James’ Abenteuer ungefähr zehn Tage später, als er mit John im Travellers Club zu Mittag aß.
«Er hat recht, John.» Seine sonst so kalten Augen zogen sich belustigt zusammen. John verstand nicht, weshalb. Onkel Giles schien die ganze Episode zu amüsieren. «Er hat vollkommen recht. Flugzeuge werden eines Tages militärisch ungemein wichtig sein. Ich wünschte bloß, dein Junge könnte Leute wie General Douglas Haig davon überzeugen. Aber du hast mich wohl kaum zum Mittagessen eingeladen, um mir von James zu erzählen, nicht wahr?» Giles wußte bereits, warum John ihm eine Einladung auf dem offiziellen Briefbogen des Parlaments durch einen Boten hatte zustellen lassen.
John blickte um sich, als hätte er Angst, belauscht zu werden. «Nein», sagte er leise. «Nein, ich habe noch einen anderen Grund. Ich weiß natürlich, Onkel Giles, daß du mit dem Geheimdienst zu tun hast. Aber ich wußte nicht, was für eine wichtige Rolle du spielst.»
Giles zuckte die Achseln. «Was meinst du damit?»
John berichtete kurz. Er sei vor zwei Tagen zu einer privaten Unterredung mit dem Premierminister nach Downing Street befohlen worden. Asquith hätte keine langen Umstände gemacht, sondern gesagt: «Railton, obwohl ich mein neues Kabinett gleich nach den Wahlen bekanntgegeben habe, möchte ich eine Neuernennung hinzufügen. Ich will Sie in meinem Kabinett haben ...» Er hielt die Hand hoch, als John sich anschickte, ihm zu danken. «Ich brauche Sie... besonders Sie, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund.»
Auf Johns fragenden Blick hin sagte Asquith seltsamerweise: «Das Chefbüro für Imperiale Defensive.»
«Ach so?»
Der Premierminister nickte. «Ihr Onkel Giles beschäftigt sich schon seit einiger Zeit sehr aktiv mit einem Aspekt der Tätigkeit des CID. Da entweder ich oder ein Kabinettsmitglied beim CID vertreten sein muß, möchte ich, daß Sie diese Aufgabe übernehmen. Aber was mir noch wichtiger ist, ich will, daß Sie an einem Spezial-Unterausschuß teilnehmen, dessen Vorstand Ihr Onkel übernommen hat. Der Generalstab hat Douglas Haig nominiert - einen durchaus intelligenten Mann, aber ein Dorn im Fleisch von Giles Railton. Mein Wunsch ist, ihm in die Flanke zu fallen, wenn es sein muß mit der Hilfe der Railtons.» Er lachte trocken.
Und so hatte John seinen Onkel Giles
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