Eine eigene Frau
und befördert sie mit einem Tritt in die Ecke.
»Du bist verrückt, hör auf! Die Kerzen!«
Sakari erstarrt und sieht Saida mit brennenden Augen an.
»Ich hab an dich schon gedacht, als die arme Seelia noch am Leben war. Seit dem Schiffsausflug von der Wohlfahrtspflege hab ich es nicht mehr mit ihr gemacht, aber in meine eigene Faust hab ich’s gemacht und dabei an dich gedacht. So verrückt war ich. Und bin ich immer noch. Obwohl du mich verabscheust. Auch das halte ich aus. Komme, was will. Ich stecke es ein. Ich ertrage alles. Außer dass du mich sitzen lässt.«
Sakari stößt Saida zur Seite und marschiert zu dem Engelsbild, reißt es vom Haken und schleudert es zu Boden. Das Glas zersplittert. Energisch dreht er sich um und geht zur Tür. Nimmt zuerst die Jacke vom Nagel, hängt sie dann aber wieder hin. So weit ist es also gekommen. Sakari Salin pfeift auf Mama und Papa, denen es das Herz zerreißen wird, er pfeift auf den tüchtigen Viki und die niedlich zwitschernde kleine Tekla. Sakari Salin braucht in diesem Leben keine Jacke mehr.
Aber die Stiefel.
Sakari weiß jetzt, was getan werden muss.
Es muss gestorben werden.
Eine andere Möglichkeit gibt es nicht mehr, weil der Schmerz unerträglich geworden ist. Er hält ihn keine Stunde länger aus. Aber ein Mann stirbt mit den Stiefeln an den Füßen. Wenn man nur wüsste, wo, verdammt noch mal, der eine steckt!
Sakari hat sich gebückt, um unter der Garderobe nach seinem Schuhwerk zu suchen, da spürt er, wie zwei Arme ihn von hinten umschlingen. Er wird gestreichelt und gedrückt, auf seine Haare und auf sein Gesicht regnet es Küsse.
»Verzeih mir. Ich hab das nicht gewusst. Ich hab es nicht verstanden. Ich bin schrecklich gewesen. Verzeih mir, Liebster!«
Saidas Stimme ist voller Not und Zärtlichkeit.
Sakari hält sie mit beiden Händen fest und schaut sie verblüfft an. Als er den Blick seiner Frau sieht, bricht er in Tränen aus.
»Nicht weinen, nicht …! Oh nein, was habe ich nur getan? Verzeih mir. Keine Tränen mehr!«
Aber das Heulen eines ausgewachsenen Mannes kann man nicht so mir nichts, dir nichts abstellen. Nicht, wenn er schon sein Leben weggegeben hat und jetzt vor Glück brüllt, weil er es wie durch ein Wunder zurückerhält. Sakari zieht Saida an sich, hält sich an ihr fest und saugt ihren Duft so tief ein, dass sie kaum noch Luft bekommt.
»Komm ins Bett«, flüstert Saida. »Lass uns ins Bett gehen. Die Kinder sind doch nicht hier. Jetzt gleich. Sofort.«
Das Weinen des Mannes bricht ab, und er kommt schnell auf die Beine. Sakari wird liebkost und begreift nichts. Gerade noch wollte er sein Leben weggeben. Er ist bereit gewesen, für das Glück dieser Frau sein sinnloses Leben auf mehrere verfluchte Weisen wegzugeben, und jetzt sagt sie, es sei gar nicht nötig.
Er dürfe neben sie kommen.
Ins Bett.
Gerade so wie Mann und Frau.
»Ich bin derjenige, der um Verzeihung bitten muss«, sagt Sakari und wischt sich die Augen. »Bestimmt habe ich unsere ganzen Kerzen verdorben.«
1917
1. Januar. Ich, Välke und Huko kamen nach Helsinki.
21. Januar. Jahresversammlung der Abteilung
22. Januar. Fing an, mir das Rauchen abzugewöhnen.
11. Februar. War mit Selma Pekka Ollinpoika und seine Alte angucken.
Am 18. Februar in Vuorela Die Värmländer angeguckt.
13. März. Der Kommandant der Festung Viapori verkündet die Belagerung Helsinkis.
16. März. Um 11 Uhr am Abend fing in Helsinki die Revolution an. Marinesoldaten schossen auf Offiziere.
Große Volks- oder Organisiertenversammlung vor dem Haus der Arbeiter am 18. März. 13 000 Teilnehmer. Die roten Fahnen wehen.
20. März. Die Belagerung Helsinkis wurde beendet.
Am 21. März wurde im Senat das Manifest vorgetragen, und überall wehte Finnlands eigene Fahne.
22. März. Heute nahm eine neue Polizei oder Volkmiliz ihr Tun in Helsinki auf.
25. März. Der neue Senat trat heute sein Amt an. Ich war in Vuorela und sah mir Die letzte Anstrengung in vier Akten an.
Hörte mir Kerenski am 29. März an. Stachowitsch und Tokoi waren schon dort.
30. März. Beerdigung der Revolutionsopfer im Brunnenpark
4. April. Das Parlament versammelte sich. Als Präsident wurde Manner gewählt.
Kündigte in der Kartonfabrik am 21. April.
22. April. Ging ganz von Helsinki weg.
23. April. Ging sofort zum Fischen, als ich nach Vartsala kam.
29. April. Versammlung des AVV im Haus der Arbeiterschaft.
1. Mai. Maifeier und Bunter Abend des AVV
28. Mai. War erstmals bei der Sitzung des
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